Dominik Klein hat im Handball alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Achtmal Deutscher Meister, dreimal Champions-League-Sieger und einmal Weltmeister stehen in der beeindruckenden Vita des Linksaußen.
In wenigen Wochen endet die Laufbahn des 34-Jährigen auf eigenen Wunsch. Zuvor steht mit dem Champions-League-Final4 noch das letzte große Highlight in der Karriere Kleins an. sport.de sprach exklusiv mit dem 187-fachen deutschen Nationalspieler über die letzten großen Ziele mit Nantes, die Entwicklung in der Bundesliga und die Pläne nach der aktiven Karriere.
Herr Klein, am Wochenende steht in Köln mit dem Final4 in der Champions League das absolute Saisonhighlight bevor. Mit dem THW Kiel waren Sie früher Dauergast in der Kölner Lanxess-Arena, haben sogar dreimal den Titel geholt. Wie groß ist die Sehnsucht, diesen großen Wurf zum Karriereende nochmal hinzubekommen?
Dominik Klein: Es war schon ein riesengroßer Wurf, überhaupt mit HBC Nantes ins Final4 zu kommen. Das fühlt sich schon fast wie ein Titel an, muss ich Ihnen ehrlich sagen. Hätte mir vor zwei Jahren jemand gesagt, dass ich mit Nantes ins Final4 einziehe, hätte ich ihn wahrscheinlich für verrückt erklärt. Dass es jetzt zum Karriereende noch einmal geklappt hat, ist wirklich das Größte und ein Traum, der wahr wurde.
Was hat sich in Ihrem Team in der Champions League für eine Dynamik entwickelt, dass Sie so erfolgreich gespielt und namhafte Konkurrenz hinter sich gelassen haben?
Wir haben im letzten Jahr das erste Mal überhaupt in der Vereinsgeschichte Champions League gespielt und uns da zum ersten Mal mit den ganz großen Teams messen können. Das hat sich seit dem super entwickelt. Alleine die Gruppenphase verlief schon sensationell.
In den K.o.-Spielen wurde im Klub der Hashtag #ToMakeHstory aufgesetzt. Wir haben die K.o.-Spiele mit großer Power und Energie angehen können, das Final4 ist als Belohnung dabei herausgesprungen. Alleine das fühlt sich schon sehr titelreif an!
Geben Sie uns mal eine gesunde Selbsteinschätzung: Wie groß ist Ihr eigener Anteil am großen sportlichen Erfolg des HBC Nantes in den letzten zwei Jahren?
Schon bei den ersten Gesprächen in Nantes wurde klar kommuniziert, dass der Verein in die Champions League will. Der Verein hat es dann durchgezogen, in Spieler zu investieren, die entsprechende Erfahrung mitbringen. Das hat sich total ausgezahlt. Mit dem Final4 schenken wir allen Fans und Vereinsvertretern diesen Erfolg. Ihrer Frage bin ich jetzt vielleicht ein bisschen ausgewichen. Handball ist ein Mannschaftssport und genau das hat uns ausgezeichnet. Es ist ein Kompliment für den Verein, dem es gelungen ist, so viele gute Spieler nach Nantes zu bekommen.
Also ist auch der Einzug in das Endspiel am Sonntag möglich?
Wenn man das Final4 sieht, sind wir die Underdogs, die durch eine hohe Ausgeglichenheit im Kader und einen guten Mix aus jungen und erfahrenen Spielern zum Erfolg gekommen sind. Vielleicht gelingt es uns auf diesem Wege auch, für eine Überraschung zu sorgen.
Mit Paris Saint-Germain treffen Sie im Halbfinale auf den sicherlich größten Titelanwärter beim diesjährigen Final4. In der Meisterschaft setzte es in dieser Saison ein Unentschieden und eine Niederlage. Warum wird es jetzt beim dritten Aufeinandertreffen klappen?
Wir hatten in den letzten zwei Jahren auch in anderen Wettbewerben immer wieder Aufeinandertreffen mit PSG, die wir auch mal für uns entschieden haben. Es kommt wie immer beim Final4 vor allem auf die Tagesform an. Die Drucksituation liegt bei PSG, die natürlich als Favorit starten. Auf der anderen Seite werden wir mit unserer Unbekümmertheit, die wir die ganze Saison schon an den Tag legen, das Spiel angehen.
Was müssen Sie denn genau auf die Platte bringen, um Paris zu schlagen?
In so einem Spiel zählt wirklich jede Aufmerksamkeit, jede Abwehraktion und jeder gute Angriff. In den Reihen von Paris kann jeder Spieler den Unterschied ausmachen. Die individuelle Stärke, die bei denen herrscht, ist absolute Weltklasse. Da als Einheit gegenzuhalten und zusammenzustehen, kann ein Schlüssel sein, um das Ganze offen zu halten.
Aus deutscher Sicht interessiert natürlich das Duell mit Uwe Gensheimer, der bei Paris die Linksaußen-Position bekleidet. Ist es etwas Besonderes für Sie, in so einem großen Spiel noch einmal auf ihren alten Nationalmannschaftskollegen zu treffen?
Wir hatten das in den letzten zwei Jahren ja schon ein paar Mal, kennen diese Situation also. Rund um das Spiel sind wir beide nicht die Typen, die vorher groß aufeinander zugehen. Wir genießen es beide, nochmal in Deutschland dieses Event zu erleben.
Im zweiten Duell stehen sich in Köln Vardar Skopje und mit Montpellier ein weiteres Team aus Frankreich gegenüber. Wie sehen Sie in dieser Begegnung die Chancen verteilt?
Sie müssen nur mal sehen, wie Montpellier das in dieser Saison durchzieht. Sie sind nicht nur in der Champions League erfolgreich, sondern führen in Frankreich auch die Liga an. Auch bei Montpellier ist die Mannschaft der Star. Die Ausgeglichenheit und die Dynamik, mit der Montpellier aufgespielt hat, war beeindruckend. Gegen Skopje wird es ein absolutes 50:50-Spiel.
Drei von vier Final4-Teilnehmern kommen in diesem Jahr aus Frankreich. Was war der große Entwicklungsschritt in den letzten Jahren, der die französische Liga so stark gemacht hat?
Das ist in meinen Augen eine Momentaufnahme! Ich würde trotzdem den Slogan "Die stärkste Liga der Welt" weiter in Deutschland behalten wollen, weil da das Gesamtpaket einfach passt, was Organisation, Professionalität und sportliches Niveau anbelangt. Klar ist aber, dass die Förderung durch die Regionen und den Staat in Frankreich eine ganz andere ist. Die jungen Talente in Frankreich können viel schneller in den Ligaalltag integriert werden. Gleichzeit gibt es eine Reduzierung der Liga auf 14 Mannschaften. In der LNH müssen eben nur 26 Spiele im Jahr untergebracht werden und nicht 34 wie in Deutschland. Daraus entwickelt sich ein Spielplan, der zum Beispiel vorsieht, zwischen den beiden Viertelfinalspielen in der Champions League kein Ligaspiel mehr zu haben.
Ihre alte, große Liebe THW Kiel spielt in der HBL die schlechteste Saison seit Jahren. Aus Ihrem Blickwinkel: Was ist los beim THW, gerade beim Blick auf die Niederlagen in den entscheidenden Spielen?
Ich glaube, der THW ist nie richtig in die Saison reingekommen. Das hatte natürlich mit den Unruhen zu tun, die es im Umfeld gab, aber auch mit einigen verletzten Spielern, die Kiel mit durchziehen musste. Ich sehe aber schon, dass der positive Weg in Zukunft wieder gefunden und fortgeführt wird. Auch im Hinblick auf die Personalien Viktor Szilagy (als Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.) und Filip Jicha (als Co-Trainer, Anm. d. Red.), die wichtige Rollen übernehmen. Wir waren in Kiel immer deshalb sehr erfolgreich, weil es im Umfeld keine Unruheherde gab uns sich alle auf das Wesentliche konzentrieren konnten. Das gilt es jetzt wiederherzustellen und den Spielern dieses THW-Gen einzupflanzen. Ich drücke dem ganzen THW weiterhin die Daumen, dass das künftig wieder gelingt.

Im Sommer werden Sie Ihre Karriere auf eigenen Wunsch hin beenden. Wie präsent ist die Zeit nach Ihrem letzten Spiel jetzt schon? Mittlerweile sind es nur noch wenige Wochen.
Es ist noch immer eine absolute Entschlossenheit und Vorfreude auf alles da, was nach der aktiven Karriere kommt. Ich freue mich unfassbar, dass ich in Köln noch einmal bei so einem Highlight dabei sein darf. Meine Freunde und Familie werden auch in der Halle sein. Alles, was danach kommt, ist tatsächlich noch in weiter Ferne. Es ist von meiner Seite aber die pure Vorfreude!
Was sind Ihre konkreten Pläne nach der aktiven Laufbahn?
Zuerst einmal gilt es, das Erlebte der letzten Jahre Revue passieren zu lassen. Konkrete Pläne für danach gibt es noch nicht, ich kann mir vieles vorstellen. Ich glaube, dass ich diese Ausbildungszeit der letzten 15 Jahre Profihandball nutzen kann und werde. Diese Erfahrungen könnte ich sowohl im wirtschaftlichen als auch im sportlichen Bereich weitergeben. Ich habe in dieser Zeit die besten Trainer und Spieler der Welt kennenlernen dürfen und von ihnen sehr viel gelernt. Das wird mit Sicherheit für eine Trainerlizenz sorgen. Allerdings gibt es noch keinen konkreten Plan, ich lasse das alles auf mich zukommen. Die Zeit mit der Familie wird erst einmal die Wichtigste werden.
Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth