Skispringerin Josephine Pagnier ist diesen Weltcup-Winter nicht immer vom Glück verfolgt. In ihrer Kolumne für sport.de berichtet sie von ihrer Wind-Lotteri und sagt, warum sie die große Kristallkugel noch immer im Kopf hat.
Würde man eine Statistik anlegen über Athletinnen, die in dieser Saison hinsichtlich der Wetter-und Windbedingungen nicht allzu begünstigt waren, hätte ich gegenwärtig eine Chance auf einen Platz auf dem Podest. Für den Wettbewerb müsste man natürlich nach den Gesetzen der Marketingkommunikation einen einprägsamen Namen kreieren. "Miss Weather" oder wenn es etwas lyrischer klingen sollte: "Windlotteriefeen".
Ich mache ein wenig gute Miene zum bösen Spiel, aber es ist schon auffällig, wie oft ich von Journalisten oder auch Mitstreiterinnen anderer Nationen auf den Umstand hingewiesen wurde, dass der Wind wohl nicht auf meiner Seite gewesen sei. Natürlich realisiere ich das selbst, verdränge die Sachverhalte aber schnell mit dem Argument, dass wir Springerinnen eine Freiluftsportart betreiben und dass sich Nachteile über die Saison statistisch wieder ausgleichen sollten.
In Deutschland und in Österreich wurde ich oft "das" Opfer von Rückenwindverhältnissen, die Dich einfach nach unten zwingen und Dich den Sprung nicht weit ziehen lassen. Ja, gerade bei den Top-Ten-Springerinnen hatte ich reihenweise die "schlechtesten" Bedingungen.
In Willingen war es dann noch etwas perfider: Seitenwinde wurden im Computer als Aufwinde dargestellt und ließen so manchen Trainer im Bewusstsein, der Athletin etwas Gutes zu tun, voreilig abwinken. Die Frage, warum ich so tolle Aufwinde nicht nutzen würde, habe ich achselzuckend weggelächelt, bis selbst die Fernsehanstalten den Sachverhalt thematisierten.
Was soll ich sagen? Ich liebe den Wind sehr, weil er uns oft hilft, weit zu fliegen. Also, ich werde ihn einfach bitten, auch mal für mich zu wehen.
Ansonsten bin ich mit dem bisherigen Verlauf der Saison sehr zufrieden. Ich habe im Sommer gut gerabietet und einen großen Sprung im Leistungsvermögen gemacht. Der erste Weltcup-Sieg meiner Karriere beim Saisonauftakt in Lahti hat mich zudem im Selbstbewusstsein gestärkt. Das Ergebnis, in der aktuellen Gesamtwertung auf Platz 5 zu liegen, befriedigt mich sehr und ist eine gute Grundlage, weiter anzugreifen.
Ich will nach wie vor um die Vergabe der großen Kugel ein Wort mitsprechen, zumindest das Podest der Gesamtweltcupwertung erreichen, darum wird nun Meter für Meter gekämpft. In Mitteleuropa stehen jetzt noch die Wettkämpfe in Rasnov und Hinzenbach an, bevor es dann mit der skandinavischen Raw Air Tour für uns einen echten Stress-Test auf der Agenda hat: in die Gesamtwertung eingehende Qualifikationen, schnelles Wechseln der Wettkamporte und der Schanzen- also eine echte Ralley, wie es sich für das Saisonende dramaturgisch gehört.
Ich werde konzentriert bleiben, versuchen, Chancen zu nutzen und darauf hoffen, dass der Wind zu meinen Gunsten dreht.
Herzliche Grüße
Josephine Pagnier



