Bei Bob Hanning kommen dieser Tage fast zwangsläufig die alten Erinnerungen wieder hoch. Wie er damals, vor genau 20 Jahren, in der alten Geschäftsstelle hockte. "Ein alter Schuhkarton, darin unbezahlte Rechnungen" - das war alles, was der heutige Geschäftsführer der Füchse Berlin seinerzeit in den kargen Räumlichkeiten in Reinickendorf vorfand.
Die große Zeit des Klubs in den 1980er-Jahren, als er im Europacup mitgemischt hatte, war längst vorbei, die Füchse dümpelten ohne Hoffnung und ohne erkennbares Ziel in der zweiten Liga herum.
Dann kam Hanning, gerade als Trainer in Hamburg entlassen, mit seiner Vision. Und was der umtriebige Manager in der Hauptstadt schuf, darf durchaus als postmodernes Sportmärchen bezeichnet werden.
Heute, zwei Jahrzehnte später, ist der Schuhkarton Geschichte - und die Berliner befinden sich noch immer im Steigflug. Längst gehören die Füchse zu den Klubs der ersten Kategorie im Welthandball, doch in diesem Jahr jagen sie die ganz fette Beute.
Als Bundesliga-Tabellenführer nimmt der Traum vom ersten Meistertitel elf Spieltage vor Saisonende immer schärfere Konturen an, und auch in der Champions League scheint vor Beginn der K.o.-Phase alles möglich.
"Wir freuen uns alle auf die Achtelfinals in der Champions League, weil es ein großer Schritt ist", sagte Berlins Nationalspieler Nils Lichtlein vor dem Hinspiel am Mittwoch (20:45 Uhr) bei Industria Kielce betont unaufgeregt.
Handball: Füchse Berlin wollen sich "Traum vom ersten Tag" erfüllen
Wie für den zweiten deutschen Vertreter SC Magdeburg, der am Mittwoch (18:45 Uhr/beide DAZN und Dyn) zunächst bei Dinamo Bukarest antreten muss, heißt für die Berliner das erste Ziel Köln, wo im Juni das Final Four der besten Teams stattfindet.
Spielmacher Lichtlein entstammt wie ein halbes Dutzend aktueller Profis der legendären Füchse-Jugend, auf welcher der imponierende Aufstieg des Hauptstadt-Klubs fußt.
In Kombination mit Weltstars wie etwa den beiden dänischen Ausnahmekönnern Mathias Gidsel und Lasse Andersson sorgen die Eigengewächse für eine vielversprechende Mischung, wie es sie aktuell wohl nur in Berlin gibt.
Hanning verweist bei der Frage nach der Erfolgsformel im "SID"-Gespräch auf eine implementierte "Kultur des Nichtzufriedenseins" und einen "Anspruch, in jedem Training ein Stückchen besser zu werden". Alles beflügelt von der ungestillten Sehnsucht, am Ende der Saison einmal ganz oben zu stehen.
"Davon träume ich seit dem ersten Tag hier in Berlin", betont Hanning. Klub-Weltmeister war er schon mit den Füchsen, gewann den EHF-Cup und den DFB-Pokal. Doch mit der Meisterschale und der Champions-League-Trophäe fehlen ihm noch die beiden Titel, die größer sind als alle anderen. Titel, die in diesem Jahr so greifbar sind, wie nie zuvor.


























