Chaotische Tage bei Formel-1-Rennstall Alpine. Einen Tag nach dem Abschied von Teamchef Oliver Oakes hat dessen Nachfolger Flavio Briatore - zuvor Berater des Rennstalls - eine Fahrer-Rochade vorgenommen. RTL-Reporter und Formel-1-Experte Felix Görner ordnet die Entscheidung für sport.de ein.
Mit der Entscheidung, Franco Colapinto in den kommenden fünf Rennen das Cockpit von Jack Doohan zu überlassen, folgt Flavio Briatore wieder einmal seinem Ruf als Knallhart-Manager. Die Zündschnur ist bei ihm extrem kurz, die Nervosität im Alpine-, und damit auch im Renault-Konzern, extrem groß.
Denn: Man ist Vorletzter in der Konstrukteurstabelle. Zudem soll Briatore eigentlich einen Plan B entwickeln, wie man dieses Team bestmöglich an Investoren verkaufen kann. Diesem hinkt man stark hinterher. Unter diesem Aspekt muss man die Entscheidung gegen Doohan und für Colapinto verstehen.
Alpine hat im Grunde dasselbe Problem wie Red Bull: Es ist ein Ein-Mann-Team.
Im Klartext heißt das: Doohans Formel-1-Karriere ist beendet
Der zweite Fahrer ist deutlich schwächer, holt keine Punkte. Somit ist er angreifbar und ein leichtes Opfer auf dem Fahrermarkt. Das ist Doohan nun passiert - und da hat ihm auch nicht geholfen, dass Briatore sein eigener Manager ist. Doohan ist zu schlecht als Rookie in die Saison gestartet und konnte sich praktisch nicht entwickeln, sodass Briatore seinen eigenen Schützling feuern musste.
Im Klartext heißt das: Doohans Formel-1-Karriere ist beendet.
Flavio Briatore wollte das in der offiziellen Mitteilung so deutlich noch nicht sagen, auch um ihn zu schützen und ihn nicht total zu demotivieren. Aber natürlich ist dieser Fünf-Rennen-Vertrag für Colapinto zugleich das Aus für Doohan in der Formel 1. Wenn man so als Rookie in die Formel 1 startet, hat man keine Argumente mehr.
Colapinto steht nun unter riesigem Druck
Colapinto hat bei Williams gezeigt, dass er Potenzial hat. Doch auch er steht jetzt unter einem riesigen Druck. Er muss in den fünf Rennen nun zeigen, dass Briatores Entscheidung richtig war.
Nicht zuletzt unterstreicht der Wechsel die enorme Nervosität in der Formel 1. Dass man Punkte holen muss. Dass man, gerade wenn man am Tabellenende steht und wenn es um viele Millionen Dollar geht, zwei funktionsfähige Fahrer haben muss. Das beste Beispiel wäre McLaren, aber das ist eine völlig andere Welt. Der Alltag in der Formel 1 sieht anders aus.

Als Vorletzter hinkt Alpine seinen eigenen Ansprüchen meilenweit hinterher. Insofern ist es ein Flavio Briatore, wie man ihn immer schon kannte. Dem fiel nicht nur Jack Doohan, sondern auch Teamchef Oliver Oakes zum Opfer.
Der Druck von Renault auf Briatore, endlich für Ergebnisse zu sorgen, war in den letzten Monaten immer größer geworden. Nun muss er die Aufgaben in Personalunion erledigen: Vom Schreibtisch an die Boxenmauer - und das mit seinen immerhin 75 Jahren. Das wird ein interessantes Experiment, es ist der letzte Strohhalm, dem man dem Alpine-Projekt in diesem Jahr noch gibt.
Klar ist: Colapinto muss jetzt liefern, sonst ist auch er in der Formel 1 verbrannt. Klar ist auch, wie schwer die Situation für Rookies in der Königsklasse ist - wenn man nicht ein Supertalent wie Oscar Piastri oder Kimi Antonelli ist. Man hat keine Zeit, muss sofort funktionieren und auf dem Niveau eines Stammpiloten fahren.
Alpine ist ein Pulverfass, das jetzt an der ein oder anderen Stelle hochgegangen ist. Das dürfte aber noch nicht das Ende gewesen sein, da wird noch einiges kommen.