Der Nordische Kombinierer Eric Frenzel ist und bleibt ein Phänomen. Der Rekord-Gesamtweltcupsieger legte bis zuletzt eine schwache Saison hin. Passend zur Nordischen Ski-WM, dem Höhepunkt der laufenden Saison, präsentierte sich der 30-Jährige in absoluter Top-Form und überragte mit zwei Gold- und einer Silbermedaille bei den Titelkämpfen von Seefeld beziehungsweise Innsbruck.
Ganz klar: Für sport.de ist Eric Frenzel der Sportler des Monats Februar. sport.de hat exklusiv mit dem dreimaligen Olympiasieger über seinen sechsten und siebten WM-Titel, die Schwierigkeiten in den Vorwochen und den weiteren Karriereplan gesprochen.
Herr Frenzel, nach ihrer mäßigen Weltcupsaison in den Wochen zuvor, mit der Sie selbst nicht zufrieden waren: Wie überrascht waren Sie, dass es ausgerechnet zum Saisonhöhepunkt wieder so gut funktioniert hat?
Die letzte Zeit war schon sehr speziell! Ich hatte immer die Hoffnung in mir, dass es zur WM noch etwas werden kann. Wenn du so etwas schon im Vorfeld abhakst, kannst du es gleich vergessen! Du trainierst ja auch nicht das ganze Jahr vorher, um dann schon vorher die Weiße Fahne zu schwenken.
Mein Credo war, trotz der fehlenden Ergebnisse im Vorfeld alles zu geben. Ich bin deswegen auch nochmal aus dem Weltcup rausgegangen und habe einige Stunden Extratraining eingeschoben. Schlussendlich bin ich sehr glücklich, dass es sich so ausgezahlt hat. Dass es so perfekt aufgeht, damit habe ich selbst nicht gerechnet. Die Hoffnung war da, dass es vielleicht zu einer Medaille reicht. Dass am Ende sogar zwei Weltmeistertitel und eine dritte Medaille dabei herauskommen, ist wirklich etwas ganz Besonderes.
Gerade die ersten beiden Wettkämpfe liefen überragend für Sie. Wann kamen die Momente, in denen Sie gemerkt haben: Hier geht richtig was, ich kann wieder Weltmeister werden?
Ich habe bei den ersten Trainings auf der Bergiselschanze in Innsbruck gemerkt, dass ich wieder dran bin. Ich wusste, dass das Springen richtig gut klappen muss, damit ich ganz vorne mit dabei sein kann. Mit dem ersten Wettkampfsprung ist der Knoten richtig aufgegangen und es ging super.
Nach den zwei WM-Titeln gab es im zweiten Einzel noch einen 16. Platz. Waren Sie darüber am Ende enttäuscht oder war es Ihnen eher egal aufgrund der zuvor gezeigten Leistungen?
Egal war es nicht! Ich wollte schon in den Wettkampf gehen und noch einmal richtig angreifen. Es war ein extrem schwieriger Tag mit wechselnden Bedingungen. Die Anlaufgeschwindigkeit war sehr niedrig, sodass sich jeder kleine Fehler doppelt ausgewirkt hat. Als ich im Laufen gemerkt habe, dass nicht mehr allzu viel nach vorne gehen wird, habe ich für mich abgewogen und mir dann gesagt: Ok, ich spare jetzt lieber ein paar Körner, damit ich in der Staffel noch einmal richtig angreifen kann.
Waren es in der Staffel dann genau diese Prozente, die Sie sich noch aufgespart hatten und am Ende zu Silber verhalfen?
Sicherlich habe ich versucht, da noch einmal alles rauszuhauen. Das Springen zuvor lief nicht so optimal, wie wir uns das gewünscht hatten. Wir wussten aber auch, dass es möglich ist, den Rückstand noch gutzumachen. Dass es am Ende noch zur Silbermedaille gereicht hat, hat uns extrem glücklich gemacht.
Frenzel verzichtete nach Krankheit auf Heim-Weltcup in Klingelthal
Beim Rückblick auf die Wochen zuvor: Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe, dass es in diesem Weltcup-Winter nur so schleppend lief?
Die körperlichen und athletischen Werte waren eigentlich alle top, da hat nichts gefehlt. Ich habe in den Springen einfach nicht diesen Zugang gefunden. Zwischen den einzelnen Wettkämpfen nur wenig Sprünge zu haben und damit auch wenig Möglichkeiten sich die Sicherheit wiederzuholen, hatte zur Folge, dass sich mein Springniveau nicht richtig stabilisierte und verbesserte.
Daraufhin habe ich für mich entschlossen, noch einmal ganz aus dem Weltcup herauszugehen. In diese Zeit fielen auch die gesundheitlichen Probleme, sodass ich in Trondheim nur zum Springen an den Start gegangen war. Danach lag ich einige Tage flach und wir haben uns dann entschieden, den Heim-Weltcup in Klingenthal auszulassen.
Ich habe dann im Training versucht, wieder neue Stabilität reinzubringen und neue Sicherheit in den Sprüngen aufzubauen. Die Zeit hat glücklicherweise gereicht, um das bis zur WM wieder hinzubekommen.
Wie groß waren in dieser Zeit die Zweifel daran, rechtzeitig zum WM-Start ihre Topform wiederzufinden?
Natürlich habe ich mir meine Gedanken dazu gemacht, ob es noch etwas wird oder nicht. Ich hatte nach dieser Krankheit schon die Sorge, dass meine Felle etwas davonschwimmen. Zusammen mit den Trainern habe ich dann aber noch einmal die richtige Motivation finden können um zu sagen: Vor der WM gebe ich mich noch nicht geschlagen! Ich bin dann nach Seefeld gefahren und wusste, dass ich alles getan habe, was möglich war. Hinsichtlich der unmittelbaren Vorbereitung hatte ich mir also nichts vorzuwerfen. Dann kannst du auch mit einer gewissen Lockerheit in das erste Springen gehen.
In diesem Winter ist allen voran Jarl Magnus Riiber der überragende Kombinierer. Was macht ihn aus Ihrer Konkurrenz-Sicht so stark?
Er war immer schon ein sehr guter Springer. Sein Nachteil war in den letzten Jahren, dass er es im Laufen nicht bis ins Ziel herüberbringen konnte. Da hat er wirklich einen super Schritt nach vorne gemacht und kann Top-Zeiten mitlaufen. Das macht es am Ende aus. Wenn weiterhin alles gesundheitlich passt, hat er sicher die Möglichkeiten, eine sehr, sehr gute Karriere hinzulegen.
Sie haben im letzten November ihren 30. Geburtstag gefeiert. Wie sieht Ihr eigener Karriereplan für die kommenden Jahre aus? Was haben Sie sich noch für Ziele gesteckt?
Nach Olympia im letzten Jahr hatte ich mich mit meinem Trainer zusammengesetzt und wir haben uns darüber Gedanken gemacht. Schon damals haben wir uns dafür entschieden, noch einen Olympia-Zyklus zu machen und noch einmal Olympische Spiele mitzuerleben. Das ist auf jeden Fall mein Ziel, 2022 in Peking noch einmal an den Start zu gehen. Wenn bis dahin die Leistungen stimmen und der Spaß dabei ist, blicke ich dem Ganzen sehr optimistisch entgegen.
Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth
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