Bei der Handball-WM blieb der deutschen Nationalmannschaft in der entscheidenden Turnierphase nur die unliebsame Zuschauerrolle. Nach dem denkbar knappen 30:31 nach Verlängerung im Viertelfinale gegen Portugal war der Traum geplatzt, ein halbes Jahr nach der Olympia-Silbermedaille erneut in ein großes Endspiel einzuziehen. In seiner WM-Analyse ging der langjährige DHB-Funktionär Bob Hanning mit der deutschen Mannschaft hart ins Gericht - allen voran mit Bundestrainer Alfred Gislason.
Hanning haderte mit den einzelnen Leistungen der deutschen Auswahl der Weltmeisterschaft. Angefangen in der Gruppenphase bis zum bitteren Ausscheiden gegen Portugal.
"Gegen Portugal habe ich bei vielen unserer Spieler mehr Angst vor dem Verlieren gespürt als Lust aufs Gewinnen", erkannte Hanning in seiner "Bild"-Kolumne ein großes Defizit in Sachen Mentalität beim DHB-Team.
In taktischer und personeller Hinsicht sah der neue Nationaltrainer Italiens vor allem die Fehler im Verantwortungsbereich von Coach Alfred Gislason.
"Es mussten immer wieder Spieler ran, die entweder seltsam überspielt wirkten oder ganz offensichtlich überfordert waren. Es wird höchste Zeit, dass wir die Breite unseres Kaders zu einem Vorteil machen", war der indirekte Vorwurf an den Bundestrainer nicht zu überlesen, falsch beziehungsweise zu wenig in den einzelnen Spielen gewechselt zu haben.
"Soweit ich denken kann, war in Deutschland noch nie so viel Talent vorhanden – Talent, das wir jetzt bloß nicht verschenken dürfen. Noch mal Mutlos-Weltmeister werden dürfen wir uns nicht erlauben", fordert Bob Hanning nun, die richtigen Schlüsse aus dem enttäuschenden WM-Abschneiden zu ziehen.
WM-Titel 2027 laut Hanning weiterhin möglich
Besonders ärgerte den Aufstiegstrainer des 1. VfL Potsdam die Tatsache, dass die deutschen Handballer in sämtlichen WM-Partien Startschwierigkeiten hatten. Auch hier nahm der 56-Jährige in erster Linie die sportliche Führung in die Verantwortung: "Es war bei (fast) jedem deutschen WM-Auftritt das Gleiche: Wir lagen schnell hinten und benötigten eine viel zu lange Warmlaufzeit. Planlos und ideenlos wirkte unser Spiel, es fehlte an klaren Strukturen und einstudierten Abläufen", stellte Hanning fest.
"Einen Matchplan, wie man neudeutsch so schön sagt, habe ich selten erkennen können. Vorgaben, an denen sich (junge) Spieler aufrichten können, vor allem wenn es mal nicht so läuft", schrieb der neue Italien-Coach in seinem "Bild"-Gastbeitrag.
Der WM-Titel beim Heimturnier in zwei Jahren sei zwar weiterhin möglich. "Doch dafür muss sich die Tektonik unseres Spiels schleunigst ändern", forderte Hanning Veränderungen ein.