Champions-League-Vorjahresfinalist Borussia Dortmund steckt in einer schweren Krise, doch nicht nur sportlich erlebt der BVB bislang ein Horror-Jahr 2025. Denn es ist die Führungsetage der Schwarz-Gelben, die derzeit die Schlagzeilen dominiert. Sie gilt als zerstritten und kaum handlungsfähig, interne Rangeleien um Kompetenzen bremsen die so nötigen Verpflichtungen von Neuzugängen aus. Nicht zuletzt muss schleunigst ein neuer Cheftrainer gefunden werden.
Gibt es bei Borussia Dortmund also bald den ganz großen Knall in der Führungsriege? Muss einer der BVB-Bosse seinen Posten in Kürze verlassen? Und welche Auswirkungen haben die derzeitigen Querelen unter den Verantwortlichen auf die sportliche Situation? sport.de beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wer ist beim BVB eigentlich wofür verantwortlich?
In der Führungsriege von Borussia Dortmund hat sich in den letzten Monaten so einiges verändert. Alles begann mit der Ankündigung von Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vor rund einem Jahr, seinen Abschied vom BVB einzuleiten. Der 65-Jährige wird seinen Vertrag nicht mehr verlängern und scheidet somit im Herbst aus.
Die Last wird zunächst auf mehrere Schultern verteilt, den sportlichen Bereich verantwortet seit vergangenem Sommer Lars Ricken. Der Ex-Profi hatte zuvor Jahre lang als Nachwuchs-Direktor bei der Borussia gearbeitet, nun trifft er in letzter Instanz die Entscheidungen übers Sportliche. Auch der für Transfers zuständige Sportdirektor Sebastian Kehl hatte große Ambitionen gehegt, Nachfolger von Watzke zu werden.
Ein weiterer Rückschlag für Kehl: Ihm wurde beinahe zeitgleich Sven Mislintat als Technischer Direktor an die Seite gesetzt.
Mislintat kennt den BVB aus seiner Zeit als Chefscout (2006 bis 2017) bestens, in neuer Rolle soll er die Transfer-Strategie des Klubs entscheidend beeinflussen. Schon im Sommer-Transferfenster soll er treibende Kraft hinter einigen BVB-Deals gewesen sein - obwohl dies eigentlich Kehls Job ist. Mislintat hingegen soll nur Vorschläge machen.
Dass die neue Konstellation ein Risiko birgt, hatte Watzke selbst abgesehen. Er sah dennoch das große Potenzial, wie er nach Rickens Beförderung und Mislintats Rückkehr betonte: "Jeder, der eine gewisse Qualität ausstrahlt, hat auch ein gewisses Ego. Das zusammenzuführen – wenn die Drei das unter Lars' Führung hinbekommen, konstruktiv und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, dann haben wir eine Riesenchance."
Zur fünfköpfigen "Elefantenrunde", die beim BVB regelmäßig abgehalten wird, zählt auch Matthias Sammer. Seit 2018 arbeitet er am Rheinlanddamm als externer Berater von Watzke, zwischenzeitlich war gemunkelt worden, dass auch der 57-Jährige nach dem angekündigten Watzke-Rückzug in die Geschäftsführung aufsteigt. Er blieb allerdings bei seiner Beraterfunktion, die er auch nach dem Übergang zu Lars Ricken beibehalten hat. Zugleich ist Sammer als TV-Experte für "Amazon Prime Video" tätig, doch dazu später mehr.

Warum ist das Verhältnis zwischen Kehl und Mislintat zerrüttet?
Es dauerte nicht lange, da war bereits von ersten Querelen zwischen Sebastian Kehl und Sven Mislintat die Rede. Für internen Ärger sorgte etwa, dass sich Mislintat angeblich in Kehls Kompetenzbereich einmischte und sogar an ihm vorbei in direkten Austausch mit Beratern und Spielern ging.
Die "Ruhr Nachrichten" schrieben von "Machtgehabe und Grenzüberschreitungen in den Zuständigkeitsbereichen", mit den Monaten wurde das Verhältnis immer eisiger. Mislintat, so berichtete "Sport Bild", hege selbst Ambitionen auf den Sportdirektor-Posten und säge somit an Kehls Stuhl. Dass Kehls Vertrag jüngst verlängert wurde, soll wenig überraschend nicht allzu gut bei Mislintat angekommen sein.
Inzwischen, so die "WAZ", sprechen beide nicht einmal mehr direkt miteinander, sondern suchen jeweils den Weg über Lars Ricken. Laut "Sky" war Mislintat zudem mit Ex-Cheftrainer Nuri Sahin aneinandergerasselt, als es im Sommer darum ging, Lyon-Angreifer Rayan Cherki zum BVB zu transferieren. Sahin wollte aber unbedingt Nationalspieler Pascal Groß verpflichten, sodass für Cherki kein Geld mehr vorhanden war.
Während Kehl bis zum Schluss als großer Fürsprecher von Sahin galt, soll Mislintat eine frühere Ablösung bevorzugt haben.
Was zusätzlich interne Spannungen ausgelöst hatte: Während Sebastian Kehl mit Sportkoordinator Slaven Stanic und Chefscout Eduard Graf in den vergangenen Monaten zwei Vertraute verloren hat - beide wurden entlassen -, bekam Sven Mislintat in Uli Schier einen langjährigen Wegbegleiter an seine Seite gestellt. Dass der Scout in Mislintats Team rücken durfte, sei ein "Tuschelthema" beim BVB, berichtete "Sky".
Welche Auswirkungen hat der Streit auf die aktuelle Transferphase?
Große. Hatte das schlechte Binnenklima schon im vergangenen Sommer für Diskussionen über mögliche Neuzugänge gesorgt, ist nun ein regelrechter Transfer-Stau entstanden.
Obwohl sich ein Abschied des wechselwilligen Donyell Malen früh in dieser Winter-Tranferperiode angekündigt hatte, konnte bis dato noch kein Ersatz verpflichtet werden - und das, obwohl die Kassen eigentlich gut gefüllt sind. Wie die "Ruhr Nachrichten" einschätzen, können bis zur Deadline am 3. Februar rund 30 Millionen Euro in den Kader gesteckt werden.
Auch auf der Position des Linksverteidigers wird Verstärkung händeringend benötigt. Zwar wurden einige Kandidaten bereits genauer unter die Lupe genommen, zu einem schnellen Transfer-Abschluss kam es aber nicht.
Nicht zuletzt sucht man in Dortmund einen neuen Cheftrainer - der im besten Fall bei Neuzugängen ein Wörtchen mitreden kann. Doch auch dies gestaltet sich offenbar extrem schwierig, beim Champions-League-Spiel gegen Schachtar Donezk (Mittwoch, 21:00 Uhr bei DAZN*) steht erneut Interimslösung Mike Tullberg an der Seitenlinie.
Warum steht Matthias Sammer in der Kritik?
Wegen seiner harschen Kritik an Nuri Sahin und der Mannschaft nach dem Königsklassen-Spiel in Bologna (1:2). Damals hatte Sammer die Leistung des BVB in seiner Funktion als TV-Experte in Grund und Boden kommentiert.
Die Mannschaft sei "körperlich und geistig in einer Nicht-Verfassung", polterte der ehemalige Meister-Coach der Borussia: "Das muss man einfach sagen. Wenn du das heute siehst, da ist die Grundlage nicht da. Die Mannschaft kann nicht verteidigen, aber angreifen kann sie auch nicht." Wenig später trennte sich der BVB von Sahin.
Intern entfachten die Aussagen wenig überraschend reichlich Wirbel. Auch Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus zeigte im Gespräch mit RTL/ntv und sport.de sein Unverständnis. Sammer tue dem BVB keinen Gefallen, "wenn er als Experte auftritt und im Endeffekt die sportliche Leitung von Borussia Dortmund berät. Das passt nicht. Das nehmen die Spieler wahr und das ist nicht gut."
Kommt es nun zum großen Knall?
Möglich. Einerseits steht Sven Mislintat bei Borussia Dortmund nun tatsächlich kurz vor dem Aus, wie die "Ruhr Nachrichten" und der "SID" melden. Demnach wird der Technische Direktor von seinen Aufgaben betreut. Geschäftsführer Ricken habe eingesehen, dass die derzeitige Konstellation nicht mehr tragbar ist. Kehl, so hatte die "WAZ" zuvor berichtet, darf seinen Sportdirektor-Job aber wohl vorerst behalten - trotz der massiven Kritik an der bisherigen Kaderplanung.
Andererseits könnte es Matthias Sammer treffen. Nachdem der "SID" am Montag meldete, dass Ricken dem Berater nahegelegt haben soll, seine Arbeit als "Amazon"-Experte bei Spielen mit Dortmunder Beteiligung bis auf Weiteres ruhen zu lassen, legte die "Bild" nach: Sammer soll gar ein Ultimatum gestellt und somit ein Rauswurf angedroht worden sein. Entweder lasse er die Tätigkeit als Experte bei BVB-Spielen ruhen, oder sein Vertrag werde aufgelöst.
Nach Informationen von RTL/ntv und sport.de macht sich Sammer tatsächlich Gedanken, künftig keine BVB-Spiele mehr als Experte zu begleiten. Generell wolle er aber weiterhin als TV-Experte und BVB-Berater arbeiten. "Prime Video" teilte auf Anfrage lediglich mit, sich zu dem Thema derzeit nicht zu äußern.
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