T.J. Watt von den Pittsburgh Steelers ist derzeit einer der besten Verteidiger der NFL. Doch kommt er auch an seinen legendären Bruder J.J. heran, der seine Karriere im Frühjahr beendet hat? Sport.de macht einen historischen Vergleich.
In der heutigen NFL gibt es nur wenige Spieler, die Edge Rusher T.J. Watt von den Steelers dieser Tage auf seiner Position das Wasser reichen können. Mit acht Sacks ist er schon wieder nahe dran an der Liga-Spitze, nachdem er im Jahr 2021 mit 22,5 Sacks den Saisonrekord von Michael Strahan aus der Saison 2001 eingestellt hatte und erstmals zum Defensive Player of the Year gewählt wurde.
Während sich Watt dieser Tage in einem elitären Kreis mit anderen klangvollen Namen wie Myles Garrett, Nick Bosa oder auch Maxx Crosby bewegt, stellt sich nach nunmehr fast sieben Saisons in der NFL die Frage, wie T.J. eigentlich im Vergleich zu seinem legendären Bruder J.J. Watt dasteht, der den Großteil seiner Karriere bei den Houston Texans verbrachte.
Kann er ihm schon das Wasser reichen? Wenn man ehrlich ist, dann macht der Zeitpunkt dieses Vergleichs durchaus Sinn, denn der ältere Watt hatte seine dominantesten Saisons auch größtenteils in den ersten sieben seiner insgesamt zwölf Jahre in der Liga.
Allerdings sei auch direkt erwähnt, dass J.J. in den Jahren 2016 und 2017, also seinen Saisons sechs und sieben, jeweils von erheblichem Verletzungspech geplagt war und so nur insgesamt acht von 32 Spielen absolvierte. Umso imposanter wird daher der Vergleich.
NFL: Der Bruder-Vergleich - J.J. Watt vs. T.J. Watt
J.J. Watt kam in seinen ersten sieben Spielzeiten auf folgende Statistiken:
- 88 Spiele (12,6 Spiele im Schnitt pro Saison)
- 76 Sacks (10,9)
- 457 Pressures (65,29)
- 136 Tackles for Loss (19,4)
- 47 Passes Defensed (6,7)
- 15 Forced Fumbles (2,1)
- 1 Interception (0,1)
- 2 Defensive Touchdowns
T.J. Watt spielt gerade seine siebte Saison, weshalb seine Zahlen in diesem Zeitraum natürlich noch nicht final sind, aber aufgrund der Verletzungen von J.J. kann man die Gesamtzahl durchaus fair vergleichen:
- 93 Spiele (13,3)
- 85,5 Sacks (12,2)
- 368 Pressures (52,57)
- 95 Tackles for Loss (13,6)
- 42 Passes Defensed (6)
- 25 Forced Fumbles (3,6)
- 7 Interceptions (1)
- 1 Defensive Touchdown
Man sieht schon jetzt, da T.J. noch elf Spiele maximal vor sich hat in dieser Saison, dass er bereits deutlich mehr Sacks auf dem Konto hat als J.J. damals. Und es ist daher auch nicht weit hergeholt, dass der jüngere Watt die 114,5 Karriere-Sacks von J.J. in nicht allzu ferner Zukunft übertrumpfen wird. Hier muss man zwangsläufig wieder die Verletzungen von J.J. anführen, denn nach 2017 hatte er im Grunde noch eine dominante Saison 2018 und war anschließend auch durch Verletzungen meist nur noch ein Schatten seiner selbst.
Er beendete seine Karriere schließlich mit 12,5 Sacks bei den Arizona Cardinals 2022, was immerhin nochmal ein positiver Abschluss für den zukünftigen Hall-of-Famer war.
In puncto Pressures allerdings ist T.J. ein gehöriges Stück von J.J. entfernt und wird auch mit den noch ausstehenden Spielen nicht wirklich nah dran kommen. Auch bei den Tackles for Loss ist J.J. klar überlegen. Doch das lässt sich leicht erklären: J.J. spielte überwiegend 3-Technique, also Defensive End in einer 3-4-Front. Das heißt, er war näher an der Line und so deutlich involvierter in der Laufverteidigung als T.J., der Outside Linebacker in ähnlicher Front spielt und damit naturgemäß nicht direkt an der Line agiert.
Dafür ist er aber dennoch ein herausragender Run-Stopper, wenn es sein muss. Damit wird auch klar, warum T.J. in Sachen Interceptions besser abschneidet als sein Bruder. Es braucht als Defensive Lineman schon ein Freak-Play, um eine Interception zu fangen. Dafür allerdings war J.J. eine Macht, wenn es darum ging, Pässe direkt nach dem Wurf an der Line zu Boden zu schlagen. Es gab seinerzeit Teams, die mit Paddeln trainierten, um seine großen Hände in seiner Höhe für den Quarterback zu simulieren, damit dieser möglichst daran vorbeiwerfen konnte.
Unterschiedliche Positionen beeinflussen die Zahlen
Das T.J. wiederum mehr Forced Fumbles hat, liegt daran, dass er eben mehr in Open-Field-Tackles involviert ist und dadurch auf dem Papier disruptiver ist. Das gilt auch irgendwo für die Sacks, denn es ist schwieriger, einen Spieler zu blocken, der "um die Ecke" kommt als einen, der schon an der Line steht. J.J. sah in seiner Karriere erheblich oft Double- und teils Triple-Teams gegen sich. Davon profitierten dann natürlich seine Mitspieler, die weniger Aufmerksamkeit der Blocker bekamen.
Wenn wir nun über die sogenannten "Intangibles" sprechen, also Dinge, die nicht wirklich greifbar, aber durchaus relevant sind, dann hat sicherlich J.J. die Nase vorn. Seine Anerkennung in der Liga und auch im Umfeld dieser war enorm. Nicht umsonst gewann er dreimal in den ersten sieben Jahren den Defensive Player of the Year Award. Und er spielte lange zur selben Zeit wie Aaron Donald, der dies ebenfalls dreimal schaffte - außer den beiden gelang dies im Übrigen nur dem legendären Giants-Linebacker Lawrence Taylor, den nicht nur Bill Belichick als größten Verteidiger überhaupt betrachtet.
T.J, hat bislang nur einen DPotY in der Vitrine, was aber auch immer an der Konkurrenz liegt. In Sachen Pro Bowls liegt T.J. mit fünf Nominierungen vor J.J. mit vier. Dafür aber hat J.J. eine All-Pro-Nominierung mehr (4:3). Der Tiebreaker, was Ehrungen betrifft, geht aber definitiv an J.J., der 2017 zum Walter Payton Man of the Year gewählt wurde für seine beeindruckende Mithilfe beim Wiederaufbau nach den schlimmen Folgen von Hurrikan Harvey in Houston. Watt sammelte damals mehr als 40 Millionen Dollar an Spendengelder.
Mit seinen 29 Jahren hat T.J. sicherlich noch einige gute Saisons in sich, wenn die Gesundheit mitspielt. Sein Vertrag bei den Steelers läuft noch bis 2025, es ist damit anzunehmen, dass der die Karrierezahlen seines Bruders übertrumpfen kann. Wenn wir aber bedenken, dass J.J. mindestens zwei seiner Premium-Jahre verletzt verpasst hat, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass J.J. die bessere Prime hatte und der dominantere Spieler war. Erfolgreicher und produktiver wird am Ende aber vermutlich dennoch T.J. sein, da er einfach mehr Glück mit der Gesundheit hatte.
Weiter geht es für T.J. Watt und seine Steelers im Übrigen am kommenden Sonntag im Heimspiel gegen die Jacksonville Jaguars (ab 18 Uhr live auf RTL+), wo er Jagd auf Quarterback Trevor Lawrence machen wird.
Marcus Blumberg