Nach dem Super Bowl ist vor der Free Agency in der NFL. Und vor der Free Agency stehen bereits einige wichtige Personalien bei diversen Teams an. Keine ist dabei wohl so brisant wie die Vertragssituation von Quarterback Dak Prescott bei den Dallas Cowboys, der sich in einer einzigartigen Verhandlungsposition befindet.
Die Dallas Cowboys gehen in eine richtungsweisende Offseason für eine Saison, in der endlich der große Wurf gelingen soll, nachdem man trotz einer dritten 12-Siege-Saison am Stück erneut früh in den Playoffs gescheitert war und dieses Mal sogar ziemlich chancenlos war gegen ein aufstrebendes Packers-Team. Will sagen: es war nicht mal der übliche Endgegner aus San Francisco, der die jährlichen Träume zerschmetterte.
Dennoch beschloss Teameigner und General Manager Jerry Jones, mit Head Coach Mike McCarthy weiterzumachen. Mittlerweile steht auch fest, dass der frühere Cowboys-Assistant Mike Zimmer als Defensive Coordinator zurückkehrt und Nachfolger von Dan Quinn wird, der den Division-Rivalen Washington Commanders übernommen hat. Fernab dieser Personalie gab Jerrah aber schon zu verstehen, dass man in der kommenden Saison "All-In" sein wird, speziell was bestimmte Verträge von Starspielern betrifft.
Ganz oben auf dieser Liste stehen Wide Receiver CeeDee Lamb und natürlich Quarterback Dak Prescott, der wie kein anderer dringend einen neuen Vertrag braucht. Verdient hätte ihn Lamb, der in sein fünftes Vertragsjahr des Rookie-Deals geht, auch, doch während man bei ihm noch rechtfertigen könnte, diesen Vertrag ultimativ auszuspielen, scheint ein solcher Schritt bei Prescott schlicht undenkbar.
NFL: Dak Prescotts Vertrag ist eine tickende Zeitbombe
Prescotts Vertrag ist im Grunde eine tickende Zeitbombe, die im März für die Cowboys zum Problem wird, wenn man sie nicht entschärft.
Grundlegend stehen die Cowboys derzeit bei einem effektiven Cap Space von circa -22,8 Millionen Dollar. Ein Grund dafür ist Prescotts Vertrag. Dak hatte zur Saison Saison 2021 einen Vierjahresvertrag in Höhe von 160 Millionen Dollar unterschrieben, nachdem er die Saison 2020 unter dem Franchise Tag gespielt hatte und diesen zur Not auch 2021 bekommen hätte.
Schon damals war klar, dass die Struktur des Vertrags irgendwann zum Problem werden würde, wenn man ihn nicht vorzeitig verlängern würde. Dieser Punkt ist nun erreicht, denn sein Cap-Hit für 2024 liegt derzeit bei fast 59,5 Millionen Dollar. Sollte die Prognose von "Over the Cap" stimmen und die Salary Cap der NFL in der kommenden Saison bei 242 Millionen Dollar liegen, reden wir hier also von fast 25 Prozent des Gesamt-Caps, den Prescott alleine belegen würde. Und das ist einfach nicht praktikabel, speziell, wenn man ein Titelanwärter sein will und noch ein paar andere Spieler bezahlen muss.
Zu nennen sind hier Lamb, Micah Parsons, der eine Verlängerung nach drei Jahren in der NFL mehr als verdient hätte, sowie weitere Leistungsträger wie Stephon Gilmore, Tyron Smith oder Tony Pollard, die allesamt Free Agents werden.
Prescotts Vertrag beinhaltet für die kommende Saison ein Grundgehalt von 29 Millionen Dollar sowie einen Roster Bonus in Höhe von fünf Millionen Dollar, der am 18. März fällig ist. Sein Jahresgehalt ist nicht garantiert, was aber keine Rolle spielt. Eine Entlassung - undenkbar - hätte Dead Money von mehr als 60 Millionen Dollar zur Folge. Auch ein Trade würde den gleichen Effekt haben. Abgesehen davon dass der aktuelle Deal eine No-Trade-Klausel enthält und Dak somit jegliche Trades ablehnen könnte.
Darüber hinaus ist es unvorstellbar, dass beide Seiten nicht weiter zusammenarbeiten wollen, zumal beide entsprechende Wünsche mehrfach kommuniziert haben. Insofern geht es einfach nur darum, diesen Vertrag, der im Übrigen ohnehin schon zwei Void-Jahre am Ende hat um die Signing-Bonus-Last zu strecken, zu verlängern. Nur so würde man den Cap-Hit senken. Den Vertrag so zu belassen wie er ist, hätte fürs Team aber noch einen weiteren Nachteil, denn durch eine weitere Klausel ist es den Cowboys untersagt, den Spieler nach Ende des Deals 2024 mit dem Franchise Tag zu belegen. Prescott könnte somit also im kommenden Frühjahr mit jedem Team der Liga verhandeln, was mindestens mal den Preis für die Cowboys noch weiter steigern würde.
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Prescott und sein Agent Todd France (CAA Sports) sitzen somit in den anstehenden Verhandlungen mit den Cowboys ganz klar am längeren Hebel, da lediglich die Cowboys negative Konsequenzen hätten, sollte es nicht zu einer baldigen Einigung kommen. Das Timing mag hier nicht ganz entscheidend sein, ist aber in jedem Fall ein Faktor. Will man wirklich "All-In" gehen in dieser Free Agency, wäre so viel Cap Space wie möglich zum Start der Free Agency (13. März) von Vorteil.
Wie könnte ein neuer Vertrag für Prescott, der bislang im Durchschnitt 40 Millionen Dollar pro Jahr verdient hat, in der Praxis aussehen? Das erste Ziel sollte auch für ihn sein, auf einen voll garantierten Vertrag nach Vorbild von Deshaun Watson bei den Browns zu pochen. Womöglich hat Prescott eine bessere Verhandlungsposition für diesen weißen Wal der NFL-Quarterbacks als jeder seiner Kollegen seit Watson. Während Jalen Hurts, Justin Herbert und Joe Burrow allesamt noch ein bis zwei Jahre von der Free Agency entfernt waren noch unter ihren Rookie-Verträgen spielten, somit also kaum echte Druckmittel hatten, sieht das bei Prescott schon anders aus.
Am meisten gepusht hat in dieser Sache sicherlich Lamar Jackson, doch auch er scheiterte letztlich am Umstand, dass auch ihm das rechte Druckmittel fehlte. Der Franchise Tag schränkte ihn ähnlich stark ein wie die Tatsache, dass sich alle anderen Teameigner kurioserweise einig waren, nicht mal mit ihm verhandeln zu wollen. Ein Schelm, wer hier an nicht ganz koschere Absprachen im Hintergrund denkt, um den Sündenfall Jimmy Haslams (Cleveland Browns) bei Watson tunlichst nicht zu wiederholen.
Insofern sollte man jetzt auch nicht unbedingt davon ausgehen, dass Prescott einem der mächtigsten Besitzer der NFL einen solchen vollgarantierten Vertrag aus den Rippen leiern wird. Neue Grenzen aufstoßen könnte Prescotts Vertrag aber allemal. Er gehört - je nachdem, wen man fragt - sicher zu den zehn besten Quarterbacks der Liga, entsprechend wird er einen marktgerechten Preis verlangen. Mindestens.
Cowboys: Greift Dak auch nach Burrow?
Wie wir wissen, ist die Vertragslänge gerade bei Quarterbacks in der heutigen NFL nebensächlich. Verträge sind - Daks aktueller Kontrakt ist ein Paradebeispiel - so strukturiert, dass es fast schon qua Design unabdingbar ist, sie zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder anzufassen und anzupassen. Insofern wird sich auch Prescott an anderen Kernzahlen orientieren. Garantiertes Gehalt, Signing Bonus und - für den Agenten zum Angeben unter Kollegen wichtig - durchschnittliches Jahresgehalt.
Was Garantien angeht, die bereits bei Unterschrift gelten, liegt - abgesehen von Watson (230 Mio.) derzeit Burrow vorne mit 146,6 Millionen Dollar. Herbert und Jackson sind die einzigen, die hier ebenfalls auf über 130 Millionen gekommen sind bisher. Bei praktischen Garantien, also solche, die greifen, sobald die ersten ein bis zwei Jahre absolviert sind, liegt ebenfalls Burrow mit 219 Millionen Dollar vorne (Watson: 230 Mio.). Herbert ist knapp dahinter mit 218,7 Millionen Dollar. Sie sind auch die einzigen beiden, die über 200 Millionen kommen in dieser Hinsicht.
In Sachen Signing Bonus hält Lamar den Rekord mit 72,5 Millionen Dollar. Prescott selbst belegt Rang 2 mit 66 Millionen und lediglich Matthew Stafford erhielt von den Rams noch mindestens 60 Millionen Dollar "auf die Hand".
In puncto durchschnittliches Jahresgehalt kommen derzeit insgesamt vier Quarterbacks über die 50 Millionen Dollar. Auch hier liegt Burrow (55 Mio. Dollar) an der Spitze vor Herbert (52,5 Mio.), Jackson (52 Mio.) und Hurts (51 Mio.). Ein guter Agent würde nun in all diesen Belangen versuchen, hier nicht nur die Spitze anzupeilen, sondern darüber hinaus anzugreifen. Sprich: Ein Durchschnittsgehalt von 60 Millionen Dollar wird man wohl anpeilen, ebenso Garantien, die über die 150 Millionen bei Unterschrift und praktisch 220 Millionen Dollar überschreiten. Signing Bonus? Womöglich 80 Millionen, obgleich dies nicht ganz so entscheidend ist wie die gesamten garantierten Beträge.
Ob das sportlich gerechtfertigt ist, steht nicht wirklich zur Debatte. Prescott ist in der Position, eben das zu verlangen und schon aus Gesamtspielersicht ist es auch irgendwo seine Pflicht, so viel wie möglich die Grenzen des finanziell Möglichen weiter nach oben zu schrauben, zumal die neuen TV-Verträge greifen und entsprechend auch die Salary Cap stetig weiter ansteigen wird in den kommenden zehn Jahren.
Dak Prescott sitzt an einem gehörig längeren Hebel als die Cowboys und wird diesen Vorteil sicherlich dazu nutzen, neue Maßstäbe auf dem Quarterback-Markt zu setzen. Zugleich ist er das Zünglein an der Waage für das weitere Vorgehen der Cowboys speziell in den frühen Wochen dieser Offseason. Jedenfalls dann, wenn die Cowboys tatsächlich "All-In" gehen wollen.
Marcus Blumberg