Die Oklahoma City Thunder haben Spiel 2 der NBA Finals gegen die Indiana Pacers deutlich mit 123:107 gewonnen und die Serie damit ausgeglichen. MVP Shai Gilgeous-Alexander lieferte eine Galavorstellung ab - Heldentaten der Gäste in der Schlussphase blieben diesmal aus.
Beim Finals-Auftakt vor drei Tagen hatten die Pacers eine ganz schwache erste Hälfte gespielt, ließen sich aber nie ganz abschütteln und machten schließlich einen 15-Punkte-Rückstand im Schlussviertel wett - Gamewinner von Tyrese Haliburton inklusive.
Der Start lief diesmal deutlich besser: Gerade mal zwei Turnover im ersten Viertel, dazu insgesamt fünf Treffer von der Dreierlinie. Haliburton traf 2:43 Minuten vor Ende des Viertels von Downtown zum 20:17 für Indiana, das Spiel schien zu diesem Zeitpunkt völlig offen.
In der Folge jedoch übernahm der Favorit das Kommando: Keine Punkte mehr für die Pacers bis zur Sirene, ein persönlicher 7:0-Lauf von Chet Holmgren (15 Punkte, 6 Rebounds) stellte auf 26:20 für OKC. Im zweiten Viertel zogen die Thunder dann davon: Andrew Wiggins fing von der Bank Feuer (5/8 Dreier, 18 Punkte), sein Triple bedeutete das 38:27. Ein Dreipunktspiel von SGA - mit 34 Punkten wieder Topscorer der Partie - und wenig später ein Layup hinterher beendeten einen 19:2-Run. Die komplett in blau gekleideten Fans waren aus dem Häuschen.
Die Pacers schlugen prompt mit einem 10:0-Lauf zurück, aber Oklahoma City ging mit einem komfortablen 59:41 in die Kabine - und wirklich spannend wurde es anschließend nicht mehr: Mitte des dritten Viertels kam Indy noch einmal auf 13 Punkte heran (56:69), aber gegen die gut geölte Offensiv-Maschine um SGA, der immer wieder den freien Mann fand (8 Assists), hatte man kein Rezept.
Zwar stopfte Center Myles Turner (16 Punkte) noch einmal krachend für den Underdog, im Schlussviertel wurde endlich auch Haliburton (17 Punkte, 7/13 FG) wach. Aber OKC brachte den Vorsprung ungefährdet über die Zeit: Vier Minuten vor dem Ende wechselte Rick Carlisle Haliburton und Toppin beim Stand von 94:111 aus und hisste damit quasi die weiße Fahne, Mark Daigneault zog wenig später nach.
Szene der Nacht: So sieht OKC-Basketball aus
Einen Gamewinner gibt es hier diesmal nicht - dafür aber Anschauungsunterricht vom bisher besten Team der Saison: Beim Stand von 56:71 aus Sicht der Pacers wollte Pascal Siakam an der rechten Seitenlinie gegen SGA ins Dribbling gehen, rannte sich aber fest. Isaiah Hartenstein hatte gelauert, spritzte dazwischen und klaute den Ball, anschließend sicherte er diesen per Hechtsprung.
Aus Defense wurde Offense: Gilgeous-Alexander trug den Ball nach vorn, hatte keinen Weg zum Korb und legte erst einmal auf Alex Caruso in der Ecke ab. Diesen stellte Turner zu - also noch einmal von vorn: SGA bekam den Ball, deutete ein Post-Up gegen Andrew Nembhard an, und als das Double-Team kam, rotierte der Spielball am Perimeter wunderbar über drei Stationen bis zu Caruso, der unbemerkt die Seite gewechselt hatte - und den offenen Dreier versenkte.
Defense, SGA, Ball Movement, starke Rollenspieler - besser kann man das Erfolgsrezept der Thunder kaum beschreiben.
German Ballin': Hartenstein nimmt neue Rolle an
Vor Spiel 1 hatte Mark Daigneault seinen deutschen Big Men aus der Starting Five befördert und durch Cason Wallace ersetzt. Dabei blieb er, obwohl das Experiment nicht zum Sieg geführt hatte: Wallace startete erneut, Hartenstein kam als erster Spieler von der Bank nach 5:20 Minuten ins Spiel.
Der Deutsche hatte seine 17 Minuten am Donnerstag gut genutzt (9 Punkte, 9 Rebounds), diesmal füllte er den Statistikebogen erneut: Zwar nur 3 Punkte (1/2 FG), aber dafür 8 Rebounds (3 am offensiven Brett), 4 Assists und der oben beschriebene Steal. Hartenstein beteiligte sich wie üblich gut am Spielaufbau, legte Holmgren einen Alley-Oop auf und hatte am Ende mit einem Plus/Minus von +17 in 22 Minuten den zweitbesten Wert aller Akteure.
Es sieht nicht so aus, als würde der 27-Jährige so schnell in die Starting Five zurückkehren, aber auch von der Bank kommend gibt es an seinen Leistungen überhaupt nichts zu meckern. "Wir haben unseren Gameplan besser umgesetzt, die Defense war viel besser", sagte er anschließend. In Spiel 1 hatte er noch 17 Minuten gespielt, diesmal waren es fünf Minuten mehr. Viel spricht dafür, dass sich dieser Trend im weiteren Verlauf der Serie fortsetzen wird.
Statistik der Nacht: SGA schreibt Geschichte
Mit 38 Punkten hatte der MVP in Spiel 1 mindestens doppelt so viele Zähler aufgelegt wie jeder andere Spieler, bei einer ordentlichen Quote (14/30 FG) - aber vielleicht dem einen oder anderen Wurf zu viel? Diesmal waren es 34 Punkte, dafür aber noch ein Stück effizienter (11/21 FG, 11/12 FT) und garniert mit 8 Assists - fünf mehr als vor drei Tagen.
Ein Dreier, eine Reihe von Midrange-Jumpern aus der Mitte und die üblichen Finishes am Ring: Die Pacers-Defense hat kein Mittel gegen den geschmeidigen Scorer. So stellte dieser auch noch einen Finals-Rekord auf: 72 Punkte in den ersten beiden Finalspielen der Karriere hatte zuvor noch niemand geschafft.
Das reicht noch nicht? Für den 26-Jährigen war es in diesen Playoffs schon das elfte Spiel mit mindestens 30 Punkten und 5 Assists - Rekord von LeBron James (3x) und Michael Jordan eingestellt (2x). Die Chancen stehen gut, dass ihm die Bestmarke in ein paar Tagen allein gehört ...
Rollenspielerromantik: Alex Caruso the GOAT?
Mit 31 ist Caruso der älteste Spieler im Kader der Thunder, mit den Los Angeles Lakers sammelte er 2020 bereits Championship-Erfahrung. In OKC hat er sich einen Namen als knallharter Verteidiger gemacht, der vor keinem Matchup zurückschreckt - man frage nach bei Nikola Jokic.
Scoren kann der Altmeister aber auch: In 27 Minuten versenkte Caruso am Sonntag 6/11 Würfen - vier von Downtown - für 20 Punkte. Damit war er hinter SGA zweitbester Scorer der Partie. Persönlicher Playoff-Rekord eingestellt, das Season-High ebenfalls.
Wo nimmt er nur die Energie her? "Behandelt meinen GOAT mit mehr Respekt", antwortete Holmgren auf diese Frage und sorgte auf der Pressekonferenz für Lacher. "Er gibt jeden Abend alles, egal wie alt er ist."

Stimmen der Nacht: "Er wird einfach immer besser"
Rick Carlisle (Head Coach Indiana Pacers): "Eine schlechte erste Halbzeit, keine Frage. Das war ein großes Problem. Wir haben einfach schlecht gespielt. Die zweite Halbzeit war etwas besser. Aber wir können nicht nur reagieren und damit rechnen, so erfolgreich zu sein."
Aaron Wiggins (Oklahoma City Thunder): "Der Sieg kommt für mich an erster Stelle. Mir ist egal, wie viele Punkte ich mache oder wie es aussieht. Wenn ich punktlos bleibe, aber dafür in 20 Minuten 15 Rebounds hole, bin ich glücklich.
Jalen Williams (Oklahoma City Thunder): "Er wird einfach immer besser, das ist beeindruckend. Dabei ist er schon MVP."
Shai-Gilgeous-Alexander (Oklahoma City Thunder): "Gefühlt werden die Zuschauer in jedem Spiel lauter. Ich weiß nicht, wie sie das anstellen. Vor ihnen zu spielen, ist etwas ganz Besonderes."