Der SC DHfK Leipzig ist die Überraschungsmannschaft in der bisherigen Bundesliga-Saison. Die Sachsen sind Tabellenfünfter, stehen am Mittwochabend vor dem Verfolgerduell bei den Füchsen Berlin (ab 20:15 Uhr im sport.de-Liveticker).
sport.de sprach exklusiv mit dem Architekten des Leipziger Handball-Märchens, Cheftrainer Christian Prokop, über die Siegesserie seins Teams, die Pläne für die nächsten Jahre und den siebten Feldspieler.
Herr Prokop, Sie haben mit zuletzt vier Siegen nacheinander eine herausragende Serie mit Ihrer Mannschaft hingelegt. Wie fühlt es sich an, derzeit erster Verfolger der "Großen Vier" Flensburg, Mannheim, Kiel und Berlin zu sein?
Es ist ein tolles Gefühl, zu sehen, wie gut wir uns bis hierher entwickelt haben und in jedem Spiel erstligareif aufgetreten sind. Wir konnten uns bereits 13 Pluspunkte erarbeiten, das ist für uns eine fantastische Ausbeute. Zudem haben wir es geschafft, im Pokal ins Viertelfinale einzuziehen. Natürlich ist diese Momentaufnahme sehr schön.
Sie haben schon fünfmal in dieser Spielzeit nur 22 oder weniger Gegentore bekommen. Liegt der starke Auftrieb des SC DHfK Leipzig also vor allem an den tollen Defensivleistungen?
Mit Sicherheit ist die Abwehr- und Torhüterarbeit der Hauptgrund für unseren derzeitigen Erfolg. Wir spielen aber auch insgesamt einen modernen Handball, der dem Publikum Freude machen soll. Hinten agiert eine bewegliche, aggressive Abwehr, die intelligent zusammenarbeitet. Dann setzen wir auf schnelles Umschaltspiel und Direktpässe zum Tor. Und im Angriff spielen wir seit Einführung der neuen Regeln noch disziplinierter, dabei aber taktisch variabel mit hoher Passgeschwindigkeit.
Dazu haben Sie in den letzten Wochen beispielsweise gegen Lemgo, Gummersbach oder Stuttgart sehr konstant gespielt. Wie blicken Sie nun den nächsten Aufgaben entgegen, die es mit Berlin, Kiel und Flensburg im November wirklich in sich haben?
Entscheidend ist, dass wir uns immer voll auf den nächsten Gegner konzentrieren. Ich trainiere eine sehr ehrgeizige, fokussierte Mannschaft, die nicht am Ende ihrer Entwicklung ist. Wir arbeiten daran, uns durch eine intensive Trainingsqualität weiter zu steigern. Wir werden dann sehen, wie konkurrenzfähig wir im November sind.
Wo sehen Sie zum derzeitigen Zeitpunkt noch das größte Verbesserungspotenzial in Ihrem Team?
Mit Sicherheit haben wir im Angriffsspiel was die Variabilität, eine breitere Spielanlage und die Effizienz aus dem Rückraum angeht noch Luft nach oben. Es ist aber schon ein schnelleres und dynamischeres Spiel Miteinander in der Angriffsentwicklung zu sehen. Unser Überzahlspiel und die Erfolgsquote im eigenen Tempospiel müssen aber noch verbessert werden.

Ich bin natürlich sehr froh, dass wir so gut aus den Startlöchern gekommen sind und unser Publikum begeistern konnten. Ich will mir gar nicht vorstellen, was bei einem schlechten Start, bei der gleichzeitigen Euphorie für RB Leipzig im Fußball, sonst passiert wäre. Wir bekommen unsere Arena gut gefüllt. Das wird immer besser, was mit der Art und Weise unserer Auftritte und mit der besseren Jahreszeit für Handball zu tun hat. Aber auch in Sachen Sponsorenverträge und Presseaufmerksamkeit wollen wir weiter eine Steigerung erfahren.
Es passt also derzeit zusammen, Sie selbst haben auch Ihren Vertrag in Leipzig jüngst bis 2021 verlängert. Was haben Sie mittelfristig noch vor mit Ihrem Team?
Mittelfristig haben wir dieses Ziel, den Traum eines internationalen Startplatzes zu realisieren. Das geht aber nur, wenn die Optimalplanung auch umgesetzt werden kann. Sollten Rückschläge wie beispielsweise ein Abstieg dazwischen kommen, muss man eher von langfristigen Zielen sprechen. Deshalb ist es in dieser Saison immens wichtig, dass wir uns etablieren und Schritt für Schritt weiter verbessern.
Was werden in diesem Entwicklungsprozess die wichtigsten Bausteine sein?
Wir setzen weiter auf eine große Entwicklungsfähigkeit der Mannschaft. Vor Saisonbeginn gab es einen zentraleren Umbruch, den wird es nächste Saison nicht geben. Natürlich gibt es aber auch einen Zusammenhang zwischen den sportlichen Zielen und der jeweiligen Etatgröße. Wir haben eine Supersaison hinter uns, die wir gerne wiederholen oder gar toppen wollen. Unsere emotionale Spielweise begeistert die Leute, deshalb bin ich guter Dinge, dass wir in Zukunft auch weitere Geldgeber gewinnen können.
Mit aktuell 13:5 Punkten: Welchen Tabellenplatz haben Sie mit Ihrer Mannschaft für die laufende Saison angepeilt?
Sie haben die schweren Aufgaben selbst angesprochen, die im November auf uns warten. Es kann nach diesem Monat also auch schon wieder ganz anders sein. Entscheidend ist für uns, dass wir den Klassenerhalt so schnell wie möglich realisieren können und versuchen, die Sensationssaison aus dem letzten Jahr mit 30 Punkten zu bestätigen. Das erneut zu schaffen, wäre eine fantastische Leistung.
Sie haben in dieser Saison schon mehrfach die Neuregelung des siebten Feldspielers angewandt, der als Torwartersatz nicht mehr markiert werden muss. Wie ist Ihre Haltung grundsätzlich zu dieser Streitfrage im Handball?
Für mich als Trainer bietet die neue Regel weitere taktische Möglichkeiten, um der Mannschaft zu helfen, erfolgreichere Angriffe zu spielen. Ich mag ein variables Angriffsspiel, was nicht leicht lesbar und ausrechenbar ist. Also verstehen wir den siebten Feldspieler als zusätzliche Variabilität.
Es hat aber auch schon Beispiele gegeben, wo es überhaupt nicht funktioniert hat und das gegnerische Team zu einer Vielzahl an einfachen Treffern in das leere Tor gekommen ist...
Wenn man sich Spiele anschaut, wo zehnmal und mehr der Torhüter einen 40 Meter Fernwurf auf das leere, gegnerische Tor ausführt, kann sicherlich nicht von einer Attraktivitätssteigerung im Handball die Rede sein. Uns selbst ist es Gott sei Dank so noch nicht widerfahren. Ich finde, es ist eine interessante Sache, die uns einfach hilft, offensivere oder vielleicht auch körperlich stärkere Abwehrreihen punktuell vor Probleme zu stellen.
Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth



























