Die NFL Playoffs haben ihre Final Four gefunden und es wurde mal wieder deutlich, wie gering der Abstand zwischen einem Helden und einem Sündenbock ist. Die Buccaneers müssen wohl tief in die Tasche greifen und bei den Bills sollte sich einer ganz besonders hinterfragen. Die Erkenntnisse zur Divisional Round.
NFL: Schmaler Grat zwischen Held und Sündenbock
In den Playoffs entscheiden manchmal Nuancen. Besser als im NFC Divisional Game zwischen den Packers und 49ers hätte man das nicht illustrieren können. Wer das Spiel in voller Länge verfolgt hat, wird währenddessen den Eindruck gewonnen haben, dass Jordan Love der große Star dieses Spiels war und Brock Purdy auf der anderen Seite eine ziemlich dezente Vorstellung abgeliefert hatte.
Wer sich jedoch die Berichterstattung in den US-Medien im Anschluss anschaut, sieht ein komplett anderes Bild. Da nämlich ist Love der Sündenbock und Purdy der gefeierte Held, schließlich führte er sein Team mit einem starken Drive zum Sieg, während Love eine dumme Interception warf, die das Aus seiner Packers besiegelte.
Hier muss man dann wieder einmal betonen, dass es einen großen Unterschied macht, ob man ein Ergebnis bewertet oder eine Leistung.
Gehen wir nach Ergebnis, ist die Sache wie beschrieben klar. Die Niners sind im NFC Championship Game, die Packers im Urlaub. Doch wer sich die Leistungen anschaut, bekommt wohl einen etwas anderen Eindruck. Während nämlich Love wieder eine spektakuläre Vorstellung ablieferte und sein Team im Spiel hielt, war Purdy über weite Strecken wackelig und wirkte verunsichert.
Doch sein letzter Drive war ziemlich gut. So gut, dass er seinem Team den Sieg bescherte. Purdy fand Chris Conley und Brandon Aiyuk für Chunk Plays Downfield und war auch bei kurzen Pässen auf Christian McCaffrey präzise. Zudem gelang ihm früher im Spiel ein sehenswerter Deep Ball auf George Kittle für einen Touchdown.
Love wiederum hatte Pech bei seiner ersten Interception, die abgefälscht war. Die zweite hingegen war schmerzhaft, weil er zu lange wartete und dann die Sünde beging, entgegen seiner Laufrichtung quer übers Feld zu werfen - noch dazu in Triple-Coverage. Danach war es vorbei.
Purdy trotz uncharakteristisch nervöser Vorstellung der Held und darf sich in der kommenden Woche erneut erwehren, Love dagegen wird trotz einer beeindruckenden Gesamtelstung in den Playoffs nun mit Wut im Bauch in die Offseason gehen.
Sein Trostpflaster aber wird nicht lange auf sich warten lassen: Da er in sein letztes Vertragsjahr geht, ist davon auszugehen, dass ihn die Packers für seine starke Starter-Debütsaison mit einem Vertrag ausstatten werden, der ihn zu einem der Topverdiener der NFL machen wird. Und Purdy? Der muss mindestens noch ein Jahr mit seinem Rookie-Vertrag auskommen, ehe bei ihm die Kasse klingeln kann.
NFL: Buccaneers sollten Mayfield und Evans halten
Die Bucs scheiterten am Ende an den Lions, doch die Tatsache, dass sie es a) überhaupt in die Divisional Round geschafft haben, und b) dort durchaus eine Chance auf den Sieg hatten, lag hauptsächlich am Duo Baker Mayfield und Mike Evans. Zwar hatte Evans nicht mal seinen besten Tag und ließ ein paar gute Pässe fallen. Doch er zeigte einmal mehr seine Big-Play-Fähigkeiten. Nicht nur erzielte er spät einen Touchdown, er bereitete auch den von Cade Otton mit einem sehenswerten Diving-Catch über 29 Yards vor. Er unterstrich, dass er weiter ein produktiver X-Receiver in der NFL ist, nachdem er standesgemäß in der Regular Season mal wieder mehr als 1000 Yards erzielt hatte (79 REC, 1255 YDS, 13 TD).
Mayfield spielte in den Playoffs zudem groß auf und hatte offenkundig eine starke Saison, ohne die die Bucs es nicht in die Playoffs geschafft hätten, ein Jahr nach dem Rücktritt von Tom Brady. Beide werden nun Free Agents und wenigstens Mayfield bekundete bereits, dass er gerne in Tampa Bay weitermachen würde. Zudem sagte er am Sonntag deutlich, dass er auch in Zukunft mit Evans zusammenspielen wolle.
Evans wiederum gab ebenfalls an, im Idealfall weiter mit Mayfield spielen zu wollen, für den Fall, dass er selbst in Nordflorida bliebe. Das allerdings scheint nicht unbedingt gesichert zu sein, denn da war ja was vor der Saison. Beide Seiten verhandelten um einen neuen Vertrag, doch dann gab Evans' Agent öffentlich bekannt, dass ab einem bestimmten Stichtag keine weiteren Verhandlungen mehr stattfinden würden und sein Klient in dem Fall in sein letztes Jahr in Tampa gehen würde.
Ob sich Evans' Haltung diesbezüglich geändert hat, ist unklar. In jedem Fall jedoch sollten die Bucs nach Möglichkeit beide Offensivkräfte halten, schließlich ist dies immer noch eine explosive Kombo. X-Receiver gibt es nicht wahnsinnig viele auf dem Markt und gute Quarterbacks ohnehin nicht. Spannend wird nun erstmal zu sehen, ob es gelingt, sich in der Offseason frühzeitig mit mindestens einem der beiden auf einen neuen Deal zu einigen. Denn das würde die Möglichkeit eröffnen, den jeweils anderen per Franchise Tag zu halten. Nicht wünschenswert, aber möglich.
Was die reine Summe betrifft, wäre dieses Szenario mit Evans jedoch eher zu verschmerzen als mit Mayfield, denn Quarterbacks sind hier deutlich teurer, auch wenn sein neuer Vertrag sicherlich auch nicht günstig kommen würde.
NFL - Bills: Das größte Problem bleibt McDermott
Die Bills haben schon wieder gegen die Chiefs verloren, als es darauf ankam, also in den Playoffs. Erneut endete eine Saison von Josh Allen in seiner Prime brotlos und frühzeitig im Divisional Game. Dieses Mal ist es besonders schmerzhaft, weil es vor heimischer Kulisse nicht gereicht hat.
Wer Ursachen sucht, findet sicher die finale Sequenz nach der Two-Minute Warning, in der Allen einfach zu viel wollte, nämlich den Touchdown, anstatt erstmal das neue 1st Down in der Red Zone mit einem Pass über die Mitte zu Stefon Diggs zu suchen. Die Incompletion in die Endzone brachte 3rd&Long und die Chance für Steve Spagnuolo auf der anderen Seite endlich mal zu blitzen, was noch eine Incompletion zur Folge hatte. Anschließend versenkte Kicker Tyler Bass das Spiel mit einem Fehlschuss.
Doch selbst wenn der Versuch aus 44 Yards gesessen hätte, wären den Chiefs noch 1:47 Minuten auf der Uhr und zwei Timeouts geblieben. Und Mahomes hätte nur Field-Goal-Reichweite erreichen müssen. Für mich stand die Niederlage der Bills schon vor dem Field-Goal-Versuch fest.
Das weitaus größere Problem war hingegen die Tatsache, dass die Bills-Defense über weite Teile des Spiels aber so überhaupt nichts entgegenzusetzen hatte. Wie ich in der vergangenen Woche in einem Artikel erwähnt hatte, war es in Woche 14 beim ersten Duell der beiden in dieser Saison (20:17 Bills) noch ein probates Mittel, Mahomes zu blitzen. Im Spiel am Sonntag dagegen war davon nichts zu sehen. McDermott traute sich offensichtlich nicht und blitzte Mahomes in weniger als zehn Prozent seiner Dropbacks!
Sicherlich fehlten einige Leistungsträger, doch zu versuchen, Mahomes in Man Coverage zu bekämpfen, klappte offensichtlich nicht. Auch ließ man die Tür immer wieder fürs Run Game offen - das kann man wirklich aufs mangelnde Personal zurückführen. Doch entscheidend war, dass man aufs Passspiel keine Antwort hatte.
Und wer ist ultimativ dafür verantwortlich? Natürlich Sean McDermott, der die Defense nach dem Abgang von Leslie Frazier in der Offseason selbst übernommen hat. Und McDermott gehen nun langsam die Sündenböcke aus. Fraziers Abgang soll nicht ganz friedlich verlaufen sein, im Laufe der Saison wurde dann auch noch Offensive Coordinator Ken Dorsey entlassen, obwohl der keinen wirklich schlechten Job gemacht hätte - Allen hatte einfach sehr viel Pech mit Turnovers.
Dessen Nachfolger Joe Brady machte seither einen guten Job, doch die Defense war im wichtigsten Spiel des Jahres nicht im Bilde und zeitweilig komplett überfordert.
McDermott ist seit 2017 im Amt und spätestens seit 2020 befindet sich Allen in seiner Prime. McDermott hat nun also schon mindestens vier Jahre dieser Prime essenziell verschwendet. Und er war es auch, der nach 2020 die Offense gewissermaßen verlangsamte und das hemmungslose Passspiel von OC Brian Daboll eindämmte - mehr Run Game heißt mehr Spielkontrolle und so ... Ebenfalls eine Maßnahme, die den Bills nicht wirklich geholfen hat.
McDermott steht nun erneut mit leeren Händen da und muss so langsam mal ein großes Spiel gewinnen, das in ihn gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Die Coordinators, die er nun noch feuern könnte, sind ihm jedenfalls ausgegangen.
NFL - Mike Macdonald gibt Visitenkarte ab
Derzeit laufen die Suchen nach neuen Head Coaches in der NFL auf Hochtouren. Und obwohl ich grundlegend Trainern mit Offensiv-Background den Vorzug geben würde, gibt es durchaus auch ein paar Defensivspezialisten, die eine Chance verdient hätten. Einer, der sich gerade auch an diesem Wochenende ausgezeichnet hat, ist Mike Macdonald, der Defensive Coordinator der Baltimore Ravens.
Seine Defense hielt die zuletzt so brillant aufspielende Offense der Houston Texans im Grunde bei null Punkten. Houston erzielte zehn Punkte, jedoch gingen vier davon auf den Kicker und der einzige Touchdown war ein Punt-Return. Die Offense selbst erzielte keine Punkte. C.J. Stroud sah 17 Mal Pressure und auch wenn er keinen Sack kassierte, schadete dies seiner Präzision merklich. Besonders schwach war er gegen den Blitz und die Ravens blitzten den Rookie in 14 seiner 35 Dropbacks.
Zudem wurde das Run Game abgemeldet. Die Texans liefen am Ende nur für 3,2 Yards pro Carry und das größtenteils über Outside Zone Runs. Die Coverage war zudem exzellent.
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Das ist insofern bemerkenswert, als dass die Texans eines der Teams sind, die mit einer sogenannten Shanahan-Offense agieren. Offensive Coordinator Bobby Slowik war Teil des legendären Coaching Staffs Washingtons im Jahr 2013 unter Mike Shanahan. Slowik ist ebenfalls ein heißer Head-Coach-Kandidat in diesem Frühjahr.
Macdonald jedoch stoppte diese Offense und zeigte damit, dass er einen funktionalen Weg gefunden hat, eben dies zu tun. Immer mehr Teams setzen auf dieses Scheme und wenn man dann einen Coach hat, der einen guten Weg dagegen in seinem Repertoire hat, ist das allein schon ein Grund, ein gezieltes Auge auf ihn zu werfen.
Marcus Blumberg




































