Niko Kovac sieht in der Krise von Borussia Dortmund eine Chance. Personell will der BVB-Trainer trotz des jüngsten Offenbarungseids aber kaum rotieren.
"Es ist keine einfache Situation. Aber es ist eine Möglichkeit, zusammenzuwachsen und da gestärkt rauszukommen. Man muss den Kopf mitnehmen, ihn mit positiven Gedanken füllen", sagte der Trainer vor dem Playoff-Rückspiel in der Champions League gegen Sporting CP am Mittwoch (18.45 Uhr/DAZN) auf der Pressekonferenz.
Das Hinspiel hat der BVB überzeugend 3:0 gewonnen, dennoch glaubt Kovac nicht an eine Entscheidung. "Ich bin Fußballtrainer. Das war nicht das Ende dieser Runde, sondern die erste Halbzeit. Wir rechnen nicht, wir rotieren nicht, sondern gehen mit 100 Prozent rein", sagte er. Nationalspieler Pascal Groß warnte: "Man hat in der Champions League schon größere Comebacks gesehen."
Kovac forderte zudem mehr Konzentration und Genauigkeit. "Wir machen nicht viele Fehler, aber die sind immens", betonte er. "Aber wenn wir als Trainerteam jetzt auch noch draufhauen, bringt das nichts."
Wieder in den Kader rücken Linksverteidiger Ramy Bensebaini und Mittelfeldspieler Carney Chukwuemeka. Optionen für die Startelf seien sie aber noch nicht, so Niko Kovac.
Die Aussagen von der Pressekonferenz zum Nachlesen:
+++ Gab es Selbstkritik nach der Bochum-Pleite? +++
Groß: "Man muss sehr selbstkritisch damit umgehen, wenn man 0:2 in Bochum verliert. Man sieht aber auch, dass Fußball ein schmaler Grat ist. In Lissabon kamen die Tore auch erst in der zweiten Halbzeit. Wir dürfen nicht so schnell in Rückstand kommen, sondern müssen selbst in Führung gehen. Das gibt Selbstvertrauen. Aber wir sind nicht zufrieden und wissen, dass es nicht gut ist."
Kovac: "Wir arbeiten immer alle Spiele auf. Es geht immer um sachlich-kritische Analysen. Es geht nicht nur ums Negative. Wir wollen schon mehr von dem zeigen, was wir gut gemacht haben. Wir haben nicht die nötige Zeit auf dem Trainingsplatz. Deswegen ist es immer sehr konstruktiv."
+++ Leiden Sie unter den verschiedenen Rollen? +++
Groß: "Grundsätzlich glaube ich, dass eine gewisse Konstanz hilft, weil man dadurch Automatismen bekommt. Es hilft, weil man wenig Zeit hat. Ich bin aber auch ein Spieler, der sich in den Dienst der Mannschaft stellt. Wir hatten viele Verletzte. Ich würde mich auch immer wieder in den Dienst der Mannschaft stellen. Es sind aber immer andere Dinge gefragt, wenn man hinten rechts oder als Sechser spielt."
+++ Wie schwer ist die Vorbereitung auf den Gegner? +++
Kovac: "Wenn Stammspieler fehlen, ist das nicht positiv. Aber sie haben einen großen Kader. Die Ersatzspieler werden zeigen wollen, dass der Trainer auf sie zählen kann. Sie sind frisch und motiviert. Das bedeutet, dass wir nicht zurückstecken dürfen und an unsere Stärken glauben müssen."
+++ Champions League als Rettungsanker? +++
Groß: "Ja, das ist ein wichtiger Teil. Unsere Bundesliga-Saison ist sehr schlecht, so ehrlich muss man sein. In der Champions League hatten wir eine gute Ligaphase und ein gutes Hinspiel. Es ist ein wichtiges Spiel morgen. Wir haben im Tagesgeschäft unsere Probleme."
+++ Verletzungen bei Sporting ein Vorteil? +++
Kovac: "Wir haben gesehen, dass zwei Spieler verletzt sind. Der Trainer wird genau wissen, wen er bringt. Das wird eine große Möglichkeit für jene Spieler sein. Darauf müssen wir achten. Es steht zwar 3:0, aber es ist nur Halbzeit. Darauf sind wir sehr fokussiert."
+++ Wie wichtig ist Guirassy für den BVB? +++
Kovac: "Serhou ist sicher ein sehr wichtiger Spieler und Zielspieler. Er trifft nicht nur in der Champions League. Wir brauchen ihn. Unser Problem zurzeit ist, dass er jedes Spiel über 90 Minuten spielen muss. Das kostet sehr viel Energie. Ich bin zufrieden mit seiner Leistung, aber natürlich kann er noch häufiger treffen. Nach dem letzten Spiel meinte er zu mir, er hätte zwei Tore machen müssen. Ich habe gesagt: Nein, es hätten drei sein müssen."
+++ Warum macht der BVB so viele Fehler? +++
Kovac: "Allein in den zwei Bundesliga-Spielen läuft der Gegner dreimal alleine auf unser Tor zu. Das sind haarsträubende Fehler. Das macht keine absichtlich, aber wir müssen versuchen, das zu minimieren. Unsere Spieler haben eine hohe Qualität. Der Faktor ist ein mentaler, körperlich ist die Mannschaft nämlich in der Lage, hohes Tempo zu gehen. Es geht darum, das aufzuweichen. Es geht nur über gute Trainingseinheiten und Erfolgserlebnisse."
+++ Wie weit ist Felix Nmecha? +++
Kovac: "Schade, dass Felix verletzt ist. Das wird auch eine Zeit dauern. Ich rechne nicht damit, dass er im Februar wieder dabei ist. Ich rechne mit Mitte, Ende März. Er kann alle Positionen im Mittelfeld spielen und wenn er fit ist, wird er sicher eine gute Rolle spielen."
+++ Warum wechseln Sie wenig durch? +++
Kovac: "Ich verstehe Ihren Ansatz, aber als Trainer muss man versuchen, den Spielern das Selbstvertrauen zu geben. Das holt man sich im Training und durch gute Spiele. Aber es geht auch darum, dass der Spieler das Vertrauen spürt. In den drei Spielen haben wir wenig gewechselt. Bensebaini war verletzt, Ryerson war gesperrt. Ich will nicht sagen, dass wir eine erste Mannschaft haben, aber es braucht Automatismen. Die Spieler müssen sehen, dass es trotz der zwei Niederlagen gute Sachen gibt, das haben wir bei Sporting gesehen. Es geht darum, die wenigen Fehler, die wir haben, so groß werden zu lassen. Unsere Fehler sind derzeit so immens, dass sie uns um den verdienten Lohn bringen."
+++ Warum war kein BVB-Spieler in der Mixed Zone? +++
Kovac: "Ich glaube, dass zwei Spieler - Gregor und Nico - waren bei den Kollegen des Fernsehens. Dort haben sie vier Interviews gegeben, soweit ich weiß. Was sicherlich nicht gut gelaufen ist, dass keiner bei der schreibenden Zunft war. Das war nicht gut. Aber da werden wir in Zukunft dafür sorgen, dass das passiert. Da bitte ich um Nachsicht. In Zukunft werden unsere Spieler euren Fragen stellen."
+++ Bensebaini und Chukwuemeka Kandidaten für die Startelf? +++
Kovac: "Zunächst einmal sind wir froh, dass sie im Mannschaftstraining dabei waren. Es ist aber zu früh, dass sie morgen in die Startelf rücken. Sie können Minuten bekommen, das ist der Plan. Der Blick geht aber sonst eher auf die nächsten Spiele."
+++ Machen die BVB-Stars auch abseits des Platzes was zusammen? +++
Groß: "Wir haben auch außerhalb des Platzes Sachen zusammen gemacht. Das Wichtige ist aber, dass man sich Selbstvertrauen im Training holt und Verbindungen mit seinen Mitspielern aufbaut."
+++ Erinnern Sie sich an ähnliche Situationen? +++
Kovac: "Es gibt nicht viele Spieler, die von sich behaupten können, dass sie nur nach oben gelaufen sind. Auch bei mir war es so, ich hatte auch Tiefen. Das Wichtigste im Fußball ist, dass man nach Niederlagen wieder aufstehen muss. Das ist die Besonderheit. Was wir jetzt brauchen, ist Zusammenhalt. Den sehe ich bei den Spielern und dem Staff. Es ist keine einfache Situation, aber es gibt uns auch die Möglichkeit zusammenzuwachsen. Man muss den Kopf mitnehmen, das ist ein entscheidender Faktor."
+++ Ist das Spiel schon entschieden? +++
Kovac: "Ich bin ein Fußballtrainer, das war erst die erste Runde. Ich erwarte ein schwieriges Spiel, Berechnungen werden wir nicht anstellen. Wir werden nicht zu viel wechseln."
Groß: "Wir sollten das Spiel so angehen, als stünde es 0:0. So gehen wir morgen in das Spiel."
+++ Die Pressekonferenz der Borussia beginnt +++
Niko Kovac und Pascal Groß haben Platz genommen, los geht's!
+++ Diesem BVB ist alles zuzutrauen +++
Der 3:0-Sieg im Hinspiel in Lissabon hat für klare Verhältnisse gesorgt - eigentlich. Denn diesem BVB ist in der laufenden Saison alles zuzutrauen. Vor allem, wenn die wacklige Abwehr der Borussia früh in Rückstand geraten sollte, dürfte der Kampf ums Champions-League-Achtelfinale noch einmal gehörig an Spannung aufnehmen. Einen 3:0-Vorsprung noch zu verspielen, wäre wohl ein historischer Kollaps.
+++ Welche Konsequenzen zieht Kovac aus der Bochum-Blamage? +++
Niko Kovac hat in seinen bislang drei Spielen als Cheftrainer des BVB stets auf arrivierte Kräfte gesetzt, personelle Experimente wollte der Nachfolger von Nuri Sahin nicht eingehen. Allein aufgrund von Verletzungen und Sperren baute er das 4-2-3-1-System der Schwarz-Gelben bislang um. Gut möglich aber, dass sich der 53-Jährige nach der Blamage in Bochum zum Durchgreifen gezwungen sieht.
Vor allem Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer muss um seinen Platz fürchten, im Revierderby war er nach schwacher Leistung schon zur Halbzeit ausgewechselt worden. Auch der in Bochum als Rechtsverteidiger in die Startelf gerückte Niklas Süle dürfte auf die Bank rücken, Stammkraft Julian Ryerson war in der Bundesliga gesperrt.
Und muss womöglich auch Pascal Groß auf die Bank weichen? Im Hinspiel gegen Sporting hatte er seinen ersten Treffer für den BVB überhaupt erzielt, in Bochum war der deutsche Nationalspieler dann wieder unsichtbar.
Mehr dazu:
+++ BVB empfängt Sporting CP +++
Nach wackliger erster und nach einer klaren Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit hat Borussia Dortmund das Playoff-Hinspiel gegen den portugiesischen Tabellenführer Sporting CP klar mit 3:0 (0:0) für sich entschieden. Doch wenige Tage später folgte beim VfL Bochum der nächste Tiefpunkt einer so enttäuschenden Saison, als ein ideenlos auftretender BVB mit 0:2 verlor. Wie geht die Achterbahnfahrt der Schwarz-Gelben weiter?