Weil sie sich den Traum von den Olympischen Spielen 2026 im eigenen Land nicht erfüllen konnte, wechselte Annika Sieff im vergangenen Sommer von der Nordischen Kombination zum Skispringen. Im Gespräch mit sport.de blickt die Italienerin auf eine aufregende und erfolgreiche Debütsaison zurück.
Mit den eindringlichen Worten "Ich wollte diese Entscheidung niemals treffen", gab Annika Sieff im Mai 2023 ihren Wechsel von der Nordischen Kombination zum Skispringen bekannt. Freiwillig hätte sie diesen nicht vollzogen, aber "im Endeffekt wurde ich quasi dazu gezwungen".
Nachdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Kombiniererinnen eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2026 verweigert hatte, blieb Sieff keine andere Wahl. Dass genau diese Spiele das Ziel schlechthin sind, liegt auf der Hand, schließlich finden die nordischen Wettbewerbe im Val di Fiemme und damit nur eine Viertelstunde von ihrem Geburtsort Cavalese statt.
Gut zehn Monate nach ihrem Entschluss beendet die Athletin aus dem Trentino ihre erste Saison als Vollzeit-Skispringerin auf Platz 22 der Gesamtwertung und damit als beste Italienerin. Im Regen von Planica ist sie beim Weltcup-Finale soeben 17. geworden als sie zum Gespräch mit sport.de kommt.
Skispringen: Annika Sieff über Ergebnisse "sehr glücklich"
So ganz glauben, was ihr gelungen war, wollte sie aber noch nicht, gestand sie: "Vor der Saison hätte ich nie gedacht, dass ich mal in die Top Ten oder Top 15 springen würde. Über die Ergebnisse bin ich sehr glücklich."
Schon kurz vor Weihnachten bei ihrem dritten und vierten Weltcupspringen gelang ihr ein elfter und 15. Platz, kurz nach dem Jahreswechsel legte sie in Villach mit Rang elf nach. Am legendären Holmenkollen in Oslo sprang sie als Neunte erstmals unter die besten Zehn.
Auf ein einzelnes Highlight wollte sich die 20-Jährige deswegen auch nicht festlegen: "Ich hatte sehr viele gute Wettbewerbe, an die ich mich gerne zurückerinnern werde. Da fällt es mir wirklich schwer, ein Highlight herauszupicken."
Drei ihrer besten vier Ergebnisse gelangen ihr auf Großschanzen, was in der Nordischen Kombination (noch) undenkbar wäre, schließlich besteht der Kalender ausschließlich aus Normalschanzen. "Das hat mir sehr gut gefallen. Endlich mal auf größeren Schanzen zu springen, hat mit sehr viel Spaß gemacht. Ich liebe große Schanzen", sprach sie mit Augen, die auch durch die Skibrille und zu große Kapuze ihrer Regenjacke funkelten.
Speziell auf die größeren Schanzen vorbereiten musste sie sich jedoch nicht. "Das Sprungtraining war genauso wie die letzten Jahre auch. Was sich verändert hat, war, dass das Ausdauertraining wegfiel und ich stattdessen mehr im Kraftraum war. Die Übungen waren viel spezifischer", schilderte Sieff gegenüber sport.de.
"Das ist schon etwas ganz anderes"
Die Stationen des Wettkampfkalenders waren dennoch fast ausschließlich Neuland für sie. Einzig auf der Normalschanze von Lillehammer zum Saisonstart und der Normalschanze in Planica war sie schon als Nordische Kombiniererin auf höchster Ebene aktiv.
"Das ist schon etwas ganz anderes, da haben die Sportarten nicht viel gemeinsam, obwohl man das denken würde. Auch die Mentalität der Konkurrentinnen ist nochmal eine andere", konnte sie nun mit Gewissheit sagen.
Genau diese Mentalität hat Sieff in ihrem neuen Umfeld schon adaptiert, wie sie mit einer prägnanten Aussage belegt: "Mir ist es nicht immer gelungen, zwei gleich gute Sprünge abzurufen. Wenn ich das bedenke, weiß ich, dass sogar noch mehr möglich gewesen wäre. Daran werde ich in der nächsten Saison arbeiten."
Ein bisschen vom Dolce Vita, dem süßen Leben, wollte die Italienerin in Planica, das auch für die Partys zum Saisonabschluss bekannt ist, dennoch kosten: "Jetzt wo der Wettkampf vorbei ist, werden wir das Saisonende feiern und den Moment genießen."
Die Zeit wollte wohl genutzt sein, schließlich "haben wir nur im April eine kurze Pause, danach geht schon die Vorbereitung auf die nächste Saison los." Die Vorzeichen für Annika Sieff stehen dabei um einiges besser, schließlich ist sie im Skispringen angekommen und weiß nun besser als im Mai 2023, wo ihr Weg sie hinführen wird.
Luis Holuch



