Nächstes Wunder der Indiana Pacers! Mit einem angeschlagenen Tyrese Haliburton gelingt dem Underdog in Spiel 6 der NBA Finals ein eindrucksvoller Sieg über die Oklahoma City Thunder. Nun geht es um alles.
| Heim | Ergebnis | Auswärts | Serie |
| Indiana Pacers | 108:91 | Oklahoma City Thunder | 3-3 |
Game 7 findet in der Nacht auf Montag (2 Uhr) in Oklahoma City statt. Es ist das erste Entscheidungsspiel in den Finals seit 2016.
Überraschung der Nacht: Pacers mit Blowout-Sieg über OKC
Eigentlich sollte es nichts mehr geben, was nach diesem Playoff-Run der Indiana Pacers überhaupt noch überraschen kann: Dieses Team pfeift auf Quoten, auf den eigenen Underdog-Status, auf vermeintlich unmöglich aufzuholende Rückstände. Und auch auf einen historisch guten Finals-Gegner mitsamt MVP.
Trotzdem war nicht klar, ob dieses Spiel tatsächlich die gewünschte Spannung würde bieten können: In Spiel 5 hatten die Thunder ihr ganzes Können gezeigt, Tyrese Haliburton plagte sich mit einer Wadenzerrung herum und hätte um ein Haar überhaupt nicht spielen können. Es wäre keine Schande gewesen, hätte sich das Team in sein Schicksal ergeben - erst recht als die Gäste nach dreieinhalb Minuten mit 10:2 führten und Head Coach Rick Carlisle die erste Auszeit nahm.
Von wegen! Pacers-Basketball, Baby! Über die nächsten 24 Minuten gelang den Hausherren ein überragender 68:32-Run, praktisch die komplette zweite Halbzeit war nur noch Formsache. Dabei teilten sich die Protagonisten die dafür nötigen Heldentaten fein säuberlich untereinander auf: Pascal Siakam (16 Punkte, 13 Rebounds) eröffnete die Aufholjagd, Andrew Nembhard sorgte mit zwei Dreiern für die erste Führung (13:12). Haliburton (14 Punkte, 5 Assists) biss auf die Zähne und leitete Highlight-Plays ein (siehe unten).
Die Bank? Überragend! Obi Toppin (4/7 Dreier) war in 23 Minuten Topscorer seines Teams, und T.J. McConnell wirbelte wie ein Derwisch durch die gegnerischen Abwehrreihen (12 Punkte, 9 Rebounds, 6 Assists, 4 Steals). Nach zwei Freiwürfen von Jalen Williams war OKC dran (33:34), doch dann zog Indy auf 48:33 und 60:42 weg. Siakam beendete mit einem Buzzer-Beater zum 64:42 eine Hälfte, an die man sich im Gainbridge Fieldhouse noch lange erinnern wird.
Wer auf eine Reaktion des Favoriten zum Start des dritten Viertels hoffte, wurde enttäuscht: Mark Daigneault ersetzte Isaiah Hartenstein durch Alex Caruso, sah anschließend aber fünf Minuten ohne einen einzigen Punkt für seine Truppe. Die konnte den Rückstand nur einmal kurz unter 20 Punkte drücken (54:73), dieser schwoll anschließend aber wieder an. Ben Sheppard gelang ein Buzzer-Beater von Downtown zum 90:60, im Schlussviertel kamen die Stars wie Shai Gilgeous-Alexander (21 Punkte, 8 Turnover) und Jalen Williams (16 Punkte, 3 Rebounds) überhaupt nicht mehr zum Einsatz.
"Wir wollten unseren Home Court verteidigen", erklärte Haliburton nach dem Spiel. "Dass die einen Titel in unserer Halle feiern, das wollten wir nicht. Wir standen mit dem Rücken zur Wand und haben entsprechend reagiert."
Spielzug der Nacht: Pascal Siakam mit dem Poster!
Schon vor dem Tip-Off fingen die Kameras Pascal Siakam dabei ein, wie er im Huddle ... den Gameplan im Geiste durchging? So etwas in der Art. Vielleicht visualisierte er aber da schon den gewaltigen Dunk, den er kurz vor Ende der ersten Halbzeit durch die Reuse stopfen sollte.
Beim Stand von 42:60 blieben den Thunder 45 Sekunden, um vom Vorsprung der Pacers noch etwas abzuknabbern. Stattdessen hatte Haliburton beim Pass von Jalen Williams am Perimeter eine Hand dazwischen, fing den Ball ab und startete den Fastbreak.
Auf der linken Seite zog der Point Guard zwei Gegenspieler auf sich, nur um mit einem No-Look-Spin-Move-Pass den mitgelaufenen Siakam zu finden. Dieser stieg hoch - und der arme Williams kam gerade noch rechtzeitig, um aufs Poster gebannt zu werden.
"Das war ein besonderer Moment. Vor allem weil wir Pascal immer damit aufziehen, dass er nicht mehr dunkt", verriet Haliburton. "Wenn es uns vergönnt ist, dass wir das Ding tatsächlich gewinnen, wird man sich an diesen Spielzug wohl noch lange erinnern."
German' Ballin: Hartenstein macht mal wieder Platz
Es sind wilde Finals für Isaiah Hartenstein, dessen Rolle sich im Serienverlauf schon mehrfach gewandelt hat. In Spiel 6 stand er wieder im Starting Lineup und markierte per Offensiv-Rebound und Layup sogar die ersten Punkte des Abends. Im Verlauf der ersten Hälfte wechselte ihn Daigneault auf der Suche nach den richtigen Kombinationen aber mehrfach ein und aus, zum Beginn des dritten Viertels wurde er durch Alex Caruso ersetzt.
Insgesamt lieferte er eine ganz ordentliche Statline ab: 10 Punkte (3/4 FG) und 4 Rebounds in 16 Minuten, dazu je ein Steal und ein Block, kein Ballverlust. Es war aber auch nicht so, als würde es mit ihm auf dem Court deutlich besser laufen als ohne ihn (-12). In der zweiten Hälfte bekleckerte er sich mit einem unnötigen Flop zusätzlich nicht mit Ruhm.
Für den 27-Jährigen gilt: bereit sein für Spiel 7 - in welcher Rolle auch immer.

Statistik der Nacht: OKC wirft den Ball weg
Waren es in Spiel 5 noch die Thunder gewesen, die auf den Ball aufgepasst und ihrerseits Turnover erzwungen hatten (11 eigene, 22 gegnerische Ballverluste), drehten die Pacers diesmal den Spieß um: Stolze 21 Turnover schrieb OKC an, immer wieder bekam Indiana die Chance zum Tempogegenstoß (22 Fastbreak-Punkte).
Besonders mies lief es bei SGA, der mit acht Ballverlusten einen persönlichen Playoff-Negativrekord aufstellte. "Bei manchen war ich einfach unvorsichtig und nicht konzentriert genug", gab der MVP im Anschluss zu. "Sie haben heute mit mehr Einsatz gespielt als wir, und wenn das passiert, zwingt man den Gegner normalerweise zu Ballverlusten."
Wenn auch selten zu so vielen: Acht Turnover von einem einzigen Spieler hat es in den NBA Finals laut ESPN seit mindestens 40 Jahren nicht mehr gegeben. Mit Assists konnte SGA das übrigens auch nicht ausgleichen - da gelangen ihm ganze zwei.

Rollenspielerromantik: T.J. McConnell so gut wie Jalen Brunson?
Es gibt Spieler, die zehren den Rest ihres Lebens vom Ruhm einer guten Finalserie in der NBA. J.J. Barea zum Beispiel: Wer erinnert sich nicht daran, wie der kleine Mavs-Guard in den Finals 2011 unter anderem LeBron James entnervte?
T.J. McConnell schickt sich an, in dessen Fußstapfen zu treten: Gut, mit seinen 1,85 Metern hat er Barea sieben Zentimeter voraus, aber wie furchtlos er zwischen den baumlangen Kerls umherdribbelt und wie clever er in der Defense agiert, das ist schon beeindruckend. 12 Punkte, 9 Rebounds, 6 Assists und 4 Steals in 24 Minuten, immer wieder stieg er aus dem Dribbling zum Jumper aus der Mitteldistanz hoch - und traf.
Ist das eigentlich noch Barea? "Es ist absoluter Wahnsinn, wie unaufhaltsam T.J. McConnell zeitweise ist", staunte der X-Account "NBA University" und verstieg sich sogar zu einem Vergleich mit Knicks-Superstar Jalen Brunson.
Könnte man um einen McConnell in dieser Form tatsächlich sogar eine Offense aufbauen? Immer langsam mit den jungen Pferden! Zweifellos war der 33-Jährige in dieser Serie aber schon mehrfach ein echter Unterschiedsspieler. Dementsprechend stolz war sein Vater, der nach der Partie das Interview seines Sohnes auf NBA TV stürmte - sich eine kleine Spitze aber nicht verkneifen konnte: "Ich bin nur enttäuscht, dass er am Anfang zwei Freiwürfe verfehlt hat."
Stimmen der Nacht:
Mark Daigneault (Head Coach Oklahoma City Thunder): "Lob an Indiana. Sie haben sich den Sieg verdient. Sie waren über fast die kompletten 48 Minuten besser als wir."
Tyrese Haliburton (Indiana Pacers) über seine Wade: "Es sind die Finals. Jeder Einzelne von uns muss alles geben. Es war schon okay. Ich habe jetzt wieder ein paar Tage Zeit, um mich auf Spiel 7 vorzubereiten."
Obi Toppin (Indiana Pacers): "Diese Chance zu haben, auf der größtmöglichen Bühne zu spielen, in einem Spiel 7 mit diesem unglaublichen Team: Das ist ein Segen. Das würde ich mit keinem anderen Team erleben wollen."




































