Seit der Verletzung von Deshaun Watson hat Quarterback Jameis Winston die Geschicke in der Offense der Cleveland Browns übernommen. Und auch, wenn mit Winston nur bedingt Erfolg herrscht, ist es ein Gewinn für die NFL.
Denn Winston steht für Spektakel und Unterhaltung wie kaum ein anderer Spieler.
College-Superstar mit jeder Menge Selbstvertrauen
Schon auf dem College war der Spielmacher ein absoluter Superstar. Als Quarterback der Florida State Seminoles - dort spielte er eine Saison mit Björn Werner zusammen - spielte er sich in seinen zwei Jahren als Starter ins Schaufenster der Nation.
Trotz einiger Querelen abseits des Platzes war Winston auf dem College sportlich über jeden Zweifel erhaben. 2013 erhielt er deshalb auch die Heisman Trophy, die Auszeichnung für den besten College-Spieler im Lande.
2015 meldete er sich für den NFL Draft und schnell zeichnete sich ab, dass es auf einen Zweikampf um den First Overall Pick hinauslaufen würde. Die Tampa Bay Buccaneers hatten eben diesen inne und mussten sich dem Vernehmen nach zwischen Winston und Marcus Mariota entscheiden.
Zum Wettbewerb mit Mariota äußerte sich Jameis Winston seinerzeit sehr selbstbewusst: "Das ist kein Wettbewerb nur zwischen mir und Mariota. Ich habe nämlich vor, im nächsten Jahr den Super Bowl zu gewinnen, also wird es Jameis gegen Peyton Manning und Jameis gegen Tom Brady sein. Ich möchte so gesehen werden. Nach dieser ganzen Sache mit dem Combine wird man nichts mehr über Jameis Winston und Marcus Mariota hören. Aber ich möchte, dass mein Name in den nächsten 15 bis 20 Jahren meiner Karriere relevant bleibt", so die Aussage von Winston.

Vom First Pick zum Backup
Aus dem Super-Bowl-Ziel, soviel kann man vorweg nehmen, wurde nichts. Allerdings gewann Winston tatsächlich das Duell mit Marcus Mariota und wurde mit dem ersten Pick von den Tampa Bay Buccaneers ausgewählt.
Dort avancierte Winston direkt zum Starter und spielte eine gute Saison. Auch wenn das Team die Spielzeit mit einem Record von 6-10 abschloss, wurde Winston zum Rookie des Jahres gewählt.
Insgesamt erfüllte Winston seine vier Jahre plus Fifth-Year-Option bei den Bucs, erhielt dann aber keinen neuen Vertrag. Die Bucs entschieden sich viel mehr dazu, sich die Dienste eines gewissen Tom Brady zu sichern. Keine ganz schlechte Entscheidung, wie man heute weiß.
Für Jameis Winston ging die NFL-Reise in New Orleans weiter, wo er zunächst hinter Franchise-Ikone Drew Brees als Backup eingeplant war. Nachdem dieser seine Karriere allerdings beendete, machten die Saints Winston zum Nachfolger.
Winston startete also in der Saison 2021, riss sich allerdings in Woche acht das Kreuzband und das ausgerechnet gegen die Tampa Bay Buccaneers.
Doch der heute 30-Jährige kämpfte sich zurück und bekam eine zweite Chance als Starter. Abermals jedoch wurde er durch eine Verletzung ausgebremst, dieses Mal kehrte er jedoch noch während der Saison zurück. Das Problem: Starting Quarterback war und blieb Andy Dalton.
Im vierten Jahr bei den Saints bekam Winston in Derek Carr dann erneut einen anderen Spielmacher vor die Nase gesetzt. Er schien also mittlerweile nur noch als Backup in Frage zu kommen. Als solcher ging es für ihn in dieser Saison dann nach Cleveland, wo er mittlerweile wie angesprochen den verletzten Deshaun Watson ersetzt.
Winston steht vor allem für Spektakel
Doch warum wurde aus dem einstigen College-Superstar in wenigen Jahren ein Spieler, den man nur noch als Backup sieht?
Die Antwort darauf ist auf den ersten Blick recht simpel: Weil er sein Team nie konstant zum Sieg führen kann. In seiner Zeit bei den Tampa Bay Buccaneers hatte er lediglich eine Saison mit einer positiven Bilanz.
Das hängt auch damit zusammen, dass Winston in seinem Spielstil mehr für Spektakel als für Erfolg steht. Der 30-Jährige ist ein absoluter Gunslinger und liebt tiefe Würfe. In seiner Zeit als Starter bei den Bucs stand er in jeder einzelnen Saison unter den fünf Quarterbacks mit der höchsten durchschnittlichen Target-Tiefe (nur QBs mit min. 50% gespielten Snaps).
Auch in dieser Spielzeit mischt Winston wieder vorne mit, ist mit 10,1 Yard pro Target sogar der Spitzenreiter in der NFL.
Damit einher gehen natürlich einige Big Plays, aber auch jede Menge Risiko. Winston war nur 2016 nicht unter den vordersten fünf Plätzen was Turnover Worthy Plays angeht, also Spielzüge, die schnell in einem Turnover enden können. Und 2016 war im Übrigen die angesprochene, einzige Winning Season mit den Bucs.
In Sachen Turnover-Worthy-Plays steht Winston in dieser Saison indes auf dem dritten Platz.
Auf die Spitze trieb Jameis Winston seinen Spielstil im Übrigen in der Saison 2019, als er als erster Spieler über 30 Touchdowns (33) und 30 Interceptions sammelte. In dieser Spielzeit gelangen ihm als achtem Spieler überhaupt über 5000 Passing Yards. Die Bucs beendeten die Saison mit sieben Siegen.
Eines ist am Ende klar, langweilig wird es mit Jameis Winston sicherlich nicht. Aber eben auch nicht sonderlich erfolgreich. Damit sich das ändert, hofft der gläubige Christ auf Beistand von oben: "Ich hoffe Gott erlöst mich von den Pick Sixes", erklärte der 30 Jährige jüngst nach der bitteren Niederlage gegen die Denver Broncos, die im Prinzip alles untermauerte, für das Winston steht.
Er warf offensiv für 497 Yards und kassierte zudem 171 Yards in Interception Returns gegen sich. Das zusammen ergibt 668 Yards und damit die höchste Yard-Zahl, die je ein Quarterback in einem Spiel mit seinen Pässen aufs Board brachte.
Grandiose Unterhaltung auch ohne Ball in der Hand
"Ich träume von der Hall of Fame" hatte Winston vor dem NFL Draft 2015 gesagt. Daraus wird allerdings nichts werden, soviel dürfte mittlerweile klar sein. Wenn es jedoch eine Hall of Fame für die unterhaltsamsten Spieler geben würde, hätte der Quarterback eine deutlich bessere Chance.
Denn nicht nur sein spektakuläre Spielstil sorgt immer wieder für Unterhaltung, auch das gesamte Auftreten passt ins Bild.
Beispiele dafür gibt es einige. So fällt vielen NFL-Fans im Zusammenhang mit Winston sofort die Ansprache im Trikot der Bucs auf, als er davon sprach den Sieg einzufahren ("Let's eat that W(in)") und dabei seine zum W geformten Finger verschlung.
Auch ein Motivationsgedicht war von ihm bereits zu hören: "“1, 2, 3 and to the 4. The Bucs Q’s and C’s coming out that door. Now we don’t know how to do these rhymes, we know about pancake blocks and throwing dimes", erklang es von MC Jameis.
Winston gilt als respektierter Spieler, als guter Teammate und Leader. In der neuesten Version von Hard Knocks ist zu sehen, wie Winston am Meeting der Offensive Line teilnimmt, dort andächtig lauscht und sich Notizen macht. Es ist nicht alles nur Klamauk bei Winston.
Mit seiner Art kommt er bei anderen NFL-Spielern überwiegend gut an. So feierten ihn beispielsweise die Kelce-Brüder zuletzt in ihrem Podcast "New Heights" ab. Winston hatte gerade erst mit den Browns gegen die Steelers im Schnee-Spiel von Woche 12 gewonnen und dabei für einen Lacher gesorgt, als er beim vierten Versuch den Gegner ins Offside locken wollte und auf einmal seinen Snap Count mit den Worten: "Springt doch endlich ins Offside, verdammt" abschloss.
"Wenn Jameis ein Mikro trägt, ist das immer elektrisierend", schwärmt Travis Kelce von Winston. Und Bruder Jason geht noch einen Schritt weiter: "Ich liebe Jameis. Er liefert jedes Mal ab", so die Meinung des ehemaligen Centers.
Und auch Winston gestand seine Liebe und zwar gegenüber Spielen im Schnee. "Es ist wunderschön, dass Gott mich damit gesegnet hat, dass ich hier ein wenig Football im Schnee spielen kann. Was für ein wunderschöner Tag", so ein überaus zufrieden wirkender Jameis Winston, der einfach froh zu sein scheint, wieder in der NFL für Unterhaltung zu sorgen.




































