Hat der Darts-Sport ein Alkoholproblem? Der Konsum von Bier und Co. ist für die Darts-Profis offiziell nicht verboten und kann in geringen Mengen die Leistungen sogar steigern, erklärt Mediziner Christoph Specht.
Alkohol ist ein Zellgift, klar. Und in den meisten Sportarten ohnehin kontraproduktiv. Es gibt aber Ausnahmen - zum Beispiel im Darts.
2018 überraschte die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA mit einer Änderung ihrer Doping-Richtlinien. Seit jenem Jahr gehört Alkohol nicht mehr zur offiziellen Verbotsliste. Die WADA nahm damit die einzelnen Sportverbände in die Pflicht. Für die allermeisten Sportarten ist der Konsum vor dem Wettbewerb auch leistungsmindernd. Bis zur Änderung hatten noch vier Sportverbände Alkohol am Wettkampftag vorgeschrieben: Luftsport, Autosport, Bootsport und Bogenschießen.
Eklat bei der Darts-WM 2023
Der Darts-Sport, der aus den Pubs die Hallen der Welt erstürmte, ist für viele mit Alkoholkonsum verbunden. Nicht nur die Zuschauer wie beispielweise bei der seit Freitag laufenden WM im "Ally Pally" in London, sondern auch einige Profis selbst nuckeln dem Vernehmen nach doch gerne mal am Gerstensaft.
Bei der Darts-WM im vergangenen Jahr sorgte der Nordire Mickey Mansell bei seinem Erstrundenmatch für einen Eklat. Beim obligatorischen Sieger-Interview wirkte er deutlich angetrunken. Neben seinem Lallen waren auch Mansells unkontrolliert wirkende Gestik und Mimik nicht zu übersehen.
Harte Worte von deutschem Darts-Profi
Im Sommer ließ dann der deutsche Darts-Spieler Jochen Graudenz mit heftigen Aussagen aufhorchen. "Der Dartsport ist ein richtig dreckiger Sport", klagte Graudenz gegenüber dem Portal "dartsnews.de". Sein Vorwurf: "Wenn du da ganz hoch hinaus willst, da hast du von den Topstars gefühlt 70 Prozent Alkoholiker."
Der Deutsche Darts-Verband DDV reagiert nun und kündigt für die kommende Saison Alkoholkontrollen an. "Das realistischste Szenario zum aktuellen Zeitpunkt ist eine Promillegrenze mit Kontrollen, die schrittweise abgesenkt wird", teilt der DDV der "ARD Doping-Redaktion" mit. Der Verband handle vor dem "Hintergrund des Jugendschutzes", sehe aber auch" leistungssteigerndes Potenzial" beim Pfeilewerfen.
Nach "Bild"-Informationen soll die Allholgrenze zunächst bei 0,8 Promille liegen und dann auf 0,5 gesenkt werden.
Alkohol im Spitzensport, wie passt das zusammen?
Mediziner erklärt den Faktor Alkohol im Darts
"Alkohol und damit natürlich auch Bier hat im Sport, vor allen Dingen im Spitzensport, im Prinzip nur negative Auswirkungen. Alkohol ist ein Zellgift, es verhindert auch den Muskelaufbau. Insgesamt will das niemand haben im Sport. Es gibt aber eine Ausnahme, und zwar bei den Sportarten, wo es auf eine ruhige Hand, auf Präzision ankommt", erklärt Medizinjournalist Christoph Specht zu RTL/ntv und sport.de. Also beispielsweise im Darts. "Und da kann der Alkohol in geringen Mengen tatsächlich den Stresslevel reduzieren, ein etwas ruhiger machen und dann natürlich auch möglicherweise das Ergebnis verbessern."
Entscheidend sei die Dosis, sagt Specht. Das Ergebnis könne "natürlich nur in niedrigen Dosen" besser werden.
"Wenn die Dosis zu hoch ist, dann folgt eine Reduktion der Leistung, einfach weil die Konzentration nachlässt. Man ist nicht mehr so schnell, man reagiert auch nicht mehr so schnell", so Specht. "Man wäre zwar vielleicht ruhig, aber kann dann trotzdem keine gute Leistung mehr vollbringen."
In niedriger Dosierung könnte aber tatsächlich eine "ruhigere, zielsichere Hand" ermöglicht werden. "Insofern könnte man das in einer gewissen Form als Doping bezeichnen."
Kontrollen bei der WM in London soll es übrigens keine geben.
