Die deutsche Top-Snowboarderin Ramona Hofmeister hat vorzeitig den Gesamtweltcup gewonnen. Zum bereits vierten Mal in ihrer Karriere schnappt sie sich die große Kristallkugel. In ihrer sport.de-Kolumne gibt sie Einblicke in ihre Gefühlswelt.
Normalerweise sind sich Athleten ihres Sieges gewiss, wenn sie Ziellinien überfahren oder nach Sekunden des Wartens die "Eins" im Stadion aufleuchten sehen. Manchmal muss man jedoch auch das Treiben der Konkurrentinnen abwarten, bis man weiß, ob die eigene Leistung gereicht hat, für Medaillen, Pokale und den Lorbeer.
Manchmal ist das Momentum jedoch auch beim Training am Hang gegeben und man bekommt die frohe Botschaft durch Schnee und Wind hochgerufen – so war es diesmal bei mir.
Nach einer Saison mit guten Einzelleistungen bei den Weltcups ging ich mental bereits ins Finale und wir absolvierten nochmals einen Lehrgang in Italien. Zwei ausstehende Heimweltcups in Berchtesgaden und Winterberg sollten dazu genutzt werden, die Position der Gesamtweltcupführemden auszubauen, zumindest zu verteidigen.
In meinen Wunschvorstellungen wollte ich den Gesamtweltcup zu Hause in Berchtesgaden bei den letzten Rennen am Obersalzberg entgegennehmen, vor Verwandten, Freunden und Bekannten – Showdown vor den Gipfeln des Hohen Göll und des Kehlsteins.
Kleine Wünsche bleiben manchmal auf der Strecke, was nicht weh tut, wenn sich dafür die großen Träume erfüllen.
Die Nachricht zwischen den Trainingsläufen bezog sich auf die wetterbedingte Absage der Berchtesgadener Rennen; sie schloss die Erkenntnis ein, dass ich den Gesamtweltcup zum vierten Mal gewinnen konnte, da die Rennen in Winterberg für die Konkurrenz nicht ausreichen würden, zu mir aufzuschließen.
Ein kleiner Jubelschrei in den Himmel, ein anschließender Trainingslauf mit bester Motivation und dann war ich schon in der Mitte einer kleinen improvisierten Siegesfeier im Kreise der Mannschaft, ohne Wettkampffeeling und ohne Zuschauer.
Ich bin überglücklich und erleichtert: das große selbstgesteckte Ziel, den erneuten Gewinn der großen Kristallkugel nach einer davor teilweise nicht zufriedenstellenden Saison habe ich erreicht – das Ergebnis einer harten und gewissenhaften Vorbereitung und das Ergebnis konzentrierter Wettkämpfe.
Beschwingt sitze ich später im Auto und trete die Heimreise ins Berchtesgadener Land an; die ersten Telefonate von Verwandten und Freunden trudeln ein und es ist schön, zu erfahren, dass einem so viele Menschen die Daumen gedrückt haben.
Das Saisonziel ist erreicht, aber die Saison ist noch nicht zu Ende; der Weltcup in Winterberg wird nun das Saisonfinale sein und ich freue mich, dass es zumindest ein deutscher Weltcup ist, bei dessen Ende ich als Beste der Saison geehrt werde. Also, die Party steigt im Sauerland, was für Partys ja nicht das schlechteste ist, aber gefeiert werden wird definitiv erst nach dem letzten Rennschwung, gibt es doch noch die Möglichkeit, dass ich neben einer großen und einer kleinen Kugel, auch noch eine weitere kleine Kugel ins Gepäck nehmen kann.
Dann wäre der Triumph vollkommen, dann würden alle Dämme brechen.
Herzliche Grüße
Ramona Hofmeister

