Wer überzeugte im DFB-Team?

Eine ungewöhnliche Länderspielphase ist mit einer 1:4-Niederlage gegen Japan und der darauffolgenden Entlassung von Hansi Flick sowie einem 2:1-Erfolg über Frankreich unter Interims-Bundestrainer Rudi Völler zu Ende gegangen. Welche DFB-Stars ließen sich in dieser unruhigen Zeit nicht beirren? Wer baute seine Chancen mit Blick auf die Heim-EM im kommenden Jahr aus? Das Länderspielzeugnis:

Manuel Neuer muss sich warm anziehen. In Abwesenheit des langzeitverletzten Bayern-Keepers hat Marc-André ter Stegen seine durchaus nachdrücklich geäußerten Ansprüche auf die Nummer eins mit guten Leistungen in beiden Spielen untermauert. Es wird spannend, wer bei der EM im Tor steht.

Hat seinen Status als Nummer zwei (ohne Neuer) beziehungsweise als wahrscheinliche Nummer drei bei der EM (mit Neuer) durch gute Liga-Leistungen zementiert, kam allerdings in den beiden Spielen gegen Japan und Frankreich nicht zum Einsatz.

Wenn Neuer zurückkehrt, dürfte es für Baumann - genau wie für Bernd Leno, der ebenfalls im Hintergrund lauert - allenfalls um einen möglichen Kaderplatz als dritter Torwart gehen, falls einer der Top drei um ter Stegen, Neuer und Trapp ausfällt.

Von Flick gegen Japan nicht berücksichtigt, bei Völler gegen Frankreich als Linksverteidiger sofort von Beginn an dabei. Und wie: Vorlage zum 1:0, hinten souverän, nach vorne mit viel Druck. Einer der Gewinner des Spiels.

Nach gutem Start in die Bundesliga mit großen Hoffnungen zum DFB-Team gereist. Auf 30 katastrophale Minuten in der 2. Halbzeit gegen Japan samt Einleitung eines Gegentores folgte rund eine Viertelstunde Abwehrarbeit gegen Frankreich. Insgesamt ein Rückschritt mit Blick auf die EM.

Einer der Aufsteiger der letzten Wochen, sowohl bei Bayer Leverkusen als auch im DFB-Team. Denn: Unter Flick noch unberücksichtigt, durfte Tah bei Völler in der Startelf als Rechtsverteidiger ran. Erledigte seine Aufgaben routiniert, punktete mit guten Zweikämpfen. Seine Chancen auf weitere Einsätze im DFB-Team dürften gewachsen sein.

Stach bei seinem Comeback - nach den Querelen um seine Nicht-Nominierung im Juni - nicht positiv heraus. Ging gegen Japan in einer schwimmenden Abwehr genauso baden wie seine Nebenleute, hatte gegen Frankreich viel Mühe gegen den wuseligen Kolo Muani. Muss eine Schippe drauflegen, um ein Startelfkandidat zu bleiben.

Als Linksverteidiger unter Flick eine Fehlbesetzung, hatte gegen Japan extreme Probleme auf ungewohnter Position. Von Völler dann gar nicht erst berücksichtigt. Eine Länderspielphase zum Abhaken für den BVB-Abwehrspieler.

Eigentlich der Leader in der Abwehr, doch gegen Japan mit ganz schwachem Auftritt, gegen Frankreich mit deutlich höher Intensität und mehr Engagement. Insgesamt aber ein dürftiger Auftritt des Innenverteidigers, der sich im DFB-Dress noch steigern muss.

Mit seinen 22 Jahren eher noch der Mann von morgen. Bekam weder von Flick noch von Völler Einsatzminuten trotz seines Stammspieler-Status bei Milan. Muss geduldig bleiben.

Das Flick-Experiment mit Kimmich als halber Rechtsverteidiger, der offensiv plötzlich im Mittelfeld mitwirkte, ging nicht auf und führte zu weiterer Verunsicherung. Gegen Frankreich fehlte Kimmich dann verletzt. Dass das DFB-Team ohne ihn frei aufspielte, dürfte dem Bayern-Star sicher nicht vollends gefallen haben.

Setzte gegen Japan an schwache Auftritte beim BVB an, gegen Frankreich dann plötzlich wie verwandelt: Zeigte viel Spielfreude und sorgte für die nötige Stabilität. Bekam sogar Szenenapplaus für zahlreiche starke Grätschen. Wichtiger Wandel mit Blick auf die EM. Muss dranbleiben!

Nach durchwachsenem Start beim BVB überraschend für das DFB-Team nominiert, wo er lediglich als Statist agieren konnte. Bekam keine Einsatzminute.

Denkbar schlechter Start als neuer Kapitän der DFB-Elf, deren Lustlosigkeit er gegen Japan nicht verhindern konnte. Dafür gegen Frankreich bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung Anführer und Dirigent. Es bleibt spannend, wie der kommende Bundestrainer die Rolle des Mittelfeldmannes einschätzt.

Als einer der wenigen BVB-Stars in Normalform mit erstaunlich wenig Einsatzzeit belohnt. Rund 20 Minuten gegen Japan, in denen Brandt in einer verunsicherten DFB-Elf blass blieb und circa 30 gute Minuten in der Schlussphase gegen Frankreich reichten nicht für eine nachdrückliche Empfehlung.

Was für ein divergentes Bild: Bei seinem neuen Klub Bayer Leverkusen mit Top-Einstand, in der Nationalmannschaft lediglich für etwas mehr als zwölf Minuten gegen Frankreich gut. Seine EM-Perspektive dürfte sehr von der Gunst des neuen Bundestrainers abhängen.

Verdiente sich seine erstmalige Nominierung für die DFB-Elf mit konstant guten Leistungen im Klub, blieb in der Nationalmannschaft aber bei seinen beiden Einsätzen eher farblos und konnte nur wenige von den für ihn so wichtigen Akzenten setzen. Im Kampf um die EM-Plätze - Stand jetzt - nur mit einer Außenseiterrolle.

Mangels Alternativen von Flick in der Startelf als falsche Neun aufgeboten und auch von Völler auf der Mittelstürmer-Position eingewechselt, war Havertz vor allem gegen Japan kaum ein Faktor im Angriff. Gegen Frankreich immerhin mit der Vorlage zum zwischenzeitlichen 2:0, trotz aller Mühen aber ingesamt sehr unglücklich in seinen Auftritten.

Muss sich dringend steigern, um seine große Chance auf einen Platz in der EM-Elf zu wahren. Lieferte gegen Japan wohl eines seiner schlechtesten Länderspiele, tauchte nach gutem Beginn auch gegen Frankreich immer weiter ab. Zu wenig vom Bayern-Star!

Der gerade 20-Jährige genießt viel Vertrauen im DFB-Team, sowohl Flick als auch Völler setzten auf den jungen Leverkusener und wurden nicht enttäuscht. Gegen Japan noch einer der Besten, lieferte die Vorlage zum einzigen Tor der deutschen Elf, im zweiten Spiel dann ebenfalls mit vielen kreativen Höhepunkten. Nahm sich auch seine Auszeiten, deutete aber sein großes Potenzial an.

Bei Sané scheint auch im DFB-Team der Knoten geplatzt zu sein. Schon beim FC Bayern der Unterschiedsspieler ragte er nun auch in der Nationalmannschaft in beiden Spielen deutlich heraus, erzielte jeweils einen Treffer und sprühte vor Einsatz und Spielfreude. In absoluter EM-Form!

Reiste nach gutem Start mit Brentford (in drei von vier Ligaspielen in der Startelf, ein Tor) mit Selbstvertrauen an, bekam dann aber lediglich neun undankbare Minuten gegen Japan. Eine Länderspielphase zum Vergessen für den schnellen Angreifer.

Der 34-Jährige rückte für den verletzten Niclas Füllkrug nach und tat genau das, wofür er geholt wurde. Gegen Japan erst spät aufgeboten, noch mit Luft nach oben, gegen Frankreich dann überall in der Offensive zu finden. Sorgte damit für ordentliche Unruhe bei den Franzosen. Belohnte seine Top-Leistung mit dem wichtigen 1:0-Treffer.