Die Denver Broncos haben Quarterback Russell Wilson auf die Bank gesetzt, die Zeichen stehen nun auf eine baldige Trennung. Doch eine solche ist praktisch gesehen gar nicht so einfach. Sport.de nennt die Optionen des NFL-Teams, seinen Topverdiener loszuwerden.
Dieser Artikel erschien ursprünglich Anfang Januar.
Bevor die Denver Broncos an Silvester trotz eines Siegs über die Los Angeles Chargers endgültig die Playoffs verpassten, sorgten sie bereits in der Vorwoche für Aufsehen mit der Entscheidung, Quarterback Russell Wilson auf die Bank zu setzen. Die Gründe dafür sind dabei nicht wirklich sportlich und unterm Strich wohl auch ein wenig schäbig, auch wenn Head Coach Sean Payton das nicht unbedingt zugeben wollte oder jemals wird.
Letztlich dürfte mit diesem Schritt aber feststehen, dass Wilson und die Broncos künftig getrennte Wege gehen werden. Nur die Art und Weise, wie die Broncos diese Trennung angesichts seines komplizierten Vertrags über die Bühne bringen wollen, ist noch offen und lässt Raum für Spekulationen.
Wilson selbst erklärte nach der Posse, dass er gerne auch 2024 bei den Broncos bleiben wolle. Und auch wenn das abwegig klingt, kann man dies nicht ganz ausschließen. Grund dafür ist der Vertrag, den Wilson nach dem spektakulären Trade mit den Seahawks im Jahr 2021 in Denver unterzeichnet hat. Dieser nämlich sieht vor, dass nicht nur sein Gehalt für 2024 voll garantiert ist, sondern auch sein Gehalt für 2025 garantiert sein würde, wenn er am fünften Tag des neuen Liga-Jahres - also am 17. März 2024 - noch im Kader der Broncos steht.
Broncos unternahmen ersten Anlauf nach Chiefs-Sieg
Konkret sprechen wir hier von Gesamtbeträgen von 39 Millionen Dollar 2024 - 17 Millionen Dollar Grundgehalt samt eines Option-Bonus in Höhe von 22 Millionen Dollar - sowie 37 Millionen Dollar (Grundgehalt) 2025. Stand jetzt wären die 37 Millionen Dollar für 2025 nur im Fall einer schweren Verletzung garantiert gewesen. Sollte er einen Medizincheck zum Start des kommenden Liga-Jahres nicht bestehen aufgrund einer Footballverletzung, würde diese Garantie greifen.
Und das war auch der oberflächliche Grund, ihn dieses Jahr nicht mehr einzusetzen. Wie Wilson mittlerweile bestätigte, wollte das Team von ihm vor ein paar Wochen eine Anpassung des Vertrags inklusive einer Verschiebung des Eintretens besagter Garantiesumme für 2025. Und dies unter Androhung einer Versetzung auf die Bank. "Sie kamen während der Bye Week auf mich zu und sagten mir, dass ich für den Rest der Saison auf die Bank gesetzt werden würde, wenn ich meinen Vertrag, also meine Verletzungs-Garantie, nicht ändern würde", berichtete Wilson gegenüber Reportern.
Der 35-Jährige fuhr fort: "Ich war definitiv enttäuscht darüber. Es war ein ganzer Prozess über die ganze Bye Week hinweg. Wir hatten gerade erst die Chiefs geschlagen. Ich war natürlich aufgeregt, dass wir um die Playoffs gekämpft haben. Und dann schalteten sich die NFLPA und NFL irgendwann auch ein, denke ich." Zudem stellte Wilson klar: "Ich hätte auf keinen Fall auf meine Verletzungs-Garantie verzichtet. Dieses Spiel ist so ein physischer Sport. Ich spiele jetzt seit zwölf Jahren, also ist mir das wichtig."
Wilson weigerte sich also und nachdem sich auch die NFLPA und NFL einschalteten, nahm Denver zunächst Abstand von der angedrohten Maßnahme. Nun zog man sie aber doch durch.
Denver Broncos: Optionen für eine Trennung von Russell Wilson
Die Broncos besiegten nun mit Quarterback Jarrett Stidham die Chargers und der QB zeigte eine solide Vorstellung. Er wird aber mutmaßlich nicht die Zukunft auf der Quarterback-Position der Broncos sein, Wilson aber sehr wahrscheinlich auch nicht. Und damit haben die Broncos nicht viele Möglichkeiten, diese bislang unglückliche Ehe vorzeitig zu beenden. Die da wären:
Ein Trade
Ein Trade ist theoretisch möglich, würde aber bedeuten, dass Wilson sehr wahrscheinlich seinen Vertrag anpassen muss und dann eben auf Geld verzichten müsste. Angesichts der Garantien, die er schon hat und die er sehr bald bekommen wird, macht das aber keinen großen Sinn. Zudem waren seine durchaus ordentlichen Leistungen in dieser Saison auch nicht so gut, dass man unbedingt diesen Preis rechtfertigen könnte.
Entlassung vor dem 17. März
Entsprechend schauen wir auf die Entlassungs-Optionen. Die Broncos haben, wenn sie diesen Weg gehen wollen, die Wahl zwischen zwei sauren Äpfeln. Wenn sie Wilson zum oder vor dem Start des neuen Liga-Jahres entlassen, müssten sie Dead Money in Höhe von 85 Millionen Dollar schlucken. Im Vergleich zu seinem ohnehin schon hohen Cap Hit für die kommende Saison wäre das ein zusätzliches Minus von 49,6 Millionen Dollar. Stand jetzt hätten sie bei einer von "Over The Cap" prognostizierten Salary Cap von 242 Millionen Dollar Cap Space von -18 Millionen Dollar. Sobald sie mindestens 51 Spieler im Kader haben, würde dieser auf -27 Millionen Dollar schrumpfen.
Das heißt praktisch, dass sie erstmal fast 80 Millionen Dollar an Cap Space freiräumen müssten, um überhaupt in der Lage zu sein, Wilson ab dem 13. März und vor dem 17. März zu entlassen. Nicht unmöglich, wäre es aber dennoch größerer Aufwand mit nicht allzu vielen Großverdienern im Kader, die man entweder entlassen oder deren Verträge man anfassen könnte. Der Vorteil dieser Variante wäre jedoch, dass man die 37 Millionen für 2025 sparen würde. Es ist gewissermaßen der buchhalterische saure Apfel.
Entlassung nach dem 1. Juni
Der finanzielle saure Äpfel wäre wiederum, Wilson offiziell erst nach dem 1. Juni als sogenannten "Post June 1 Cut" zu deklarieren. Dann nämlich wird das Dead Money, dass man für die Entlassung des Spielers aufnehmen würde, auf die kommenden zwei Saisons aufgeteilt. In der Praxis hieße das, dass man für 2024 nur 35,4 Millionen Dollar an Dead Money schlucken müsste. Dies entspricht seinem Cap Hit für die kommende Saison. Die übrigen 49,6 Millionen würden erst 2025 in den Büchern stehen und könnten dann womöglich besser verkraftet werden, weil dann auch die Salary Cap sehr wahrscheinlich weiter ansteigt.
Der Nachteil: Sein tatsächliches Gehalt von 37 Millionen Dollar 2025 müssten die Broncos damit zahlen, weil er eben am 17. März noch Teil des Kaders wäre.
Die Walton-Penner-Familie, Mehrheitseigner der Broncos, verfügt über ein Gesamtvermögen von rund 60 Milliarden Dollar. Sie sind damit die reichsten Owner der NFL - mit weitem Abstand. Geld spielt also vermutlich keine Rolle. Doch wer weiß schon, ob sie damit einverstanden sind, einem Spieler unterm Strich 76 Millionen Dollar dafür zu zahlen, dass er nicht mehr für sie spielt? Milliardäre gelten bekanntlich nicht unbedingt als freigiebig, sonst wären sie vermutlich keine Milliardäre.
Mit einer Entscheidung in dieser Saison ist allerdings tatsächlich erst im März zu rechnen, es sei denn, jemand macht tatsächlich einen Trade mit Denver. Nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich.
Marcus Blumberg



































