Nach den Patzern von Titelverteidiger Rhein-Neckar Löwen steht die SG Flensburg-Handewitt 14 Jahre nach der Premiere vor dem zweiten deutschen Meistertitel. An der Förde bereitet man sich intensiv auf das letzte Heimspiel am Sonntag gegen Göppingen vor - und auf eine fröhliche Handball-Party.
Die Handball-Begeisterung in Flensburg ist auf dem Siedepunkt, der deutsche Meistertitel zum Greifen nah und sogar beim Titelverteidiger Rhein-Neckar Löwen hat man vor dem Fernduell am Sonntag schon die Waffen gestreckt. "Ich glaube nicht, dass Flensburg das noch aus der Hand gibt", sagt Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen realistisch.
Und somit den Fehler begeht, der den Mannheimern in den vergangenen Wochen gleich mehrfach unterlief. Anfang Mai hatte der noch amtierende Meister vier Punkte Vorsprung, nach drei Spielen ohne Sieg liegt der Pokalsieger nun einen Zähler hinter den Norddeutschen. Und denen reicht nach den "Geschenken" des Gegners nun ein Heimsieg gegen Außenseiter Frisch Auf Göppingen, um nach 2004 zum zweiten Mal den Meistertitel an die Förde zu holen.
"Meine Mannschaft hat die ganze Saison ihre Hausaufgaben gemacht und ihre Punkte gesammelt. Nun ist die Tür offen und es geht darum, dass sich unsere Energie genau zum richtigen Zeitpunkt entlädt. Alle sind fokussiert, aber nicht übermotiviert", beschreibt SG-Coach Mike Machulla die Ausgangslage.
Mitfiebern am Radio
Dass man bei einer Heimbilanz von 29:3 ausgerechnet gegen die ersatzgeschwächten Schwaben strauchelt, will niemand in der nördlichsten Stadt Deutschlands glauben. Seit Wochen sind alle 6300 Eintrittskarten für die Flens-Arena vergeben, doch wer keinen Einlass findet, kann rund um die Halle mitfeiern. Dabei lädt die SG zum gemeinsamen "Public Hearing".
SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke rechnet dabei mit bis zu 10.000 "Ohrenzeugen". Da die TV-Liverechte beim Abosender "Sky" liegen, überträgt der private Hörfunksender "Radio Schleswig-Holstein" ab 15:00 Uhr die kompletten 60 Spielminuten.
Auch wegen zahlreicher Abschiede dürfte es hochemotional zugehen im hohen Norden am Ende des 34. und letzten Bundesligaspieltages. SG-Torhüter Mattias Andersson beendet mit 40 Jahren seine Laufbahn, andere Leistungsträger wie Kapitän Thomas Mogensen, Henrik Toft Hansen, Jacob Heinl und Kentin Mahe setzen ihre Karriere an anderer Stelle fort. Ein gemeinsames "Tschüss" soll auf der Showbühne vor der Halle stattfinden.
Löwen haben Qualifikation für die Königsklasse sicher
Andere, die bei der SG bleiben, stehen ebenfalls vor einem ganz besonderen persönlichen Triumph. Coach Machulla ist schon nach nur einer Saison aus dem Schatten seines Vorgängers Ljubomir Vranjes herausgetreten, der Schwede hatte mit den Flensburgern 2014 die Champions League gewonnen. Mit seinem ersten Meistertitel nach insgesamt 17 Bundesligajahren in Nordhorn, Lemgo und Flensburg kann Liga-Urgestein Holger Glandorf (35) rechnen.
Bei den Löwen, die bei einem Pflichtsieg vor eigenem Publikum gegen den SC DHfK Leipzig nur noch auf einen Flensburger Ausrutscher hoffen können, hat die Ursachenforschung über die Gründe des Leistungseinbruchs im Ligaendspurt längst begonnen. "Nach dem Pokalsieg in Hamburg sind wir mental runtergekracht", mutmaßte Kapitän Andy Schmid, Sportdirektor Oliver Roggisch denkt ähnlich: "Wir haben wirklich alles für diesen Pokal investiert."
Offensichtlich kostete der ersehnte erste Triumph im elften (!) Anlauf beim Final Four in der Hansestadt die entscheidenden Körner, die sportliche Talfahrt mündete letztlich in die unerwartete 23:24-Heimniederlage gegen die MT Melsungen. Immerhin: Rang zwei und damit die Qualifikation für die Champions League ist definitiv gesichert.




























