In Woche 12 der NFL hat Patriots-Coach Jerod Mayo einmal mehr die Schuld für eine Niederlage auf sein Team abgewelzt. Die Chiefs wirken erneut ziemlich schlagbar und für die Dolphins und 49ers wird es langsam spät.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg liefert jede Woche seine Erkenntnisse des zurückliegenden NFL-Wochenendes.
Patriots-Coach Mayo wirft sein Team vor den Bus
Erinnert sich noch jemand an Woche 7? Damals enttäuschten die Patriots beim 16:32 gegen die Jacksonville Jaguars auf ganzer Linie. Anschließend stellte sich Head Coach Jerod Mayo vor die Presse und nannte sein Team "soft". Eine der schlimmsten Dinge, man über Footballspieler sagen kann.
Rückblickend kann man nun aber immerhin konstatieren, dass seine "soften" Spieler im Anschluss eine Reaktion gezeigt haben und zwei ihrer folgenden drei Spiele gewannen - gegen die nicht weniger desolaten Jets und schließlich auch in Chicago. Seither jedoch setzte es inklusive des indiskutablen 15:34 in Miami am Sonntag schon wieder zwei Pleiten am Stück. Und der Auftritt in Miami wurde einmal mehr von zahllosen Unzulänglichkeiten geprägt. Man verlor den Turnover-Battle 1:2 und kassierte zehn Penalties für 75 Yards. Einige davon waren mal wieder von der Pre-Snap-Variante in der Offense. Das Übliche also.
Die Offensive Line war einmal mehr eine Katastrophe, Drake Maye kassierte vier Sacks und stand permanent unter Druck. Und das zeigte Wirkung. Abgesehen von seinem sehenswerten 38-Yard-Touchdown-Pass auf Austin Hooper bei 4th&Long nach Scramble funktionierte wenig, wenn er Pässe mehr als 10 Air Yards versuchte. Laut "Next Gen Stats" brachte er nur 2/10 solcher Versuche für eine Completion Percentage over Expected von -32,4 Prozent (!) an. Unterm Strich kam er auf -9 Prozent CPOE.
Nach dem Spiel äußerte sich dann Mayo erneut auf fragwürdige Art und Weise zur Vorstellung und den vielen Fehlern seiner Truppe: "Sehen Sie, sobald diese Jungs die weiße Leine überqueren, kann ich nichts mehr für sie tun. Kein Coach kann dann noch was für sie tun." Au contraire! Mit besserem Coaching und besserer Vorbereitung soll es durchaus möglich sein, mehr für seine Spieler zu tun. Sein Vorgänger in New England hat das etwa mit nahezu demselben Defensivpersonal erst im Vorjahr vorgeführt.
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Patriots-Coaches scheitern an wichtigster Aufgabe
Mayo räumte zwar ein, dass er weiterhin seine Spieler und Coaches darauf vorbereiten werde, besseren Football zu spielen, doch diese Aussage lässt einmal mehr die Frage aufkommen, ob es vielleicht ein wenig an der Verantwortung in diesem gesamten Konstrukt fehlt. Mayo wies nun schon zum wiederholten Mal selbige von sich nach einem schwachen Auftritt. Doch genau an dem Punkt muss sich ein Coach eigentlich schützend vor sein Team stellen, auch wenn es nicht die Leistungen bringt, die erwartet werden.
Der Job der Coaches im Football ist es in erster Linie, die Spieler in eine Position zu bringen, in der sie erfolgreich sein können. Die Patriots-Coaches tun genau dies viel zu selten. Und das beginnt eben an der Spitze, an der Mayo steht.
Die Messlatte für diese Saison lag denkbar niedrig. Es geht nur darum, herauszufinden, ob Maye der Mann für die Zukunft ist. Das scheint man nun zu wissen, und dennoch scheint man die Latte zu reißen, denn auch wenn die Qualität im Kader an vielen Stellen objektiv schlecht ist, ist das keine Entschuldigung dafür, nicht wenigstens fundamental sauberen Football zu spielen. Und reihenweise Pre-Snap-Strafen kann man durch besseres Coaching abstellen.
Ebenso wurde gegen Miami wieder mal deutlich, wie schlecht die Patriots dieser Tage in Zone Coverage sind. Im Vorjahr war dieses Personal noch besser dafür gerüstet. 2024 ist das ein großes Problem. Und dabei wäre es ein leichtes, eine halbwegs brauchbare Zone Defense aufzuziehen, schließlich ist dies deutlich einfacher zu machen als gute Man Coverage zu spielen, für die man individuell starke Cornerbacks braucht - selbige haben die Patriots, weshalb sie in Man zu den besseren Units der NFL zählen. Für Zone braucht es gute Abstimmung und gute Kommunikation. Auch das kann man coachen. Und sollte man bis Woche 12 einer Saison auch getan haben.
Unterm Strich stellt sich damit einmal mehr die Frage, ob dieser Coaching Staff und dieser Head Coach vielleicht doch nicht der Geniestreich waren, den sich Owner Robert Kraft vorgestellt hat. Nun bleiben noch fünf Spiele und allesamt gegen Teams, die noch die Playoffs im Visier haben. Wenn nun fünf Klatschen folgen, könnte es selbst für Kraft-Liebling Mayo eng werden.
Chiefs sehen erneut schlagbar aus
Die Niederlage bei den Buffalo Bills in Woche 11 kam nicht allzu überraschend. Dazu waren die Bills einfach zu gut drauf und die Chiefs einfach wacklig genug unterwegs. Doch der glückliche Sieg in Carolina samt Last-Second-Field-Goal, das nur durch einen Mahomes-Scramble möglich gemacht wurde, ist da eine andere Geschichte. Schon wieder brauchten die Chiefs gegen einen vermeintlich schlechteren Gegner sehr viel Glück.
Die Panthers nämlich deckten schonungslos auf, woran es den Chiefs dieser Tage krankt. Die Offensive Line ist ein großes Problemfeld und speziell die linke Seite ist dabei die größte Schwachstelle. Carolina brachte es am Ende auf fünf Sacks gegen Mahomes, was die Einstellung des Höchstwerts für den Star-Quarterback in seiner Karriere bedeutete. Und fünf Sacks sind nebenbei bemerkt absurd für die Panthers, die vor diesem Spiel ganze zwölf Sacks insgesamt in dieser Saison generiert hatten.
Zudem zeigte die Chiefs-Defense ungewöhnlicherweise wenig Wirkung. Die Panthers erzielten in 75 Prozent ihrer Drives Punkte (6/8) gegen KC und sind damit erst das dritte Team in der Andy-Reid-Ära (seit 2013), das so konstant gegen die Chiefs gepunktet haben. Und - und hier gilt es Bryce Young zu loben! - der Blitz hatte dieses Mal kaum Wirkung auf die gegnerische Offense. Young wurde in 40 Prozent seiner Dropbacks von den Chiefs geblitzt und brachte dennoch 11/14 Pässen für 123 Yards und einen Touchdown an.
All das führt dazu, dass die Chiefs dieser Tage erstaunlich schlagbar aussehen. Ende November mag das noch nicht allzu bedenklich sein, zumal sie einen soliden Vorsprung in der AFC West genießen, doch sollten die jüngsten Vorstellungen alle anderen Teams ermutigen, sich gegen KC nicht zu verstecken. Und wenn man dann auch aggressiver in den entscheidenden Situationen ist als die Panthers, dann springen womöglich auch mehr Touchdowns und damit unterm Strich auch mal ein Sieg heraus - die Panthers waren nur 2-6 in der Red Zone mit vier Field Goals.
Dolphins sind zurück, doch ihnen geht die Zeit aus
Nach dem deutlichen Sieg über die Patriots haben die Dolphins nun ihre vergangenen drei Spiele am Stück gewonnen und gerade Tua Tagovailoa hat seine Topform offenbar erreicht. Seit seiner Rückkehr hat er jetzt in fünf Spielen am Stück jeweils über 70 Prozent seiner Pässe an den Mann gebracht. Das ist die längste aktive Serie in der NFL. Und es war sein zehntes Spiel am Stück mit mindestens einem Touchdown-Pass. Hier liegt er nun gleichauf mit Lamar Jackson.
Gegen die Patriots kam die Dolphins-Offense wieder so richtig ins Rollen. Laut "Next Gen Stats" setzte man in 93,7 Prozent seiner Snaps auf Motion, was der höchste Wert in dieser Saison war. Tua brachte in diesen Fällen 27/37 Pässe für 268 Yards und 4 Touchdowns an. Zudem funktionierte das Quick Game endlich mal wieder auf hohem Niveau: Tua brachte es hierbei auf 215 Yards und 3 Touchdowns und wurde den Ball im Schnitt in 2,34 Sekunden los. Es war damit sein "drittschnellstes" Spiel in dieser Saison.
Nun stellt sich die Frage, was für diese Bills, die nun wieder konkurrenzfähig scheinen, noch möglich ist. Sie stehen bei 5-6 und ihre Playoff-Chancen belaufen sich laut "NGS" nur noch auf 14 Prozent. Bereits an Thanksgiving geht es für sie bei den Green Bay Packers weiter. Eine Niederlage ist da schon fast verboten. Anschließend folgen noch zwei Duelle mit den Jets sowie je ein Spiel gegen die Texans, 49ers und Browns. Der Weg bleibt somit also steinig, will man noch in die Playoffs kommen.
Sollte das am Ende nicht gelingen, weiß man derweil wenigstens, woran es hauptsächlich lag. Mit Tua ist man nun wieder in der Spur, während man ohne ihn in vier Spielen nie mehr als zwölf Punkte erzielt hat. Unterm Strich droht dann aber doch eine verlorene Saison mit dem Wissen, dass sie nur eine Tua-Gehirnerschütterung weniger davon entfernt war, erneut oben anzugreifen.
Es wird früh spät für die 49ers
Man kann den 49ers nicht allzu viel vorwerfen, wenn man ehrlich ist. Die deutlich Niederlage im Lambeau Field kam aufgrund zahlreicher Verletzungen letztlich mit Ansage. Wer mit Brandon Allen als Quarterback gegen Jordan Love und die Packers antreten muss, ist damit per se schon mal im Nachteil. Ein Blick auf die Liste der namhaftesten Ausfälle unterstreicht diesen Eindruck jedoch noch deutlicher:
- QB Brock Purdy
- WR Brandon Aiyuk
- LT Trent Williams
- EDGE Nick Bosa
- DT Javon Hargrave
- LB Dre Greenlaw
- CB Charvarius Ward
- S Talanoa Hufanga
All diese Spieler könnten locker für den Pro Bowl nominiert werden und einige davon sind im Normalfall All-Pro-Kandidaten. Und all diese Stars fallen derzeit zur selben Zeit aus, was ein herber Schlag für jedes Team wäre. Zugleich jedoch befinden wir uns nun am Ende von Woche 12 der Saison und die Niners stehen bei 5-6 am Ende der NFC West, wenn auch nur ein Spiel hinter der Spitze der Division.
Schon deshalb ist sicher noch einiges dran, auch wenn "NGS" die Playoff-Chancen des Teams aus der Bay Area nur noch mit 15 Prozent beziffert. Grund dafür ist neben den Verletzungen in erster Linie das heftige Restprogramm:
Das Restprogramm der 49ers
- @ Bills
- vs. Bears
- vs. Rams
- @ Dolphins
- vs. Lions
- @ Cardinals
Viel härter kann es kaum kommen, wenn man bedenkt, dass bis auf die Bears eigentlich all diese Teams nach jetzigem Start sehr gut in Schuss sind und durchaus noch Playoff-Ambitionen mitbringen. Zu verschenken haben diese Gegner allesamt nichts. Und Mitleid wird mit den 49ers auch keiner haben.
Erschwerend hinzu kommt, dass Christian McCaffrey nach zuletzt beträchtlicher Workload dieses Mal nur sehr begrenzt am Spiel teilnahm und lediglich auf 15 Touches kam, aus denen er gerade mal 68 Yards machte. Wenn er also in einem Spiel, in dem sonst alle ausfallen, kaum an den Ball kommt, ist das zumindest mal bedenklich und etwas, worauf man in den kommenden Wochen achten sollte.
Nach der Super-Bowl-Teilnahme in der vergangenen Saison sieht es nun verdächtig danach aus, dass die Playoffs in dieser Saison erstmals seit 2020 (6-10) wieder außerhalb der Bay Area steigen könnten. Damals waren auch zahlreiche Verletzungen Teil der Ursache für den Misserfolg - wie heute ebenfalls ein Jahr nach einem Super-Bowl-Einzug.






































