Nach dem Aus in der Europa League bleibt dem BVB nur noch die Bundesliga. Auch dort sind die Chancen auf den Titel allerdings überschaubar. Schon Ende Februar scheint diese so hoffnungsvoll gestartete Saison für Borussia Dortmund eine verlorene zu sein. Die Verantwortlichen geraten zusehends in Erklärungsnot - allen voran Trainer Marco Rose.
Als sich das Ibrox Stadium am Donnerstag langsam leerte, trat Marco Rose im Glasgower Fußball-Tempel vor die RTL-Kamera und versuchte, eine Erklärung für das bittere Ausscheiden aus der Europa League zu finden.
"Die Jungs haben alles gegeben, haben viel investiert - aber uns darf einfach dieses Heimspiel nicht passieren", verwies der BVB-Coach auf die desolate Vorstellung im Hinspiel gegen die Rangers. Ein 2:2-Unentschieden im zweiten Vergleich hatte den Blackout der Vorwoche (2:4) nicht mehr ausmerzen können.
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Warum seine Schützlinge in Schottland zum wiederholten Male mit extremen Schwankungen und Konzentrationsfehlern zu kämpfen hatten, konnte Rose letztlich auch nicht schlüssig begründen. Fakt ist nur: Bereits Ende Februar steht der Übungsleiter vor den Scherben seiner Premierensaison in Dortmund.
BVB droht ein ernüchterndes Saison-Zeugnis
Am Tag nach dem dritten Pokal-Debakel dieser Spielzeit - in der Champions League waren Marco Reus und Co. in einer auf dem Papier machbaren Gruppe nur Dritter geworden, im DFB-Pokal war bei Zweitligist FC St. Pauli Endstation - kommentierten die vereinsnahen "Ruhr Nachrichten" scharf: "Die BVB-Saison ist nach dem Aus in der Europa League gelaufen."
Und tatsächlich: Sollte in der Bundesliga nicht noch die große Überraschung gelingen und der um sechs Punkte und 21 Tore bessere FC Bayern abgefangen werden, droht Borussia Dortmund ein überaus ernüchterndes Abschluss-Zeugnis.
"Für uns ist das die nächste bittere Enttäuschung", gestand Trainer Rose nach dem neuerlichen Tiefschlag, wohl wissend, dass auch von ihm deutlich mehr erwartet worden war. Immerhin rund fünf Millionen Euro hatten die Borussia-Bosse in die Hand genommen, um den gebürtigen Leipziger aus Gladbach loszueisen. Ihre Hoffnung auf schnellen Erfolg erfüllte sich jedoch nicht.
Noch will Rose keinen Haken an die Saison machen, immerhin stehen noch elf Liga-Partien aus. Doch auch der 45-Jährige weiß: "Wir haben bis hierher sportlich keine guten Argumente gesammelt. In den Cup-Wettbewerben waren wir schwach unterwegs. Das beeinflusst das Gesamtbild stark."
Roses Angst vor dem Spannungsabfall - BVB-Lazarett immer größer
Auf magische Pokal-Abende können sich Roses Spieler jedenfalls vorerst nicht mehr freuen. Und auch die Ausgangslage in der Meisterschaft ist für den Tabellenzweiten bei zwölf Punkten Vorsprung auf einen Nicht-Champions-Legaue-Platz wenig fesselnd.
Einem möglichen Spannungsabfall will Rose aber unbedingt vorbeugen: "Jetzt ist es erst recht unsere Aufgabe durchziehen. Auch in der Bundesliga ist noch gar nichts entschieden. Es ist unser Anspruch, immer am Limit zu sein." Gerecht geworden sind sie ihm zuletzt allerdings nur selten.
Zu allem Überfluss sind die Dortmunder Verletzungssorgen in Glasgow noch größer geworden. Gleich drei Profis waren nach der Partie heftig gezeichnet.
"Marco Reus hat einen sehr harten Schlag bekommen, er hat schwer gehumpelt, wir müssen schauen, wie sich das entwickelt", verriet Rose. Bei Thomas Meunier sei "wahrscheinlich die alte Verletzung wieder aufgebrochen", der Rechtsverteidiger hatte zuletzt über muskuläre Probleme geklagt. Zudem kämpfte Emre Can in der Kabine mit "schweren Rückenschmerzen".

Ohnehin war der BVB mit einer Not-Innenverteidigung aus Mats Hummels und Emre Can angetreten, Dan-Axel Zagadou und Manuel Akanji sind ebenso verletzt wie Dauer-Pechvogel Gio Reyna. Für das Rangers-Spiel fiel kurzfristig auch Raphael Guerreiro aus. So wird die Bayern-Jagd ein nahezu aussichtsloses Unterfangen.
Plus: Am Sonntag beim FC Augsburg kann wohl auch Erling Haaland noch nicht auflaufen. Der Norweger fehlt dem Team an allen Ecken und Enden, das haben die letzten Wochen und Monate überdeutlich gezeigt.
BVB: Zu viele Baustellen, zu wenig Fortschritt
Die Borussia muss nun höllisch aufpassen, atmosphärisch nicht in eine Abwärtsspirale zu geraten. Von der Aufbruchstimmung, die der spektakuläre Transfer von Bayern-Star Niklas Süle zwischenzeitlich ausgelöst hatte, ist jedenfalls nichts mehr zu spüren.
Viele Fans fragen sich nun: Was kommt noch bis Mai? Und: Werden zumindest einige der größten Baustellen bis dahin angegangen?
Die Mängelliste ist lang: Eigentliche Säulen der Mannschaft machen viel zu viele entscheidende Fehler, der Kader ist unausgewogen und steht vor einem größeren Umbruch, dem Verein fehlt die Erzählung. Jedem Fort- folgt momentan ein Rückschritt. Und auch das internationale Image dieses Teams, das in großen Spielen regelmäßig zusammenklappt, ist mittlerweile ramponiert.
Ob Rose wenigstens ein paar dieser Probleme bis zum Sommer noch in den Griff bekommt, dürfte entscheidend für seine Perspektive als BVB-Coach sein. Bislang ersticken seine Vorgesetzten jede Diskussion im Keim, zufrieden sind sie mit dieser Saison, die gefühlt schon jetzt nur noch austrudelt, aber keinesfalls.
Wie lange ihre Geduld noch hält, ist die derzeit wohl spannendste Frage rund um Borussia Dortmund. Sportlich ist ja nicht mehr viel zu holen.
Heiko Lütkehus (mit "AFP"-Material)





























