Beim Final Four in Hamburg kämpfen am Wochenende drei deutsche Teams um die kleine europäische Krone. Im Windschatten von Flensburg und Kiel will die MT Melsungen Historisches vollbringen.
Historischer Titel-Fluch? Vizekusen des Handballs? Die Vergangenheit juckt Timo Kastening herzlich wenig. Ganz im Gegenteil. Dass die MT Melsungen zuletzt immer wieder ganz nah dran war am großen Erfolg, die Trophäen bislang aber nie zu fassen bekam, spornt den Nationalspieler vor dem Final Four in der European League nur noch mehr an.
"Wir wollen hinfahren und das Ding gewinnen", sagte Kastening vor dem Handball-Highlight in Hamburg. Im ersten Halbfinale (15.00 Uhr) trifft Melsungen am Samstag auf den Liga-Rivalen und Titelverteidiger SG Flensburg-Handewitt, danach stehen sich der THW Kiel und Montpellier HB gegenüber (18.00 Uhr).
Ziel aller vier Teams ist das Finale am Sonntag (18.00 Uhr/jeweils Dyn) - wobei Melsungen neben drei früheren Königsklassen-Siegern der einzige Teilnehmer ist, der trotz sechs Final-Four-Teilnahmen (alle im DHB-Pokal) noch nie einen Titel gewinnen konnte. "Das könnte auch als ein Final Four der Champions League durchgehen", so Kastening, "da wirken wir fast wie ein Außenseiter". Wie auch immer, seine "Vorfreude ist riesengroß".
Lichtlein: "Wir haben noch nie einen Titel gewonnen"
Hoffnung macht Kastening und Co. auch das berühmte Beispiel aus dem Fußball. "Bayer Leverkusen war vorher auch noch nie deutscher Meister", erinnerte der MT-Kapitän an die lange Anlaufzeit des Werksklubs, bevor es 2024 plötzlich fluppte. Dass nach der jüngsten Endspiel-Niederlage im DHB-Pokal gegen den THW Kiel hinter vorgehaltener Hand das Wort Vizekusen die Runde machte, nimmt man in Melsungen allenfalls mit einem Lächeln zur Kenntnis.
Selbst wenn es an der Elbe wieder nicht klappen sollte mit dem lang ersehnten Titel, haben sie ja noch eine Chance in der Liga. Als Zweiter liegt die MT vier Spieltage vor dem Saisonende punktgleich mit den Füchsen Berlin an der Spitze und fiebert dem direkten Duell am Donnerstag kommender Woche in der Hauptstadt entgegen. Seit dem Bundesliga-Aufstieg 2005 steht als beste Platzierung Rang vier im Jahr 2016 zu Buche.
"Wir haben noch nie einen Titel gewonnen. Jetzt versuchen wir, Minimum einen Titel zu holen", sagte der mit 44 Jahren reaktivierte Torwart-Oldie Carsten Lichtlein. Kastening erinnerte im Gespräch mit hr-Sport an die "vielen Menschen, die hier seit Jahrzehnten am Werk sind und viel Herzblut in diesen Verein gesteckt haben". Es würde ihm und seinen Kollegen "eine Menge bedeuten, das jetzt mit einem Titel zu krönen. Das wäre genial."
Kastening: Trotz der Verletzten im "Flow"
Der Höhenflug der Nordhessen ist vor allem das Werk von Trainer Roberto Garcia Parrondo.
Der frühere Rechtsaußen steht seit 2021 an der Seitenlinie und sorgt zusammen mit Geschäftsführer Michael Allendorf für eine Kontinuität, die es bei dem von einem Großsponsor fürstlich alimentierten Klub vorher nicht gab. "Wir haben an unserem Plan festgehalten, obwohl es am Anfang schlecht lief. Jetzt sind wir in der Kaderstruktur so gefestigt, dass wir trotz der Verletzten einen Flow aufgebaut haben, den wir bis jetzt aufrechterhalten konnten", sagt Kastening.
Dieser Flow wird beim anstehenden Europacup-Showdown vonnöten sein. Die Mär vom Vizekusen des Handballs soll am Sonntag schließlich endgültig Geschichte sein.