Die Carolina Panthers haben sich nach nicht mal einer Saison von Head Coach Frank Reich getrennt. Dieser Move mag angesichts der gezeigten Leistungen seines Teams vertretbar sein, folgt jedoch auch einem bedenklichen Trend in der NFL. Das größte Problem jedoch bleibt bestehen. Ein Kommentar von sport.de-Redakteur Marcus Blumberg.
Am Ende bekam Frank Reich nur elf Spiele bei den Carolina Panthers und verlor zehn davon. Er hat einen offensiven Background und galt spätestens nach dem Super-Bowl-Triumph der Philadelphia Eagles mit ihm als Offensive Coordinator in der Saison 2017 - mit Backup Nick Foles - als Quarterback-Flüsterer. Doch egal welche Metrik man anwendet, seine Panthers-Offense ist eine der schwächsten der NFL. Und First-Overall-Pick Bryce Young, den die Panthers auch dank Reich im Draft 2023 gezogen haben, wirkt derzeit wie ein massiver Fehlgriff.
Reich, der erst im Vorjahr nach nur neun Spielen bei den Colts entlassen wurde - in seiner immerhin fünften Saison - ist damit bereits der dritte Head Coach, der unter Teameigner David Tepper seit 2018 vorzeitig seinen Hut nehmen musste. Ron Rivera war noch ein Überbleibsel der Jerry-Richardson-Ära, doch Matt Rhule (2020-2022) und Reich wurden von Tepper angestellt und produzierten zusammen zwölf Siege in vier Saisons.
Und Reich ist mit dieser Entlassung zugleich schon der dritte Head Coach, der in den vergangenen drei Saisons seine erste Saison im Job nicht überstanden hat. 2021 musste Urban Meyer noch während seiner ersten Saison bei den Jacksonville Jaguars gehen, im Vorjahr traf dieses Schicksal Nathaniel Hackett bei den Denver Broncos. Die Umstände waren jeweils andere und hatten sehr viel mit desaströsen Vorstellungen auch außerhalb des Platzes zu tun. Doch zeigen diese Entlassungen deutlich, dass die Geduld bei Teameignern in der NFL in letzter Zeit deutlich nachgelassen hat.
NFL: "Man entlässt keine Owner"
Jed York, der Besitzer der San Francisco 49ers, formulierte es 2017 treffend, als er sagte: "Mir gehört dieses Footballteam. Man entlässt keine Owner." Er hatte damals gerade Head Coach Chip Kelly und General Manager Trent Baalke entlassen. Nach nur einer Saison. Ein Jahr zuvor trennte er sich von Head Coach Jim Tomsula, ebenfalls nach nur einer Saison. Zuvor hatten die Niners viel Erfolg in vier Jahren mit Jim Harbaugh und sind seither mit Kyle Shanahan an der Spitze eines der besten Teams der NFL.
Die Lehre aus dieser Geschichte ist, dass man eben in der NFL einen sehr guten Coach braucht. Und solange man den nicht hat, ist es durchaus legitim, Fehlgriffe schnell zu korrigieren. Selbiges gilt natürlich auch für die Quarterback-Position. Das Problem bei den Panthers jedoch ist noch ein anderes. Tepper nämlich scheint ungeduldiger zu sein als andere Owner. Und er hat offenbar sein Team nicht realistisch genug eingeschätzt, um seinem Coach wirklich eine Chance zu geben.
Die Entlassung von Rhule war überfällig, seine Anstellung warf bereits Fragen auf, spätestens als er seine Vorliebe zum Run Game propagierte, was in der heutigen, von Analytics geprägten Welt, eine grelle Red Flag ist. Doch bei Reich war das Problem ein anderes. Reich wird offenbar vorgeworfen, im Draft-Prozess für Young gepusht zu haben, was angesichts der starken Leistungen von C.J. Stroud in Houston besonders schmerzen mag.
Die Frage, die mich aber weiterhin nicht loslässt, ist, ob es wirklich so schwarz und weiß ist. Ist Young wirklich so schlecht oder vor allem ein Opfer seiner Umstände? Zu wem genau soll er denn auch werfen? Wo Stroud eine mächtige Offensive Line vor sich hat und auf Playmaker wie Nico Collins und vor allem Tank Dell vertrauen kann, ist Youngs beste und einzige verlässliche Passoption Adam Thielen, dessen beste Zeit nun auch schon drei bis vier Jahre hinter ihm liegt.
Panthers: Waren zu viele Köche in der Küche?
Das andere Ding, was nun hinterfragt wird, ist: Waren da zu viele Köche in der Küche? Der Offensiv-Staff der Panthers war massiv besetzt mit Reich an der Spitze, Offensive Coordinator Thomas Brown (ehemals Assistant Head Coach der Rams), Assistant Head Coach Duce Staley, Quarterbacks Coach Josh McCown und Senior Assistant Jim Caldwell. Hinzu kamen namhafte Defensiv-Coaches. Wie man hörte, war dieser All-Star-Staff einer der Hauptgründe, warum sich Tepper im Frühjahr für Reich als neuen Head Coach entschieden hatte.
Nun fiel ihm diese Fülle an Kompetenz offenbar auf die Füße. Mit Reich müssen auch Staley und McCown gehen. Brown übernimmt nun wieder das Play Calling und bekommt Unterstützung von Caldwell. Die Hoffnung ist, dass dieser Move die Entwicklung von Young nun doch noch voranbringt. Denn eines scheint klar: Einen schnellen Wechsel auf der Quarterback-Position soll es nicht geben in Carolina. Zu groß war das Investment in Young - und einen Erstrundenpick hat man auch frühestens 2025 wieder.
Für Reich übernimmt zunächst mal Special Teams Coordinator Chris Tabor, was danach passiert, ist offen. Und gemäß neuesten NFL-Regularien sind persönliche Gespräche mit Coaches unter Vertrag auch erst nach den Divisional Games im Januar möglich. Bis dahin herrscht das Prinzip Hoffnung, dass Reich und Co. tatsächlich das Problem waren. Und sie nicht etwa doch an den überzogenen Erwartungen eines Teambesitzers gescheitert sind, der seit seinem Kauf des Franchises 2018 auf eine Winning Season wartet und ungeduldig ist.
Wer auch immer jetzt übernimmt, muss sich darüber im Klaren sein, dass sein Job von Anfang an auf wackligen Beinen stehen wird.



































