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"Will ich das alles?"

Experte rät Stroll: F1-Karriere überdenken

Lance Stroll gilt vielen Fans und Beobachtern als personifizierte Lustlosigkeit der Formel 1
Lance Stroll gilt vielen Fans und Beobachtern als personifizierte Lustlosigkeit der Formel 1
Foto: © IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Erlhof
27. Oktober 2023, 12:50
sport.de
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Lance Stroll hat, wovon viele Rennfahrer nur träumen können - einen festen Platz in der Formel 1. Dank Vater Lawrence sitzt der Kanadier bei Aston Martin fest im Sattel. Statt durch Leistung fällt Stroll aber eher mit Lustlosigkeit auf. Ein F1-Experte rät dem 24-Jährigen deshalb, sich eine ganz grundsätzliche Lebensfrage zu stellen.

53 Punkte, Platz 11 in der Fahrer-WM: Auf den ersten Blick könnte man Lance Stroll eine zumindest halbwegs ordentliche Saison attestieren. Wer die Meisterschafts-Tabelle aber (weit) nach oben scrollt und die Ausbeute seines Stallkollegen Fernando Alonso - 183 Punkte - sieht, zieht einen anderen Schluss.

Der 42-jährige Altmeister aus Andalusien deklassiert Stroll Grand-Prix-Wochenende für Grand-Prix-Wochenende. Und das nicht nur im nackten Punkte sammeln. Die Lücke zwischen den Aston-Martin-Piloten auf dem Zeitenmonitor ist genauso groß. Zahlen lügen nicht.

Stroll, der schon in den letzten Jahren nicht gerade vor Enthusiasmus strotzend durchs Fahrerlager schlurfte, ist angesichts der spanischen Übermacht zunehmend indisponiert. Den Tiefpunkt erreichte der junge Kanadier beim Katar-GP Anfang Oktober. Nach einem desaströsen Qualifying pfefferte Stroll sein Lenkrad weg, schubste seinen Physio durch die Garage, präsentierte sich beim obligatorischen Interview mit der medialen Weltgemeinschaft noch bockiger als sonst. Zur Krönung kanzelte er nach dem Rennen auch noch die FIA-Kommissare als "ahnungslos" ab. 

"Wenn einer mit so einer Lustlosigkeit an die Sache herangeht, dann fehlt da die grundsätzliche Liebe zu diesem Beruf, für dieses Privileg, ein Formel-1-Auto fahren zu dürfen. Die sehe ich bei ihm bei weitem nicht", kritisiert Formel-1-Experte Christian Danner im sport.de-Gespräch. Der 65-Jährige weiß, wie schwer es ist, einen Platz in der Motorsport-Königsklasse zu ergattern.


Mehr dazu: Folgen Sie F1- und Fahrsicherheits-Experte Christian Danner auf Instagram


1985 schaffte Danner nach dem Gewinn der Formel-3000-EM den Sprung in die Formel 1, kam zunächst beim kleinen Rennstall Zakspeed unter. Bis 1989 startete er in diversen unterlegenen Autos bei 36 Grands Prix und fuhr vier Punkte ein, ehe sein Rennsport-Abenteuer in der IndyCar-Serie weiter ging.

Stroll fährt seit 2017 in der Formel 1, nachdem er zuvor die Formel-3-Meisterschaft gewonnen hatte. Ein gewisses Talent bringt der Mann aus Montreal also mit, wirklich gerissen hat er auf großer Bühne aber nichts. Viele andere Fahrer müssten sich mit Leistungen à la Stroll Sorgen um ihren Job machen. Beim Kanadier ist das anders. Seinem Vater Lawrence, einem Milliardär und glühenden Rennsport-Fan, gehört das Aston-Martin-Werksteam. 

Weil Big Daddy den Junior nie rausschmeißen würde, ist der Platz neben Fernando Alonso zementiert. Man könnte auch sagen: blockiert für bessere Fahrer oder Top-Talente. "Tatsache ist, dass Stroll underperformt", stellt Danner klar. Da könne Teamchef Mike Krack "noch so oft sagen, es ist alles super. Es ist nicht super, man muss ja nur aufs Ergebnis schauen." Die Formel 1 ist eben nicht immer eine reine Leistungsgesellschaft.

Formel 1: Latifi als Vorbild für Stroll?

"Ob jetzt Sponsor oder Teambesitzer – es gibt immer wieder irgendwelche Befindlichkeiten und Abhängigkeiten, die entscheiden, wer in einem Team fährt. Dass das jetzt in seinem Fall der Papa ist, ist völlig wurst", sieht Danner den Einfluss des mächtigen Vaters "entspannt".

Stroll jr. müsse sich vielmehr eine ganz grundlegende Frage stellen: "Ich als Lance Stroll, ein erwachsener Mann: Will ich weiter Autorennfahrer sein? Er muss für sich die Entscheidung treffen, habe ich hier Luft nach oben, geht da was vorwärts? Wenn ja: was muss ich dafür tun?"

Danner verweist auf Strolls Landsmann Nicholas Latifi. Der 28-Jährige hatte im Vorjahr nach drei Jahren bei Williams keinen Vertrag mehr bekommen, hängte den Rennoverall daraufhin an den Nagel und begann ein BWL-Studium an der London Business School.

Latifi sei "ein guter Vergleich, weil er aus einer noch wesentlich reicheren Familie kommt", erläutert Danner. Obwohl der Kanadier "gar nicht schlecht" gefahren sei, habe er "eine gute und mutige Entscheidung im Leben eines jungen Mannes" getroffen. 

Ähnlich in sich zu gehen, rät Danner auch Stroll. "Ich glaube, diese Entscheidungsfindung - was soll das alles, will ich das wirklich -, die ist bei Stroll jetzt angesagt." Denn: "Es nützt ja nichts, wenn ich nur herumlaufe, grantig bin und schlechte Laune habe."

Martin Armbruster

Fahrerwertung

#FahrerTeamPunkte
1GroßbritannienLando NorrisMcLaren423
2NiederlandeMax VerstappenRed Bull Racing421
3AustralienOscar PiastriMcLaren410
4GroßbritannienGeorge RussellMercedes AMG F1 Team319
5MonacoCharles LeclercFerrari242

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