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Deutsche Skisprung-Asse im Interview

"Man ist schnell in einer Abwärtsspirale, das ist grausam"

Martin Hamann zählt zu den "jungen Wilden" im deutschen Skispringen
Martin Hamann zählt zu den "jungen Wilden" im deutschen Skispringen
Foto: © IMAGO/Ulrich Wagner
05. Dezember 2023, 07:28
sport.de
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Nach den Stationen in Ruka und Lillehammer gastiert der Skisprung-Zirkus am kommenden Wochenende erstmals im Winter 2023/2024 in Deutschland. Vor dem Weltcup in Klingenthal sprechen die "jungen Wilden" im deutschen Team - Justin Lisso, Martin Hamann und Felix Hoffmann - im Interview über schwere Verletzung und schwarze Tage, Comebacks sowie ihre Erwartungen für die Saison.

Schön, Sie alle drei auf einen Schlag im Interview zu haben. Das Thema soll Höhen und Tiefen im Skispringen sein. Sie können alle etwas dazu sagen. Ich fange mal mit dem verletzten Springer an. Justin Lisso, wie geht es Ihnen?

Justin Lisso: Jetzt wieder ganz gut, der Vorfall des Unfalls mit dem Kreuzbandriss ist verdaut, ich bin inmitten der Reha, mache gute Fortschritte, hoffe, im März mit dem Training zu beginnen, um im Sommer wieder auf der Schanze zu sein.

Als der Unfall passierte, waren Sie ja auf einem guten Weg ...

Justin Lisso: Absolut, ich wurde sozusagen in die A-Mannschaft befördert, war wirklich auf einem guten Weg, noch nie bin ich so gut in eine Vorbereitung gegangen. Auch habe ich mich im A-Team gut aufgenommen gefühlt. Das hat mich sehr motiviert und mich in den Trainings auch beflügelt. Ja und dann kam der schwarze Tag in Oberstdorf.

"Skispringen ist ein sehr komplexer Vorgang"

Schwarze Tage gibt es auch bei anderen, Martin Hamann, oder?

Martin Hamann: Ja, wohl war oder um genauer zu sein, gibt es auch schon mal schwarze Jahre. Ich war vor drei Jahren wirklich auf einem guten Weg im Weltcup, die Top 20 anzugreifen, als wir in die Corona-Pandemie kamen. Ich habe damals versucht, auch durch die Rahmenbedingungen beeinflusst, meinen ganz eigenen Weg zu gehen, auch jenseits des Teams. Das hat nicht funktioniert und dann haben schleichende Prozesse eingesetzt, die man erst nicht wahrnimmt und die dann aber einen ins sichere Aus befördert haben.

Felix Hoffmann: Skispringen ist ein sehr komplexer Vorgang mit vielen Stellschrauben, an denen man drehen kann und drehen muss. Wenn einmal das System an einer Stelle gestört ist, stellen sich Kaskadeneffekte ein, das ist wie Domino spielen.

Martin Hamann: Ja, und wenn man merkt, es funktioniert nicht mehr, kommt auch ein mentaler Block. Man ist schnell in einer Abwärtsspirale, das ist grausam.

Aber es gibt auch den Weg zurück.

Justin Lisso: Den gibt es, gerade Martin ist ein Beispiel dafür; er hat sich die Mühe gemacht und alles haarklein analysiert, um das System wieder neu aufzusetzen und hat sich gerade belohnt: ein 6.Platz hier in Klingenthal beim Sommer-Grand-Prix und ein Deutscher Meistertitel, der in unserer Mannschaft nicht unbedingt leicht zu gewinnen ist.

Felix Hoffmann: Ich bewundere deinen Weg, zurück in die Erfolgsspur sehr und bin drücke Dir die Daumen, dass Du deine PS nun auch im Weltcup wieder auf die Straße bringst.

Martin Hamann: Es war eine schwierige Zeit, in der ich manchmal nah am Verzweifeln war. Aber ich bin drangeblieben, das hat sich ausgezahlt; ich habe Schritt für Schritt mein System wiederentdeckt und das hat mich von Sprung zu Sprung stärker gemacht, auch mental. Beim Sommer-Grand-Prix ist dann ein Knoten geplatzt. Letztlich war es aber eine Bestätigung aller Trainingsleistungen.

Herr Lisso, der Wille zum Weg zurück, war bei Ihnen auch sofort nach der Verletzung da?

Justin Lisso: Ja, der war da. Ich hatte keine Sekunde, wo ich mir selbst das Karriereende erklärt habe. Skispringen ist eine Leidenschaft für alle Springer, das gibt man nicht so einfach her. Es war klar, dass ich mich auf den Weg mache.

Herr Hoffmann, Sie sind auch neues Mitglied des A-Teams, werden aber erst einmal im Continental-Cup starten, ein kleiner Dämpfer?

Felix Hoffmann: Das würde ich so nicht sagen. Unser A-Team ist sehr stark und die Weltcupplätze sind begrenzt. Natürlich liebäugelt man als A-Team-Mitglied mit Einsätzen im Weltcup; im Ergebnis bin ich knapp gescheitert, ebenso wie prominentere Mitstreiter wie Markus Eisenbichler. Entscheidend ist aber die permanente Entwicklung seiner Performance. Wenn es da in die richtige Richtung geht, ist alles in Ordnung, dann kommt der Rest von allein. Ich werde meine Chance bekommen, die muss ich nutzen.

"Ich möchte mich so schnell wie möglich für den Weltcup empfehlen"

Nutzen Sie Ihre Chance jetzt, Herr Hamann?

Martin Hamann: Selbstverständlich, zwei Jahre hat es gebraucht und dann habe ich die erste Chance ergriffen, indem ich so stark sprang, dass die Nominierung für den Weltcupkader kam. Ich schöpfe nun Kraft aus den Ergebnissen für die kommenden Aufgaben und habe auch nur eins im Blick: meine springerische Entwicklung.

Was verbinden Sie alle mit der Klingenthaler Schanze?

Justin Lisso: Das Klingenthaler Publikum ist begeisterungsfähig und fachkundig, da ist Resonanz in der Arena, das hat mir immer gut gefallen.

Felix Hoffmann: Ich mag die Schanze sehr, wenn Du sie einmal gelesen hast, trägt sie dich weit runter.

Martin Haman: Der Sommer-Grand-Prix hier vor wenigen Wochen war ein Schlüsselerlebnis. Der sechste Platz in einem international gut besetzten Feld hat mich gezündet. Über den deutschen Meistertitel habe ich mich dann sehr gefreut. Jetzt sind die nächsten Mosaiksteinchen gute Weltcupplatzierungen.

Herr Lisso, Herr Hoffmann, was sind Ihre Saisonziele?

Justin Lisso: Ich möchte einfach wieder im nächsten Sommer von den Schanzen springen.

Felix Hoffmann: Ich habe das Glück, im Winter Springen zu können, bei mir ist der Ort im Fokus (lacht). Ich möchte mich natürlich so schnell wie möglich für den Weltcup empfehlen.

Klingenthal 2023/2024

1DeutschlandKarl Geiger274.70
2ÖsterreichStefan Kraft273.50
3JapanRyoyu Kobayashi270.70
4DeutschlandAndreas Wellinger263.90
5DeutschlandPius Paschke263.80

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