Kicker Lenny Krieg steht bei den Atlanta Falcons unter Vertrag und könnte somit ein echtes Heimspiel in der NFL in Berlin gegen die Indianapolis Colts haben. Was das für ihn bedeutet und wie er generell zum Football kam, verrät er im exklusiven Interview mit sport.de.
Lenny Krieg wurde noch vor dem NFL Draft 2025 aus dem International Pathway Program heraus von den Atlanta Falcons unter Vertrag genommen, nachdem er beim Combine und beim Pro Day ohne einen einzigen Fehlschuss auskam. Doch war er davor gar nicht nervös?
Ferner sprach Krieg mit sport.de-Redakteur Marcus Blumberg über seine sportlichen Chancen trotz namhafter Konkurrenz, das Kickoff-Format in der NFL und sein längstes Field Goal in seiner noch jungen Karriere.
NFL: Falcons-Kicker Lenny Krieg im Interview
Herr Krieg, Sie haben ja früher Fußball gespielt. Was hat Sie dann dazu gebracht, zum Football zu wechseln?
Lenny Krieg: Also in erster Linie habe ich mit dem Fußball aufgehört, ohne zu wissen, was ich danach für einen Sport betreiben will. Das war, als Corona noch sehr präsent war und es kein Training und keine Spiele gab. Und durch meinen Bruder, der davor schon Footballcoach war, habe ich schon einen gewissen Bezug zum Football gehabt, aber mehr so als Zuschauer. Er war dann derjenige, der mich mal zum Training gebracht und gesagt hat: "Probiere doch mal diese und jene Position aus." Doch ich meinte dann: "Nee, ich will das meinem Körper nicht alles antun." Dann sind wir darauf gekommen, dass ich mal versuchen sollte zu kicken. Das hat mir von Anfang an so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin.
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Was ist denn rein von der Technik her betrachtet der größte Unterschied beim Kicken eines Fußballs und Footballs?
Krieg: Es ist relativ banal: die Form des Balles, die den großen Unterschied ausmacht, wie man kickt. Hinzu kommt, dass man im Fußball oft einen ruhenden Ball hat und ihn auch mal aus dem Lauf heraus schießt. Im Football dagegen hat man eigentlich immer die gleiche Operation mit Snap, Hold und Kick, sodass man immer auch auf das Timing von anderen angewiesen ist. Du musst mit deinem Holder und deinem Long Snapper in einen Rhythmus kommen. Abgesehen davon hat man als Fußballer glaube ich schon eine gute Veranlagung, da jetzt nicht komplett schlecht auszusehen. Der Ball muss idealerweise immer gleich fliegen, während man im Fußball ganz verschiedene Wege hat zum Schießen, abhängig davon, was man vorhat und wie weit man vom Tor entfernt ist. Der größte Unterschied ist also wirklich, wie man mit so einem Ei ein gutes Ergebnis erzielt.
Stichwort: Gute Anlagen. Fußballstar Harry Kane vom FC Bayern will ja auch mal irgendwann Kicker im Football werden. Können Sie ihm dafür irgendwelche Tipps geben?
Krieg: Ich müsste ihn dafür kicken sehen, aber einfach ganz viel Übung würde helfen. Übung macht den Meister. Ich sage mal, keiner wird als perfekter Spieler auf irgendeiner Position geboren. Er muss einfach nur sehr viel trainieren und dann wird das schon, glaube ich.
Haben Sie denn ein Vorbild in der NFL oder generell im Football?
Krieg: Ich habe kein Vorbild in der NFL oder generell kein wirkliches Sportvorbild. Mein Vorbild sind meine Eltern, die mich sehr inspirieren. In der Sportwelt habe ich viele Leute, die ich sehr mag. In der NFL sind es zum Beispiel Kicker, die früher gespielt haben. Oder im Fußball habe ich so ein paar Spieler, bei denen ich es genieße, denen einfach zuzusehen. Aber ein wirkliches Vorbild habe ich eigentlich nicht.
Berlin? Es wäre eine große Ehre
Sie haben jetzt die Chance, direkt in Ihrer Rookie-Saison ein echtes Heimspiel in Berlin zu bekommen. Was würde es Ihnen denn bedeuten, als Berliner im Olympiastadion gegen die Colts zu spielen?
Krieg: Es wäre eine große Ehre, weil es natürlich auch ein NFL-Spiel ist. Ob das jetzt in Berlin ist oder wo auch immer. Das ist natürlich immer was Besonderes, denke ich. Dass die NFL nach Berlin kommt, ist großartig. Berlin hat eine sehr große Footballkultur und eine große Footballvergangenheit. Ich denke, dass die NFL einfach einen sehr guten Job darin macht, den Sport und die Spiele zu globalisieren und an Leute zu bringen, die vielleicht nicht in den USA ins Stadion gehen können, aber dafür in ihrem Land, also in Deutschland oder jetzt eben auch in Spanien, das ist einfach was tolles. Ich denke, der Sport hat es verdient, globalisiert zu werden. Die NFL macht genau das Richtige, um den Sport an mehr Leute zu bringen, die ihn schon lange verfolgen.
Wie schätzen Sie denn Ihre Chancen ein, tatsächlich den Platz im Kader bei den Falcons zu bekommen? Mit Younghoe Koo haben Sie ja einen durchaus namhaften Konkurrenten im Team.
Krieg: Das kann man schwer sagen. Ich bin hier, um hart zu trainieren und zu zeigen, was ich kann. Ich denke, dafür ist jeder andere in diesem Team auch da. Was der Trainer am Ende entscheidet, liegt aber nicht in meiner Kraft. Entsprechend kann ich da keine wirkliche Aussage zu treffen.
Verständlich! Aber kommen wir mal zum Spiel an sich. Wenn Sie denn den Sprung ins Team schaffen würden, dann müssten Sie ja auch mit dem neuen Kickoff-Format arbeiten. Wie schätzen Sie dieses ein und ist es eine größere Herausforderung für Kicker als das herkömmliche Format?
Krieg: Dadurch, dass ich dieses neue Format ja schon seit zwei Jahren aus der ELF kenne, ist das eigentlich so für mich das natürliche Format. Ich habe jetzt schon länger mit dem aktuellen Format gespielt als dem aus dem College, also dem herkömmlichen der NFL. Es ist aber trotzdem schon eine Umstellung für einen Kicker, plötzlich alleine dahinten zu stehen und das ganze Kickoff-Team vor einem zu haben. Aber ich finde es eigentlich ganz cool so, deshalb wird das relativ entspannt für mich sein.
NFL: Das war Kriegs längster Kick
Was war denn Ihr bislang längstes Field Goal im Spiel und auch im Training?
Krieg: Im Spiel waren es 53 Yards. Und im Training sogar mal 70.
Letzteres wäre ein NFL-Rekord. Ich bin gespannt. Beim Combine haben Sie alle ihrer Kicks versenkt. Sind Sie immer so cool oder waren Sie vorher doch aufgeregt?
Krieg: Ich war vorher schon ein bisschen positiv aufgeregt, einfach weil das ja eine lebensverändernde Chance war. Aber ich muss sagen, dass ich generell sehr stabil bin, was meine Gemütslage angeht. Ich lasse mir wenig anmerken, egal ob es nun gut oder schlecht läuft. Es geht immer darum, den nächsten Kick so gut es geht zu machen. Ob es nun ein perfekter Kick aus 60 Yards war oder ein Fehlschuss aus 30 Yards sollte möglichst keinen Einfluss nehmen auf das nächste Geschehen.
Zum Abschluss habe ich noch ein aktuelles Thema: Die Teameigner der NFL haben dafür gestimmt, aktive Spieler an den Olympischen Spielen in Los Angeles 2028 beim Flag Football teilnehmen zu lassen. Wie bewerten Sie das und würden Sie selbst gerne teilnehmen für Deutschland?
Krieg: Ich denke, dass Flag Football bei den Olympischen Spielen was Cooles wäre, eine Erfrischung für den Zuschauer und für Footballfans. Das bringt bestimmt viele begeisterte Footballfans in die jeweiligen Städte. Ob das für mich was wäre? Ich weiß nicht, wie sehr ein Kicker gebraucht wird im Flag Football. Ich denke, andere Positionen sind nicht so ganz meine Stärke. Aber ich denke, es wäre was cooles für die Footballwelt. Ob das Olympische Komitee das genauso sieht, kann ich jetzt schwer beurteilen (lacht). Aber cool wäre es wohl auf jeden Fall.
