Alle Jahre stellt sich erneut die Frage: Wann ist die Zeit reif für die Vierschanzentournee der Frauen? Während der Ski-Weltverband FIS die Einführung für den Winter 2026/2027 vorsieht, hat Weltcup-Sportdirektor Horst Hüttel vom DSV Hoffnung, dass es noch dieses Jahr etwas wird. Warum er zuversichtlich ist und woran es noch hakt, erklärte er exklusiv gegenüber sport.de.
Im Schatten der großen, ja geradezu mächtigen Vierschanzentournee bestritten die Skispringerinnen die zweite Ausgabe der Two-Nights-Tour. Diese wird zwar auch in den Tournee-Orten Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen ausgetragen, allerdings in umgekehrter Reihenfolge und es fehlen freilich die beiden österreichischen Stationen Innsbruck und Bischofshofen.
Schon mehr als ein halbes Jahrzehnt wird darum gerungen, auch den Frauen eine Vierschanzentournee zu bieten. Geht es nach dem Ski-Weltverband FIS, soll es im Post-Olympia-Winter 2026/2027 soweit sein. Der Weltcupdirektor des Deutschen Skiverbands (DSV), Horst Hüttel, äußerte noch vor der aktuell laufenden Vierschanzentournee die Hoffnung, dass die Saga bereits in 2025 ein Ende findet.
"Ein entscheidendes Meeting wird im Mai stattfinden. Das ist das jährliche Tournee-Meeting mit allen vier Veranstaltern, den beiden Skiverbänden und der FIS. Bis dahin wird vieles geprüft und evaluiert", erklärte er im Gespräch mit sport.de in Garmisch-Partenkirchen am Silvestertag. Die Basis dafür, dass es doch schneller gehen könnte als aktuell angenommen, sieht er darin, dass "ich inzwischen niemanden mehr finde, der das nicht möchte."
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DSV will Vierschanzentournee der Frauen "unbedingt"
Er und seine Verbandskollegen beim DSV "wollen das unbedingt." So war bereits die Einführung der Two-Nights-Tour im Winter 2023/2024 als Signal ausgegeben worden. Der aktuelle Modus mit lediglich 30 Teilnehmerinnen im ersten Durchgang, die 15 K.o.-Duelle bestreiten, der deutlich schlanker daherkommt als der klassische bei den Männern, ist jedoch nicht die Wunschlösung des Verbandes. "Wir würden, wie üblich bei den Frauen, ein Feld mit 40 Athletinnen begrüßen", so Hüttel.
Daran, dass alle vier Tournee-Schanzen ein Muss für die Frauen-Tournee sind, lässt der Funktionär keinen Zweifel: "Die Two-Nights-Tour beweist, dass die Schanzen gut geeignet sind für Frauen-Wettbewerbe und dasselbe empfinde ich auch für Innsbruck und Bischofshofen. Die vier Schanzen bieten das Potenzial für spannende Duelle und ein kompaktes Feld und sind deshalb für die Idee, wie wir sie haben, ideal."
Das steckt hinter dem Vierschanzentournee-Konzept des DSV
Ausgangspunkt des DSV-Konzepts ist ein Vorschlag, den der damalige Frauen-Bundestrainer Andreas Bauer bereits im Januar 2020 geäußert hatte. Der Oberstdorfer, der aktuell Chef der Materialkommission bei der FIS ist, hatte schon seinerzeit angeregt, die Wettkämpfe der Frauen an den Qualifikationstagen der Männer stattfinden zu lassen.
Basierend auf dieser Idee wurde heuer auch das Programm in Garmisch-Partenkirchen angesetzt, was sogar noch besser funktionierte als im Vorhinein angenommen. Die Pause zwischen der Männer-Qualifikation und dem Frauen-Wettkampf war mit eineinhalb Stunden großzügig kalkuliert und wäre nach den Erkenntnissen des Veranstaltungstages kürzer ausgefallen.
"Die größten Bedenken hatten wir hier hinsichtlich des Stadionumbaus. Aber das hat top funktioniert, sie waren doppelt so schnell wie geplant und haben statt 40 nur 20 Minuten dafür gebraucht. Aber das weiß man vorher nicht und lernt man erst mit der Erfahrung", berichtete Bauer im Gespräch mit sport.de.
Dessen ehemaliger Chef Hüttel nahm diese gedankliche Vorlage an und verwies auf die Rahmenbedingungen hin, die sich für eine Einführung der Frauen-Tournee verändern müssen. "Das Eine ist das Marketing, da unsere beiden Tournee-Springen von zwei verschiedenen Agenturen vermarktet werden. Da muss eine Lösung her."
DSV-Sportdirektor Hüttel verspricht "Leidenschaft und Energie"
Aber auch daran hat der DSV großes Eigeninteresse, "denn das hätte für uns den Vorteil, dass wir potenziellen Partnern eine TV-Werbefläche von zweieinhalb bis drei Stunden für beide Geschlechter statt bisher lediglich eineinhalb bis zwei Stunden für die Männer bieten könnten. Das wäre für alle attraktiver", so der 56-Jährige.
Die zweite (noch) sprichwörtliche, aber vielleicht zukünftig auch wortwörtliche Baustelle ist das immer noch fehlende Flutlicht in Innsbruck. "Die Situation ist immer noch nicht final geklärt", so der DSV-Weltcup-Sportdirektor, es sei aber unabdingbar, dass auch die einzig verbliebene Anlage ohne Flutlicht eben dieses erhalte.
Dieses verlangt im Übrigen auch die FIS in ihrer "Matrix für die Infrastruktur an Sprungschanzen", die auf der Verbandswebseite einsehbar ist. Bis auf die Skiflugschanze in Planica ist die Bergiselschanze die einzige Ausnahme in der Liste der Weltcup-Schauplätze.
Ein erstes intensives Gespräch über die beiden großen noch offenen Punkte habe er bereits mit Tournee-Präsident Manfred Schützenhofer in Oberstdorf geführt. "Ich kann natürlich nicht versprechen, dass es auch klappt. Aber wir vom DSV bis hin zur Vorstandsebene arbeiten mit Leidenschaft und Energie daran", beteuerte Hüttel. Bis zur nächsten Wasserstandsmeldung nach dem Meeting im Mai werde man sich jedoch geduldigen müssen.



