Dreimal Gold bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften, zweimal ganz oben auf dem Treppchen bei Olympischen Spielen: Die Südafrikanerin Caster Semenya dominierte beinahe zehn Jahre die 800 Meter. Für Schlagzeilen sorgte allerdings vor allem die ewige Debatte um ihr Geschlecht. Letztere bewegt die 32-Jährige nun auch zu einigen emotionalen Aussagen.
Aufgrund eines zu hohen Testosteronwertes blieb Caster Semenya, die als DSD-Athletin, also Sportlerin gilt, der ein Geschlecht nicht vollkommen eindeutig zuzuordnen ist, der Start bei den Olympischen Spielen über ihre Paradedisziplin 800 Meter untersagt. Über die 5000 Meter hätte die Südafrikanerin starten dürfen, sie verpasste die Qualifikation allerdings klar.
2023 verschärfte der Leichtathletik-Weltverband die Regeln noch einmal deutlich, woran auch ein gerichtlicher Erfolg Semenyas im Sommer 2023 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg nichts änderte, der die umstrittene Testosteronregel ernsthaft infrage stellte.
Ihren Kampf für Gleichbehandlung wird die Spitzenläuferin fortsetzen, ihre Olympiakarriere hingegen nicht.
"Meine letzte Chance, bei den Olympischen Spielen zu gewinnen, war 2016 – Paris (2024, Anm,d.Red.) ist nicht mein Ziel", sagte Semenya gegenüber "Reuters". "Es geht mehr darum, meine Kämpfe gegen die Behörden zu gewinnen und für das zu kämpfen, was richtig ist." Sie habe im Laufen "alles erreicht", sei "vier Jahre lang ungeschlagen geblieben". Nun gehe es darum, "für das Richtige zu kämpfen, "für die kommende Generation, denn es gibt viele Kinder, die von der gleichen Regelung betroffen sind. Dieser Kampf wird jetzt nicht zu Ende sein. Wir werden bis zum Ende kämpfen", so Semenya weiter.
Seit dem 31. März 2023 müssen DSD-Athleten ihren "Testosteronspiegel mindestens 24 Monate lang unter einen Grenzwert von 2,5 nmol/L senken, um international in der weiblichen Kategorie in jedem Wettbewerb antreten zu können", verkündete der Leichtathletik-Weltverband zuletzt. Wer die männliche Pubertät bereits durchlaufen habe, dürfe grundsätzlich nicht starten.
Semenya äußert Rassismus-Verdacht
"Wir sind weiterhin der Ansicht, dass wir die Fairness für Sportlerinnen über alle anderen Überlegungen stellen müssen. [...] Sobald weitere Beweise vorliegen, werden wir unsere Position überprüfen, aber wir glauben, dass die Integrität der weiblichen Kategorie in der Leichtathletik von größter Bedeutung ist", erklärte Präsident Sebastian Coe bei der Bekanntgabe.
Semenya vermisst bei der Entscheidung "die Menschlichkeit und Inklusion" und vermutet sogar rassistische Gründe.
"Es gibt keine Person mit rosa Haut, die davon [der Regelung, d.Red.] betroffen ist. Es handelt sich ausschließlich um braunhäutige Weibchen. Das ist die einfache Wahrheit", prangert sie gegenüber "Reuters" an. "Es richtet sich nur an Afrikaner und Asiaten. Man muss sich also fragen: Ist das im besten Interesse des Frauensports oder im besten Interesse bestimmter Frauen?"
World Athletics reagierte auf diesen Vorwurf und begründete: "DSD-Erkrankungen kommen überall auf der Welt vor und werden normalerweise bei der Geburt diagnostiziert. In Afrika, wie auch in anderen Entwicklungsgebieten oder Ländern, kommt die Diagnose oft später, weil es an postnataler Überwachung und Kontrollen mangelt."
