Während der Media Days verkündete Chris Jones ein wichtiges Update zu seiner Muskelverletzung am Oberschenkel und gab nach mehreren trainingsfreien Tagen Entwarnung. Der wichtigste Verteidiger im Trikot der Kansas City Chiefs wird damit im Super Bowl voll einsatzfähig sein. Sein Team wird ihn gegen die San Francisco 49ers brauchen.
Chris Jones wurde 2016 in der zweiten Runde des NFL Drafts ausgewählt und spielte fortan für die Chiefs. Auffällig war der fast zwei Meter große und über 140 Kilogramm schwere Hüne dabei vom ersten Tag an. Doch so richtig entkorkt wurde sein besonderes Talent erst in seinem vierten Jahr.
Da heuerte mit Steve Spagnuolo ein neuer Defensive Coordinator bei den Chiefs in Missouri an. Der mittlerweile 64-Jährige vereinfachte die bisher sehr komplexe Spielweise seines Vorgängers Bob Sutton auf ein paar wenige Grundpfeiler. Wie sich später herausstellte, sollte Chris Jones einer der größten Profiteure dieses Wechsels werden.
"In 'Spags' we trust"
Von einer 3-4 wurde auf eine 4-3 Front gewechselt. Jones war ab sofort nicht mehr mit der Verteidigung mehrerer Lücken (Gaps) in der Line vertraut, sondern erhielt klare Zuweisungen. Jones dankte "Spags", indem er ab sofort Woche für Woche seine Magie auf den Platz zauberte. In 102 Karrierestarts legte der Star-Defender 75,5 Sacks und 78 Tackles for Loss auf.
Während hinter ihm von den Linebackern und der leichten Verteidigung in der Secondary ein hohes Maß an Flexibilität verlangt wird, fokussiert sich Jones auf seinen explosiven ersten Schritt, mit dem er Offensive Linemen bereits unmittelbar nach dem Snap aus der Balance bringt und sein hohes Maß an Aggressivität im direkten Clinch mit seinem Gegenspieler.
Die Chiefs spielen in diesem Jahr mit einer sehr hohen Blitzrate. Laut "Next Gen Stats" schicken sie bei vier von zehn Third Downs mindestens einen zusätzlichen Pass Rusher in Richtung des gegnerischen Quarterbacks. Bei diesen Plays generieren sie zu 64,3 Prozent Druck auf den Signalcaller, der dann versucht, den Ball schneller loszuwerden, als geplant ist.
"Ich würde wirklich nicht gegen unsere Verteidigung spielen wollen", lässt Spielmacher Patrick Mahomes mit seinen Aussagen vermuten, wie schwer die Defense seines eigenen Teams zu überwinden ist. "Wir haben überall großartige Spieler, auf jedem einzelnen Level. Sie haben Tiefe im Kader, Jungs, die sich einmischen und alles können. Und dann haben sie noch Spags und seinen Plan. Alle Jungs sind so gut in das Schema eingewiesen, dass sie es zu ihrem Vorteil nutzen. Es ist schwer, einen Überblick darüber zu bekommen, was sie tun. Deshalb wusste ich es im Trainingslager. Ich dachte: 'Mann, ich bin froh, dass ich gegen diese Jungs nicht spielen muss.'"
Jones ist der Schlüsselspieler
Zum Erfolg der Defense gehören nach den Aussagen von Mahomes "großartige Spieler". Hier kommt Chris Jones ins Spiel. Denn wie wichtig er für sein Team ist, bekam die Mannschaft zum Saisonbeginn zu spüren. Da setzte der fünffache Pro Bowler aufgrund stockender Vertragsverhandlungen nämlich im ersten Spiel aus und prompt setzte es eine Niederlage gegen die Detroit Lions.
Im eigenen Podcast "New Heights" appellierte Travis Kelce nach dem schlechten Saisonstart an alle Verantwortlichen und vor allem an seinen Teamkameraden Jones: "Dies bin ich, der mit dir verhandelt, damit du einfach zurückkommst und für die Chiefs Football spielst. Bitte! Wir brauchen dich dringend."
Damit das System von Spagnuolo funktioniert, dem seine Defense vor kurzem ein eigenes T-Shirt mit dem Schriftzug "In Spags we trust" widmete, müssen trotz der Einfachheit viele Räder ineinandergreifen. Während die Secondary weiter hinten die Pässe der gegnerischen Quarterbacks abfangen soll und vor allem gierig auf der Jagd nach Turnovern ist, muss vorne an der Front unaufhörlich Druck erzeugt werden, damit keine Big Plays generiert werden können.
Chris Jones hat deshalb zwei Aufgaben, die er bisher mit Bravour erfüllt hat. Mit einer hohen Pressure-Rate bricht er den Rhythmus des Quarterbacks und zwingt diesen zu Fehlern. Zusätzlich muss er in der Mitte das Laufspiel des Gegners stoppen, damit bei Third Downs Situationen entstehen, in denen die Offense noch viele Yards für ein neues First Down überbrücken muss.
Die Chiefs müssen das Run Game der 49ers stoppen
Um die 49ers mit ihrem vielseitigen Laufspiel und ihren gefährlichen Playmakern im Passangriff zu stoppen, erhält Jones zuallererst den Job, das Run Game durch die Mitte zu unterbinden. Gelingt ihm das mit seinen Mitspielern, wäre das ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg.
Wenn die Niners in dieser Saison über 140 Rushing Yards erzielt haben, gingen sie in allen elf Partien (inklusive Postseason) als Sieger vom Feld. Konnten sie am Boden mit ihrem Angriff weniger Raumgewinn erzielen, verloren sie fünf von acht Mal. Denn in dem Fall bekommt San Francisco auch Probleme im Passangriff.
Brock Purdy spielte in sieben der acht Spiele mit weniger als 140 Yards Raumgewinn im Laufspiel auf der Startposition des Quarterbacks. In diesen Einsätzen warf er neun Interceptions und wurde 14 Mal gesacked. Weitere 14 Sacks verteilen sich auf die restlichen elf von ihm gespielten Partien und noch viel bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Purdy in den anderen Spielen nur zwei weitere Interceptions warf.
Damit erhält Chris Jones mit seiner Defensive Line eine Hauptrolle im Super Bowl. Wenn Niners-Quarterback Purdy größere Raumgewinne bei Third Downs überwinden muss, weil sein Running Back Christian McCaffrey weder für Vortrieb noch für wenige explosive Big Plays sorgen kann, muss ihr Spielmacher die Defense mit seinem Arm überwinden.
Die abgelaufene Saison hat eindrucksvoll bewiesen, dass Purdy nicht dieser kreative Anführer ist, den die Chiefs in ihrer Angriffsreihe in Mahomes haben. Er wird dann dem Druck frei ausgesetzt sein und gegen den amtierenden AFC-Champion ähnliche Probleme zeigen, wie bei den Niederlagen gegen die Baltimore Ravens, Cincinnati Bengals und den Cleveland Browns aus der AFC. Chris Jones ist dann ein Name, der während der Übertragung des Öfteren fallen dürfte.
Philipp Forstner



































