Caleb Williams gilt als so gut wie sicherer First Pick im kommenden NFL Draft 2024. Trotz vieler Vorschusslorbeeren gibt es aber auch hartnäckige Kritik an dem USC-Talent. Warum?
Den Platz an der Sonne kennt er gut.
Caleb Williams wird rekordverdächtig in die NFL-Welt eintauchen. Seit gut zwei Jahren hält er sich hartnäckig an der Spitze der NFL Mock Drafts für 2024. Sein Nummer-eins-Status ist wie in Stein gemeißelt.
Und wenn nicht eine gewaltige Überraschung oder unvorhersehbare Wendung über den Draft-Ort Detroit hereinbricht, wird der 22-Jährige auch der kommende Nummer-1-Pick des NFL Drafts 2024 sein.
Der QB von der University of Southern California (USC) kommt mit reichlich Vorschusslorbeeren in die Liga, mutmaßlich zu den Chicago Bears, die den ersten Pick besitzen und ihren bisherigen Quarterback Justin Fields in der Free Agency schon weggeschickt haben. Bears-GM Ryan Poles ließ keine Zweifel, dass der Quarterback in der "Windy City" landen soll.
NFL Draft 2024: Bears wollen zugreifen
Williams habe "bisher alle Kriterien erfüllt, und die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, hat mich ermutigt“, erklärte Poles bei "ESPN". Die Bears sind sich gar so sicher, dass sie Workouts mit den QB-Konkurrenten ausließen.
Gründe dafür gibt es viele: Williams' Wurfarm gilt als exzellent und mit unfassbar viel Talent gesegnet. Über allem stehen die Präzision und Passgenauigkeit. Der Quarterback, der in Washington/D.C. aufgewachsen ist, ist ein waschechter Playmaker, der auch per Improvisation besteht. Er findet nahezu auf jede Defense-Struktur, die ihm gegenübersteht, eine passende Antwort. Sein Markenzeichen: Er kreiert und performt auch im kreativen Chaos außerhalb der Pocket.
Das sind Eigenschaften, die Scouts und Kadermanager seit Jahren aufhorchen lassen. "Er ist speziell und wer ihn bekommt, wird ein Franchise veränderndes Talent haben", zitierte "ESPN" einen langjährigen NFC-Scout.
Allenthalben ist auch schon längst von einem "Generationen“-Talent die Rede. Auch Denver-Coach Sean Payton bezeichnet Williams als "Generationen"-Talent. Vielen sehen in ihm den besten QB seit 10, 15, vielleicht 20 Jahren, der aus dem Draft kommt.
Vergleiche mit einem Patrick Mahomes, MVP und dreimaliger Champion, oder QB-Ikone Aaron Rodgers machen die Runde.
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Die lassen sich grob in vier Kategorien einteilen.
Williams wird nicht nur gefeiert
Zum einen sind da die irrelevanten, weil stupiden Aussagen. Als Williams ein Spiel des USC-Basketballteams der Frauen besuchte, war er mit einem pinken Smartphone zu sehen. Dazu lackiert er schon seit Jahren seine Fingernägel aus modischen Gründen. Für einige maskulin Verblendete war dies zu viel. Ein merkwürdiger Shitstorm brach über ihn herein. Diesen parierte Williams allerdings mit Bravour und Humor. Ein Zeichen, dass er in dem Haifischbecken NFL bestehen kann.
An seiner Medienarbeit hatte es im vergangenen Jahr noch Zweifel gegeben. Was uns zum zweiten Kritikpunkt führt. Der Downfall von USC Ende 2023. In den verbliebenen sechs Spielen gab es fünf Pleiten, darunter auch das letzte Uni-Spiel von Williams. Die Trojans fielen dadurch aus den AP Top 25. Anschließend wollte er nicht mit den Medien reden. Seine Top-Performance aus der Saison 2022, als er die Heisman Trophy gewann, erreichte er im folgenden Jahr nicht durchgehend. Den Absturz allein auf ihn zu projizieren, ist allerdings hanebüchen. Williams erzielte starke 3.633 Yards und 30 Touchdown-Pässe bei nur 5 Interceptions.
Für Verwunderung sorgte bei manchen auch, dass er alle Tests beim Scouting Combine 2024 abgesagt hatte, obwohl er dort anwesend war. Auch die medizinischen Tests machte er nicht mit. Hier waren Kritiker schnell an Ort und Stelle, bemängelten die Einstellung des Quarterbacks. Dass ein Top-Prospect, das nichts mehr zu beweisen hat, die Tests auslässt, passiert aber immer wieder. Auch seine hochgerankten QB-Kollegen Drake Maye und Jayden Daniels ließen diese aus. Kurz darauf hielt er seinen eigenen Pro Day ab und begeisterte die anwesenden Scouts mit seinen Pässen.
Grundlegender ist da schon die Skepsis an seinem Spielstil.
Diese lautet grob gesagt, Williams werde den Ball nicht schnell genug los und lasse gar Fundamentals im Spiel vermissen.
"Er geht schlampig mit dem Ball um", sagte der ehemalige Running Back und Scout der Pittsburgh Steelers, Merril Hoge, der britischen "Daily Mail" über Williams. "Er hat keine Grundlagen, solide Grundlagen."
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Hoge und weitere Kritiker finden, dass der Quarterback zu lange den Ball hält und zu oft den Rückwärtsgang gegen Pass Rusher einlege. Hoge ging so weit und bezeichnete den kommenden Nummer-1-Pick in einem Radioninterview als "nichts Besonderes". Vor Vergleichen mit Mahomes warnt er, auch wenn er betont, dass es Ähnlichkeiten gebe und er gleichzeitig die elitäre Passgenauigkeit Williams‘ lobte.
"Caleb Williams ist ausweichender als Patrick Mahomes", sagte Hoge. "Macht ihn das besser als Patrick Mahomes? Auf keinen Fall.“
Diskussionen um Spielweise von Caleb Williams
Der USC-Quarterback habe noch nie gezeigt, "dass er aus der Pocket heraus sauber oder schmutzig spielen kann", sagte Hoge. "Und was er notorisch tut, ist, dass er den Spielzug nicht ausführt. Er hält den Ball fest. Manchmal wirft er ihn, manchmal nicht. Aber diese Inkonsequenz ist nicht gut", prophezeit Hoge.
Unterstützung findet er in Mike Tannenbaum, dem Ex-GM der New York Jets: Auch er findet, dass Williams unter Druck in der Pocket noch nicht bewiesen habe, zu bestehen und zu kreieren.
"Er hat auch die Angewohnheit, nach hinten zu flüchten", sagte Tannenbaum bei einem Medientermin. "Von einem Quarterback wird erwartet, dass er die Pocket erklimmt. Er läuft rückwärts, was eine schlechte Angewohnheit ist."
Von derlei Warnungen lassen sich die Bears nicht abschrecken. Ihr Nummer-1-Ziel ist und bleibt Williams. Er soll die Bears in die Post-Fields-Ära und endlich zu neuen Erfolgen führen.
Einen seiner potentiellen Kollegen kennt er schon persönlich. Receiver Keenan Allen begleitete die Bears-Delegation beim Pro Day von Williams. Später gab es sogar ein Abendessen mit mehreren Bears-Spielern.
Allen spielte zuletzt in Los Angeles bei den Chargers. Beide schätzen sich. "Ich kenne Keenan jetzt ungefähr ein Jahr, wir waren ein paar Mal zusammen unterwegs. Bald vielleicht im selben Team wie er spielen zu können, ist extrem aufregend", sagte Williams.
Dass es so kommen wird, daran gibt es eigentlich keine Zweifel. Spätestens dann hat Williams die Chance, seine Kritiker zu widerlegen.
Die Ziele sind jedenfalls schon mal hoch gesteckt. Keinen Geringeren als Tom Brady will er überflügeln. "Ich möchte jetzt 20 Jahre lang an einem Ort spielen und einen Spieler jagen, die Nummer 12."
Emmanuel Schneider





































