Die deutschen Handball-Frauen sind von der Weltspitze noch ein gutes Stück entfernt. Nach dem krachenden Viertelfinal-Aus geht es nun um einen versöhnlichen WM-Abschluss.
Emily Bölk sprach mit brüchiger Stimme, die Tränen kullerten ihr über die Wangen. "Wir sind imstande, den Schritt zu machen. Doch es hat in Summe nicht gereicht", sagte Deutschlands bekannteste Handballerin. Dann wandte sie sich entschuldigend ab und fand Halt in den Armen ihrer Teamkollegin Alina Grijseels.
Die Szene in den Katakomben der Jyske Bank Boxen von Herning war der hochemotionale Schlussakkord des jäh geplatzten Medaillentraums der deutschen Handball-Frauen. Statt um das Podium geht es für Bölk, Grijseels und ihre Mitspielerinnen nach einer desaströsen ersten Hälfte gegen Schweden am Wochenende nur noch um die Plätze fünf bis sieben, für die hochveranlagte Generation um die beiden DHB-Kapitäninnen war im Viertelfinale Endstation. Wieder einmal.
"Wir haben wenig Zeit zu trauern"
"Ich glaube nicht, dass wir daran zerbrechen", sagte Grijseels nach dem 20:27 (6:16) gegen die Skandinavierinnen und forderte nach dem Deja-vu-Erlebnis, "den Schalter jetzt schnell umzulegen und das Turnier erfolgreich zu Ende bringen". Auch Bundestrainer Markus Gaugisch blickte nach einer kurzen Nacht mit kleinen Augen auf den keineswegs unbedeutenden WM-Endspurt. "Wir haben wenig Zeit zu trauern, sondern müssen das abschütteln", betonte der DHB-Coach am Donnerstagmorgen im "ZDF".
Im ersten von zwei Platzierungsspielen trifft das deutsche Team schon am Freitagvormittag (11.30 Uhr/Sportdeutschland.TV) auf Tschechien. Von der Abschlussplatzierung hängt ab, gegen wen die deutsche Mannschaft im Olympia-Qualifikationsturnier im April ran muss. Dann wollen sich die DHB-Frauen erstmals seit Peking 2008 für olympische Sommerspiele qualifizieren.
"Natürlich ist es jetzt hart, wieder aufzustehen", sagte Bölk niedergeschlagen. Die Rückraumspielerin gab sich trotz müder Knochen und angeknackster Psyche alle Mühe, den Resetknopf zu drücken: "Wir wissen ganz genau, was jetzt noch auf dem Spiel steht. Wir wollen die möglichst beste Platzierung noch rausspielen für die Olympia-Qualifikation. Das wäre Platz fünf."
Nach drei siebten Plätzen hatten Gaugisch und seine Spielerinnen auf die erste Halbfinal-Teilnahme für ein deutsches Team seit 15 Jahren gehofft - doch am Ende waren es einmal mehr offenbar die Nerven, die der DHB-Auswahl einen Strich durch die Rechnung machten. Trotz starker Leistungen und fünf Siegen im Turnierverlauf fehlte es im ersten K.o.-Spiel an der nötigen Coolness.
Fehlwurf-Festival statt Handball-Party
Ein kollektiver Blackout zu Beginn der Partie mit fast 15 Minuten ohne eigenen Treffer hatte die deutschen Hoffnungen auf die erste Medaille seit WM-Bronze 2007 am Mittwochabend im Keim erstickt. Hinzu kam eine unterirdische Quote von 26 (!) Fehlwürfen, die die routinierte Rückraumspielerin Xenia Smits hinterher "sprachlos" machte.
Auch die Verbandsspitze musste die denkwürdige erste Hälfte "erst einmal verarbeiten", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. Dennoch sei eine "positive Entwicklung" erkennbar: "Wir sind mit der Tendenz des Teams zufrieden."
Nach der knappen Niederlage zum Hauptrundenabschluss gegen Titelanwärter Dänemark (28:30) hatte man sich dennoch näher an der Weltspitze gewähnt. "Wir sind es leider noch nicht, aber wir sind auf dem Weg dorthin und von dem Weg lassen wir uns nicht abbringen", sagte Gaugisch. Und Bölk versprach für die WM-Zielgeraden: "Wir wollen absolut noch mal Gas geben und in den letzten zwei Spielen eine Performance zeigen, die uns würdig ist."