Der Aufschrei war groß, als die Kansas City Chiefs im März die Verpflichtung von Running Back Louis Rees-Zammit bekannt gaben. Allerdings kamen die meisten dieser lautstarken Stimmen aus Wales, wo der 23-Jährige eine mögliche Superstar-Karriere im Rugby opferte, um einen gemeinsamen NFL-Traum von ihm und seinem Vater wahr werden zu lassen.
Es war eine unkonventionelle Verpflichtung, die die Kansas City Chiefs im März dieses Jahres tätigten. Der frischgebackene Back-to-Back-Champion sicherte sich die Dienste von Louis Rees-Zammit. Schon einen Monat vor dem Draft sicherte man sich damit den ersten Rookie für die bald startende Saison.
Und Rees-Zammit ist kein gewöhnlicher Rookie. College-Erfahrung hat er nämlich keine. Naja, wenn man es genau nimmt, dann hat er nicht einmal Football-Erfahrung. Denn Louis Rees-Zammit ist Waliser und in Wales spielt American Football keine große Rolle.
Viel populärer ist im Land der Drachen Rugby, der Sport, den auch Rees-Zammit bis zu diesem Jahr ausübte. Und der Chiefs-Neuzugang war im Rugby bei weitem kein unbeschriebenes Blatt.
Der 23-Jährige war ein Star in seiner Heimat, gewann mit der Nationalmannschaft unter anderem die prestigeträchtige Six Nations Championship.
All das gab er auf, um einen neuen Traum zu leben. Den Traum vom Football-Profi, den Traum seines Vaters.
NFL: Vater liebte Football
Denn Vater Joe war es, der das Feuer für den US-Sport und die NFL in Louis weckte. Und das, obwohl er früher selbst Rugby-Profi war bei den Cardiff Tigers.
Nichtsdestotrotz war Joe Rees-Zammit ein großer Football-Fan, träumte selbst von der NFL. Ein Traum, den er sich damals nicht erfüllen konnte, den Sohn Louis jetzt aber lebt. "Es geht nicht um Rugby, sondern um meine Ambitionen, meinen Traum zu verwirklichen und in der National Football League zu spielen", schrieb "Rees-Lighting", wie der Running Back manchmal genannt wird, in seinem Abschiedstext. Es ist der gemeinsame Traum, der zur Wirklichkeit werden soll.
Im Januar wurde er zu diesem Zweck ins International Pathway Program der NFL aufgenommen. Dort schien er einen guten Eindruck hinterlassen zu haben. Er stellte sich unter anderem bei den Cleveland Browns, den Denver Broncos und den New York Jets vor.
Titelverteidiger bekommt den Zuschlag
Den Zuschlag bekamen allerdings die Kansas City Chiefs. Mit der Empfehlung von zwei Titeln in Folge hatten sie ganz offenbar die besten Karten beim Liga-Neuling.
Und sollten die beiden Super-Bowl-Siege nicht genug Wirkung gezeigt haben, dann hat wohl der Dreijahresvertrag sein Übriges getan. Einen solchen legten die Chiefs dem Waliser nämlich vor. Gesamtumfang: 2,83 Mio. Dollar.
Das Grundgehalt liegt mit ca. 940.000 Dollar damit knapp 700.000 Dollar höher als sein kolportiertes Gehalt im Rugby. Allerdings sind diese Zahlen trügerisch, denn insgesamt sind lediglich rund 230.000 Dollar garantiert. Und die hätte er auch in Wales verdienen können.
Nichtsdestotrotz zeigte er sich begeistert davon, eine Garantie für sein erstes Jahr zu haben. "Als Rookie unterschreibt man einen Dreijahresvertrag und erhält garantiertes Geld", schwärmte Rees-Zammit im "Rugby Pod" und ergänzte: "Wenn du dich also verletzt oder gecuttet wirst, ist dir das Geld immer noch garantiert."
NFL-Abenteuer ein Risiko
Der erste Schritt des großen NFL-Abenteuers ist also abgesichert. Rees-Zammit hat dadurch die Zeit, sich an die Liga und die neue Sportart zu gewöhnen. Trotz dieses Sicherheitsnetzes war der Sprung in die NFL dennoch ein Risiko für den Waliser.
Denn wie bereits erwähnt war der Running Back in seiner Heimat ein Star. Und er war auf dem besten Wege, dieser Bezeichnung ein "Super" voranzustellen.
31 Länderspiele hatte er bereits auf dem Buckel, bei der WM im vergangenen Jahr zeigte er begeisternde Auftritte. Die Rugby-Welt stand im also offen, weshalb sein Rückzug ein Schock für Mitspieler, Trainer und Fans war.
Denn sie alle hatten dem 23-Jährigen eine grandiose Zukunft vorausgesagt, doch Rees-Zammit entschied sich für einen Umweg. Für ein Risiko, dass sich womöglich auszahlen wird. Oder eben nicht.
Aller Anfang ist schwer
Denn Louis Rees-Zammit wird sich beweisen müssen. Im Haifischbecken NFL keine leichte Aufgabe. In Woche 1 der Preseason stand der Waliser erstmals für sein neues Team auf dem Rasen. Bei zwei Carries gelang ihm lediglich ein Yard. Aller Anfang ist eben schwer.
"Es ist schneller als das, was er im Training gesehen hat, also war es zum Sammeln von Erfahrung großartig für ihn. Das war positiv und darauf können wir aufbauen", erklärte Chiefs-Coach Andy Reid im Nachhinein.
Der pfeilschnelle Akteur ist bei den Chiefs dem Vernehmen nach als Hybrid zwischen Running Back und Receiver eingeplant. Positionen, auf denen die Chiefs den einen oder anderen guten Spieler haben, die aber nicht so luxuriös besetzt sind, dass Rees-Zammit gänzlich chancenlos ist.
Ob er es aber in den 53-Mann-Kader schafft, bleibt abzuwarten. Zwölf Tage hat er noch Zeit, sich dafür zu beweisen. Und selbst, wenn dieser Sprung nicht klappen sollte, wird Rees-Zammit einen Platz im Practice Squad sicher haben, wo Spieler aus dem International Pathway Program keinen offiziellen Platz einnehmen.
Und dann hätte der Waliser weiter Zeit, seine Talente, die ihn zu einem Top-Talent im Rugby machten, auf die NFL zu übertragen. Um seinen Traum zu leben, um den Traum seines Vaters zu leben.