Die Kansas City Chiefs haben sich nach der Niederlage gegen die Buffalo Bills in der NFL als schlechte Verlierer erwiesen. Bryce Young ist vielleicht doch kein massiver Fehlgriff und wir haben womöglich einen Favoriten auf den Coach des Jahres. Die Erkenntnisse aus Woche 14.
NFL: Chiefs zeigen sich als ganz schlechte Verlierer
Wer sich in dieser Saison über die Schiedsrichter in der NFL aufregt, liegt damit selten verkehrt. Zu oft gab es schon merkwürdige Entscheidungen, die den Ausgang von Spielen beeinflusste. Im AFC-Kracherspiel zwischen den Chiefs und Bills (17:20) war dies jedoch nicht der Fall. Die entscheidende Szene, das Offside von Kadarius Toney, war nicht mal strittig. Nicht mal im Ansatz. Und dennoch waren die Zebras im Anschluss an die zweite Chiefs-Pleite am Stück die Zielscheibe der Kritik der zwei größten Köpfe KCs - Quarterback Patrick Mahomes und Head Coach Andy Reid.
Reid nannte es "ein bisschen peinlich für die National Football League, dass so etwas passiert". Gemeint war damit, dass die Schiedsrichter das Offside von Toney ahndeten, anstatt nur eine Verwarnung auszusprechen, wie es sonst üblich sei. Laut CBS-Schiedsrichter-Experte Gene Steratore sind solche Warnungen erstens eher zu Beginn des Spiels üblich, falls auffällt, dass ein Spieler einer Mannschaft womöglich falsch aufgestellt ist. Und zweitens müsse natürlich eine Flagge geworfen werden, wenn ein Vergehen so "unerhört" ist, wie das von Toney.
Mahomes wiederum beklagte, dass man hier einfach "etwas so Großartiges" weggenommen hat. "Man will doch sehen, dass die Jungs auf dem Feld das Spiel entscheiden. Sie sind menschlich. Sie machen Fehler." Und in diesem Fall machte nun mal eindeutig sein Mitspieler Toney den Fehler. Die Schiedsrichter dafür zu kritisieren, dass sie besagten Fehler ahndeten, ist schon eine sehr interessante Herangehensweise.
Doch Mahomes war noch nicht fertig. Er fuhr fort: "Ich habe noch nie erlebt, dass Offensive Offside gegen mich geahndet wurde. Wenn es passiert, warnen sie dich. Es gab jedoch im gesamten Spiel keine Warnung. Und dann treffen sie eine solche Entscheidung in der Schlussminute? Ein weiteres Spiel, in dem wir über die Schiedsrichter sprechen. Das ist nicht das, was wir für die NFL wollen. Es ist nicht das, was wir für den Football wollen."
Große Worte von einem Mann, der wohl nur deshalb zwei Ringe an der Hand hat, weil Schiedsrichter neulich im Februar beschlossen haben, einmal im Spiel ganz am Ende Defensive Holding zu seinen Gunsten zu pfeifen, nachdem es auf beiden Seiten zuvor im Spiel konsequent ignoriert worden war. Das war damals wirklich "peinlich für die NFL", wie Reid es nun so treffend formulierte. Das Offside von Toney dagegen war einfach nicht zu übersehen und musste bestraft werden, wozu sonst hat man diese Regeln?
Dass Mahomes und Reid nach dieser Niederlage frustriert sind, ist hingegen vollkommen verständlich, schließlich schwinden dadurch nicht nur die Chancen, den Top-Seed der AFC zu erreichen, sie müssen nun auch noch in den Rückspiegel schauen, denn im Westen sitzen ihnen nun die Denver Broncos mit nur einem Spiel Rückstand im Nacken. Und das nach einem Spiel, in dem mal wieder deutlich wurde, dass das Receiving Corps dieses Teams die wohl große Schwachstelle ist und bleibt.
NFL: Es ist nicht nur Bryce Youngs Schuld
Bryce Young, der erste Pick insgesamt des jüngsten Drafts, wird allgemeinhin schon als Draft-Bust gehandelt und von allen Seiten kritisiert. Und selbst der Hinweis auf sein sehr überschaubares Waffenarsenal wurde bislang eher beiseite geschoben. Der zweite Pick im Draft, C.J. Stroud, hingegen wird über den grünen Klee gelobt für seine fantastische Saison. Hätten die Panthers also vielleicht doch besser Stroud im Draft ziehen sollen?
Um es mit Lee Corso zu sagen: "Not so fast, my Friends!" Wer Stroud am Sonntag gegen die New York Jets gesehen hat, wird sich vielleicht zweimal überlegen, Young komplett abzuschreiben und Stroud als Offenbarung zu sehen. Stroud brachte es gegen Gang Green auf gerade Mal 53 Net Passing Yards. Er hatte zudem -20,1 Prozent Completion Percentage over Expected. Sein QBR lag derweil bei unter 10.
Warum das in diesem Zusammenhang relevant ist? Na ja, weil Stroud seinen Top-Receiver Nico Collins bereits früh im Spiel verlor, nachdem ihm sein anderes Lieblings-Target Tank Dell bereits in der Vorwoche mit einer schweren Verletzung für den Rest der Saison abhanden gekommen war. Ohne seine zwei Top-Receiver war Stroud gegen die zudem sehr starke Defense der Jets mitunter merklich überfordert.
Schaut man sich die Zahlen der übrigen Receiver an, könnte man meinen, dass es doch eigentlich kein Problem sein sollte, die Top 2 zu ersetzen, da auch sie sehr gute Saisons bis hierhin gespielt hatten. Ihre guten Zahlen allerdings kamen auch in der Präsenz von Collins und Dell zustande. Ohne die beiden mussten Leute in Rollen schlüpfen, die vielleicht zu groß für sie waren. John Metchie fing nur eines seiner fünf Targets für sechs Yards, Noah Brown blieb bei ebenfalls fünf Targets bei keinem einzigen Catch.
Zudem gelang es den Texans mal wieder nicht, das Run Game ans Laufen zu bringen, sodass Stroud (4 Sacks) einfach keine Entlastung bekam. Zu allem Überfluss erlitt er dann auch noch eine Gehirnerschütterung, sodass sein Einsatz in der kommenden Woche fraglich ist.
Insgesamt unterstreicht dies vor allem eines: Man kann einen noch so guten Quarterback draften oder sonst wie akquirieren, wenn man es nicht schafft, mindestens mal gute Verhältnisse um ihn herum zu schaffen, dann wird er auch nicht die gewünschten Resultate liefern können. Das sollten sich so einige Teams für den kommenden Draft schon mal erneut hinter die Ohren schreiben ...
NFL: Kevin Stefanski ist der Star der Browns
Wenn man dieser Tage über die Cleveland Browns redet, wird gerne besonders die Leistung von Myles Garrett in der Defense hervorgehoben. Zudem dürfte es nach den vergangenen zwei Wochen naheliegen, Joe Flacco für sein erfolgreiches NFL-Comeback zu lobhuldigen, schließlich hatte bis vor kurzem noch seit Januar die NFL auf dem heimischen Sofa verfolgt.
Und Flacco hatte nun bereits zwei Spiele mit mindestens 250 Passing Yards und mindestens 2 Passing Touchdowns. Beim Division-Rivalen Pittsburgh Steelers hat dies kein Quarterback seit dem Karriereende von Ben Roethlisberger mehr in nur einem Spiel geschafft.
Schaut man allerdings genauer hin, dann wird deutlich, dass Flacco gar nicht mal so viel mit dem Erfolg seines Teams zu tun hatte. Wie schon gegen die Rams (-0,17) produzierte er auch gegen die Jaguars einen negativen EPA/Play-Wert (-0,03), was selten ein Indikator für Erfolg ist. Zudem brachte er es -7,4 CPOE. Es reichte natürlich trotzdem zu einem Sieg über die Jaguars, der nur aufgrund einer produktiven Garbage Time der Gäste auf dem Papier knapp ausfiel (31:27).
Dass die Browns unterm Strich bei 8-5 stehen und damit im Playoff Picture auf Rang 5 der AFC stehen, ist jedoch bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie viel Verletzungspech dieses Team bereits erlebt hat. Das führt uns zu dieser kuriosen Statistik: Die Browns sind erst das 13. Team seit 1950, das vier verschiedene Starting Quarterbacks eingesetzt hat. Und Kevin Stefanski hat nun mit allen vieren mindestens ein Spiel gewonnen.
Und das wiederum ist beeindruckend. Normalerweise bricht ein Team zusammen oder erlebt zumindest einen erheblichen Leistungsabfall, wenn der Starting QB ausfällt. Und Stefanskis Browns gewannen nun mit einem lange schwächelnden Deshaun Watson, einem oberflächlich betrachtet überforderten Rookie DTR und einem früheren XFL-Spieler (P.J. Walker), ehe nun auch Veteran Flacco ran durfte und auch Starter bis Saisonende bleiben wird.
Stefanski zeigt, wie wichtig die Umstände für einen jeden Quarterback sind und wie gut er darin ist, gute Umstände in seiner Offense, die durchaus einige starke Skill-Player beinhaltet, zu schaffen. Und wenn es die Browns tatsächlich unter diesen Vorraussetzungen in die Playoffs schaffen, dann müssen wir ernsthaft über Stefanski als Coach of the Year reden.
NFL: Das Concussion Protocol muss überarbeitet werden
Wenn ich andere Sportarten, zum Beispiel Fußball, schaue und ich eine offensichtliche mögliche Gehirnerschütterung sehe, die dann entweder komplett ignoriert oder mit einem Spritzer Wasser ins Gesicht "behandelt" wird, ehe es für den Spieler weitergeht, habe ich immer gern auf die NFL verwiesen, wo es schließlich klare Protokolle für so etwas gibt, die im Fall von Kopfverletzungen automatisch greifen und nicht umgangen werden können.
Mittlerweile allerdings bin ich skeptisch, ob das immer noch alles so konsequent wie gedacht funktioniert. Und das, obwohl die NFL für solche Fälle unabhängiges Personal zur Hand hat. Es gibt in jedem Stadion eine Kabine für Injury Spotter, also Leute, die nur auf mögliche Verletzungen schauen. Diese Kabinen haben etliche HD-Monitore und Zugriff auf alle erdenklich Kameraperspektiven, die in Sekundenschnelle sogar parallel Szenen aus mehreren Blickwinkeln darstellen können, um mögliche Verletzungen zu analysieren.
Eine wichtige Aufgabe dieser Spotter ist natürlich das Erkennen von möglichen Gehirnerschütterungen. Sobald eine solche erkannt wird, erfolgt Meldung an den Referee, der dann das Spiel unterbricht, um den Spieler aus dem Spiel zu nehmen. So jedenfalls die Theorie. In Woche 14 jedoch hat dieses Protokoll gleich mehrfach nicht gegriffen.
Da war etwa Gardner Minshew, der nach einem harten Hit beim Spiel der Colts in Cincinnati zu Boden gegangen war und dann recht wacklig wirkte, als er wieder aufstand. Ein klares Warnsignal und ein Grund, ihren genauer zu checken. Auf die Idee kam jedoch niemand. Minshew spielte weiter. Und Stand jetzt hat er wohl auch keine Gehirnerschütterung erlitten. Doch das ist nicht der Punkt. Man hätte zumindest mal Check machen müssen, um kein Risiko einzugehen.
T.J. Watt spielte offenbar gegen Patriots trotz Gehirnerschütterung
Das eklatanteste und auch merkwürdigste Beispiel war jedoch bereits am Donnerstag zum Start des Spiels der Steelers gegen die Patriots zu beobachten. Beim ersten Play des Spiels bekam Edge Rusher T.J. Watt das Knie von Zeke Elliott nach einem Tackle mit Wucht ins Gesicht geschleudert. Watt blieb liegen und muss vom Feld geführt werden. Ein klarer Fall fürs Concussion Protocol, oder? Ein Knie im Gesicht sollte per se ein Indikator für eine mögliche Gehirnerschütterung sein, oder?
Nicht jedoch für die Injury Spotter oder den unabhängigen Neurologen an Pittsburghs Seitenlinie oder die Steelers-Ärzte. Nein, stattdessen wurde sein Kiefer gecheckt, schließlich ging der Treffer gegen das Kinn. Kurz darauf kam Watt dann auch zurück und spielte weiter. Und zwar mit einem getönten Visier, wie Prime-Video-Reporterin Kaylee Hartung berichtete. Ein solcher wird kaum Schmerzen am Kinn lindern. Und da es ein Abendspiel war, wird es auch nicht die grelle Sonne gewesen sein. Dann muss es wohl plötzliche Lichtempfindlichkeit gewesen sein.
Und wofür ist das ein Indikator? Ja genau, eine Gehirnerschütterung. Wenig überraschend verkündeten die Steelers dann am Samstag, dass Watt im Concussion Protocol gelandet ist.
Ich will hier niemandem etwas vorwerfen, aber wie kann es sein, dass eine so offensichtliche Gehirnerschütterung nicht mal gecheckt wird? Entweder war dies ein komplettes konzeptionelles Versagen aller Beteiligten vor Ort oder man handelte schlicht fahrlässig, um nicht seinen besten Spieler in einem Must-Win-Game schon zu Beginn zu verlieren. In jedem Fall muss diese Situation untersucht werden!
Marcus Blumberg



































