Die Handball-WM 2025 in Dänemark, Norwegen und Kroatien ist in vollem Gange. Wir haben mit ARD-Experte Dominik Klein gesprochen.
Im Interview mit sport.de spricht Dominik Klein über seinen Topfavoriten bei der Handball-WM, über die Chancen der deutschen Nationalmannschaft und erklärt, warum ihm der zuletzt nicht überzeugende Zittersieg gegen Brasilien keine Sorgen bereitet.
Außerdem äußerte sich der Weltmeister von 2007 zur Zukunft von Bundestrainer Alfred Gislason und zum spannenden Meisterschaftskampf in der Handball-Bundesliga.
Hallo Dominik Klein, wer ist der Topfavorit bei der Handball-WM?
Das ist leicht zu beantworten. Der Topfavorit für alle ist natürlich Dänemark - da führt kein Weg dran vorbei. Sie sind bereits drei Mal hintereinander Weltmeister geworden und wollen den Rhythmus beibehalten, gerade im eigenen Land.
Ist Dänemark denn überhaupt schlagbar? Und wenn ja, wie?
Dänemark hat nicht nur eine starke Abwehr, sondern mit Emil Nielsen auch einen unglaublichen Torwart. Das schnelle Tempospiel der Dänen ist einfach unüberwindbar. Die schnellen, 'einfachen' Tore - wie man so im Handball sagt - sind eine große Waffe. Sie haben einfach in allen Bereichen die Oberhand.
Als gegnerische Mannschaft brauchst du einen super Tag, eine gut zusammenstehende Abwehr und einen Torwart, der über sich hinauswächst. Wenn die Dänen dann ins Zweifeln kommen, hast du vielleicht eine Chance, sie zu schlagen.
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Gibt es bei der WM ein Team, dem eine Überraschung zuzutrauen ist?
Das könnte eine Heimmannschaft sein: Kroatien oder Norwegen. Ich weiß selbst, wie es ist, so ein Turnier vor heimischer Kulisse zu absolvieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese beiden Mannschaften bei der Medaillenvergabe mitreden.
Was reißt die deutsche Nationalmannschaft bei der WM 2025?
Ich traue ihnen auf jeden Fall das Viertelfinale zu, was ja auch das selbsternannte Ziel ist. Ich bin aber ein Freund der Entwicklung. Wenn die Mannschaft sich im Turnierverlauf Selbstbewusstsein und ein Selbstverständnis, das andere Nationen haben, erarbeitet, kann das zu einer guten WM führen. Dafür sind auch eine klare Linie des Auftretens und keine Schwankungen hilfreich. Ich gehe von einem Umzug von Herning, wo die Hauptrunde gespielt wird, nach Oslo (K.o.-Runde) aus.
Bei der Generalprobe setzte sich Deutschland nur knapp mit 28:26 gegen Brasilien durch. Bereitet die wenig überzeugende Leistung Sorgen?
Das macht mir keine großen Sorgen. Ich weiß, wie es ist, als Spieler in der Vorbereitung zu testen. Da bekommt jeder seine Spielanteile. Die Konzentrationsfähigkeit ist vielleicht nicht immer bei 100 Prozent. Jeder kommt aus einer langen Halbsaison. Gerade nach den Olympischen Spielen im Sommer hatten die Spieler kaum Regenerationsmöglichkeiten. Der ein oder andere Spieler ist vielleicht auch noch angeschlagen.
Zum Start des Turniers hat jeder sicher wieder mehr Kräfte gesammelt, um mit Vollgas in die WM zu starten.
Im deutschen Kader gibt es keinen Superstar, das Team lebt vom Mannschaftsgeist. Auf welche Spieler kommt es dennoch am meisten an?
Ich tue mich schwer damit, das auf einen Spieler zu beschränken. Es ist wie immer: die Abwehr und der Torwart müssen funktionieren. Das ist die Grundlage von erfolgreichem Handball. Da habe ich schon sehr gut Ansätze gesehen - auch unterschiedliche taktische Maßnahmen.
Zu den Torhütern: Die Konstellation mit Andreas Wolff und David Späth hat sich absolut bewährt. Durch einen Torwart-Wechsel kann Deutschland jederzeit für einen Gamechanger-Moment sorgen.
Um einige Nationalspieler gab es zuletzt heiße Transfer-Gerüchte. Justus Fischer wird zum Beispiel mit einem Wechsel zur SG Flensburg-Handewitt in Verbindung gebracht, Marko Grgic wird bei Hannover-Burgdorf gehandelt. Nutzen die Spieler die WM als Bühne für den Transfermarkt?
Ich kann mir bei Weitem nicht vorstellen, dass das jemand bewusst im Kopf hat. Das würde den Einzelcharakter in den Lichtkegel stellen. Das Erfolgsrezept der Deutschen ist aber immer, als Mannschaft aufzutreten. Da hat keiner irgendwelche Einzelinteressen. Jeder weiß, dass es nur als Team geht.
Du stichst am besten heraus, indem dein Team ganz weit nach vorne kommt. Wenn du das Halbfinale in Oslo erreichst, ist das die größte Bühne, die man im Welthandball erreichen kann. Bei den vier Mannschaften spielen dann auch die besten Spieler, dort wird am meisten hingeschaut.
Der Vertrag von Bundestrainer Alfred Gislason endet 2027. Wer könnte potenzieller Nachfolger werden?
Darauf sollte man aktuell keinerlei Gedanken verschwenden, was so weit im Voraus passiert. Es stehen noch viele Turniere mit Alfred bevor.
Kurzer Abstecher in die Handball-Bundesliga. Wer wird Meister?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Frage eigentlich gar nicht zu beantworten. Es ist so unglaublich spannend. Ich habe schon vor der Saison gesagt: Das wird wahrscheinlich das größte Meisterschaftsrennen überhaupt. Es ist schön, dass die Attraktivität der Bundesliga dadurch dermaßen erhöht wird. Vielleicht gibt es wirklich eine Überraschung, mit der keiner gerechnet hat.