Mit bemerkenswerter Offenheit hat Jarl Magnus Riiber am Mittwochmorgen angekündigt, seine Karriere am Saisonende zu beenden. Unser Autor war bei dieser Medienrunde dabei und stellt fest: Die Entscheidung an sich, wie er sie kommunizierte und das, was der Star-Kombinierer geleistet hat, ist nicht hoch genug zu bewerten.
Als die Einladung für die Medienrunde des norwegischen Skiverbandes gerade einmal eine Stunde vor Beginn ins Postfach flatterte, konnte man schon vermuten: Da muss etwas Großes verkündet werden. Und so kam es auch: In seiner offenen, lockeren Art aber mit Bestimmtheit verkündete Jarl Magnus Riiber, dass er am Saisonende seine Karriere als Nordischer Kombinierer beenden wird.
Das letzte große Highlight von Riibers Karriere wird somit also die vom 26. Februar bis 9. März stattfindende Nordische Ski-WM in Trondheim sein. Dort wird er in allen Medaillenentscheidungen als Titelverteidiger an den Start gehen, nachdem er vor zwei Jahren in Planica vier Mal Gold gewonnen hatte.
Auch im Vorfeld dieser WM hatte er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen: Aufgrund eines Parasiten kämpfte er zwei Wochen lang mit schweren Verdauungsstörungen und legte deshalb eine einmonatige Wettkampfpause ein.
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"Verletzungen und Krankheiten haben mich Zeit meiner Karriere vor Herausforderungen gestellt. Knöchel- und Knieprobleme, eine ausgekugelte Schulter, Lungenschwäche und andere geballte Schmerzen", listete er bereits in seinem Eingangsstatement auf.
Ja, er sei es gewohnt, mehr mit der Gesundheit zu kämpfen zu haben als die meisten Athleten um ihn herum. Ja, aus seinen Junioren-Jahren bringe er "eine gewisse Robustheit und Mentalität mit, um damit umgehen zu können." Aber: "Nur wenige Menschen wissen, wie viel Energie und Aufwand es mich gekostet hat, der weltbeste Nordische Kombinierer zu werden. Nur meine engsten Vertrauten können dieses Maß an Hingabe wirklich nachvollziehen."
Riibers Rücktrittserklärung ist beispiellos transparent und offen
Und genau diesen Aufwand bemühte sich der 27-Jährige so offen wie möglich darzustellen, was ihm auch mehr als nur gelang. Mit zunehmender Dauer der halbstündigen Medienrunde vergaß man, dass sich dort ein Sportler erklärte. Es menschelte immer mehr und machte viele Dinge greifbar, auch wenn man sich "nur" via Internet mit ihm unterhielt.
Trotz der vielen Wettkampfpausen im Weltcup-Kalender der Kombinierer hat Riiber seit September gerade einmal drei Wochen mit seiner Familie verbringen können. "Für eine Saison ist das erträglich, vor allem wenn die Heim-WM in Trondheim ansteht."
Selbst wenn er dort leer ausgehen sollte, wovon nicht zwingend auszugehen ist, hängen bereits acht Gold- und drei Silbermedaillen von Weltmeisterschaften bei ihm zuhause. Auch die fünf großen Kristallkugeln, die er durch seine Gesamtweltcupsiege gesammelt hat, könnten noch Gesellschaft bekommen, schließlich führt er die Gesamtwertung aktuell an. Auch seine Rekordstatistiken von 76 Weltcupsiegen und 28 weiteren Podestplätzen kann er weiter ausbauen.
Riibers Leichtigkeit trotz langer Krankenakte verblüfft
Trotz der vielen Malaisen und Blessuren, die er immer wieder erlitt, hat er es stets geschafft, mit weniger Anlauf weiter zu springen als die Konkurrenz und auf der Loipe das Tempo wahlweise zu bestimmen oder mitzugehen, um seine Kontrahenten bis zur Zielgeraden vom Sieg träumen und dann doch stehen zu lassen – und das mit einer Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht.
"Ich brauche nicht das perfekte Rennen, um Wettkämpfe gewinnen zu können. Alles, was ich brauche, ist einen guten Sprung, damit ich beim Lauf von Anfang an vorne dabei bin. Dann habe ich immer eine Chance zu siegen, selbst wenn ich mit Verletzungen oder Krankheiten zu kämpfen habe oder hatte", charakterisierte er sich auf Nachfrage von sport.de sehr treffend selbst.
Riiber weiß selbst am Besten um seine Qualitäten und auch mit ihnen umzugehen, tritt dabei aber nicht arrogant auf, sondern bleibt nahbar und bodenständig. Und so vergaß er auch nicht, jenen Mann zu erwähnen, der ihn dazu bewog, der beste Nordische Kombinierer der Welt zu werden: Eric Frenzel. "Sein gelbes Trikot hat immer das meiste bedeutet und war der Grund, warum ich jeden Tag trainiert habe", stellte er heraus.
Aber ebenso gut um seine Qualitäten weiß der Norweger auch um die Opfer und Strapazen, die sich in seiner Laufbahn summiert haben, Bescheid. "Was ich tue, um in der Lage zu sein, ganz vorne zu sein, ist extrem und hat meinen Körper hier und da überstrapaziert nach Pausen, die ich einlegen musste. Das hat sicher auch dazu geführt, dass danach noch andere Probleme auftraten."
Und wenn das, was der eigene innere Antrieb ist, nämlich Siege und Podestplätze zu erkämpfen, einem Sportler keine Freude bereiten, ist wahrlich der richtige Zeitpunkt gekommen, um dem Leistungssport Lebewohl respektive "Lev vel" zu sagen. Und obwohl die olympische Goldmedaille der einzige Titel ist, der ihm fehlen wird, tritt Jarl Magnus Riiber ganz sicher nicht als Unvollendeter ab.

