Der FC Schalke hat seinen neuen Trainer gefunden. Die Königsblauen präsentierten am Montag ihren neuen Mann an der Seitenlinie. Wer ist Karel Geraerts?
High Noon auf Schalke: Der Zweitligist hat am Montagmittag den Mann vorgestellt, der den Traditionsklub aus der tiefen Krise führen und vor dem Sturz in die Drittklassigkeit bewahren soll. Sportvorstand Peter Knäbel und Sportdirektor André Hechelmann präsentierten den Belgier Karel Geraerts als neuen Schalke-Coach und "absolute Wunschlösung". Sein Vertrag läuft bis 2025.
Der 41-Jährige trainierte mit Royale Union Saint-Gilloise zuletzt einen der heißesten Klubs Europas - ist aber in Deutschland eigentlich ein unbeschriebenes Blatt. Das belgische Team überraschte im vergangenen Jahr nicht nur in der Europa League, schlug unter anderem Union Berlin und zog bis ins Viertelfinale ein, wo dann erst gegen Bayer Leverkusen Schluss war - und das mit einer weitgehenden No-Name-Truppe.
Karel Geraerts: "Für einen erfolgreichen, dynamischen und attraktiven Fußball"
"Wir sind äußerst glücklich. Der Prozess war sehr aufwendig, die Zeit limitiert", erklärte Peter Käbel auf der Pressekonferenz zur Trainersuche. Der Kandidatenkreis sei "spannend" gewesen, mit Geraerts habe man aber die "absolute Wunschlösung" gefunden. Der Belgier stehe für "die Entwicklung von jungen Spielern. Für einen erfolgreichen, dynamischen und attraktiven Fußball." Also für das, was Schalke aktuell nicht wirklich repräsentiert.
Geraerts sei "sehr gut vorbereitet gewesen, er kannte den Kader und hat seine Spielphilosophie erklärt und welche Potenziale er sieht", lobte Knäbel.
Der neue Schalke-Trainer betonte, dass man in den ersten Gesprächen fünf, sechs Stunden nur über Fußball geredet und sich sofort ein gutes Gefühl eingestellt habe.
"Ich will eine Gewinner-Kultur in die Kabine zurückbringen. Ich sehe großes Potenzial in der Mannschaft." Das habe sich auch nach dem 0:2-Rückstand gegen Hertha (1:2) am Sonntag gezeigt, das er live in der Veltins-Arena anschaute und ihn nicht vergraulte.
Schalke sei in Belgien ein sehr großer Klub und er nun "sehr stolz", ein Teil davon zu sein. Er habe gute Erinnerungen an frühere Zeiten, zum Beispiel an belgische Spieler wie Marc Wilmots, beschwörte er die glorreichere Vergangenheit in Gelsenkirchen.
Das System von Karel Geraerts
Sein Konzept: "Ich mag gut strukturierten Fußball von hinten heraus zu spielen, viel Bewegung. Im Fußball geht es um Intensität, mit oder ohne Ball." Er wolle vor allem positive gute Vibes in den Klub bringen. Die Vergangenheit sei Vergangenheit. "Wir fangen bei Null an".
Die Vergangenheit von Geraerts liest sich spannend. Sein Ex-Team Saint-Gilloise schrieb in den vergangenen Jahren Schlagzeilen durch intensivierte daten- und statistikbasierte Transfers, die Vergleiche zum Hollywood-Film und dem Baseball-Vorbild in "Moneyball" weckten (Die Oakland Athletics scouteten erfolgreich mit Algorithmen nach Nobodys, die den anderen Teams entgingen). Stürmer Deniz Undav, jetzt beim VfB Stuttgart, schaffte zum Beispiel bei Saint-Gilloise seinen Durchbruch - er kam damals vom SV Meppen. Bei den Belgiern entwickelte sich auch Victor Bonficace, der inzwischen bei Leverkusen auf Torejagd geht, zum Top-Stürmer - auch dank dem Fußball von Geraerts.
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Der Ex-Profi war zunächst drei Jahre Co-Trainer bei dem belgischen Verein, eher er nach dem Aufstieg in die erste Liga das Amt des Cheftrainers in der Vorsaison übernahm. Auch in der belgischen Jupiler Pro League beendete Saint-Gilloise die Saison als Zweiter, in der Playoff-Runde ging es auf Rang drei. Im Pokal scheiterte der Klub erst im Halbfinale - erneut gelang die Quali für die Europa League. Nach der Saison konnten sich Trainer und Klub aber nicht auf einen neuen Vertrag einigen - die Wege trennten sich überraschend. Und der Trainer war plötzlich auf dem Markt.
Geraerts lässt bevorzugt mit einer Dreierkette spielen, mit zwei Angreifern in der Spitze. Auch für Schalke habe er schon eine Vision, sagte der neue Übungsleiter. Er wolle zunächst viel mit den Spielern sprechen, sich noch nicht aufs System festlegen. Wenn er das Gefühl habe, die Dreierkette passt zur Mannschaft, dann wird sie so spielen. Und falls nicht, gehe er auf eine andere Option.
Geraerts war einst selbst Mittelfeldmann, spielte in der belgischen Liga über 300 Mal, unter anderem für den FC Brügge und auch 20 Mal für die belgische Nationalmannschaft. Meist kam er als 8er zum Einsatz. Er habe sowohl "offensiv als auch defensiv gespielt und gedacht" und sei damals quasi schon ein "moderner Spieler" gewesen. Genau das erwarte er auch von seinen Spielern.
Bislang nur Saint-Gilloise als Trainer
Was auffällt: Saint-Gilloise war seine erste und bisher einzige Station als Cheftrainer. Nun also der große Sprung über die Grenze zum gestürzten Traditionsklub aus dem Ruhrpott.
Die Schalke-Fans schwanken noch: zwischen Aufbruchsstimmung und Verzweiflung. Auch für sie ist der neue Trainer ein großes Fragezeichen.
Schalke hatte sich nach dem desaströsen Saisonstart und dem Bruch mit den Fans sowie kolportiertem Kabinen-Zoff von Trainer Thomas Reis getrennt. In der Zwischenzeit hatte Matthias Kreutzer das Team für zwei Spiele interimsweise trainiert.
Immerhin hat der neue Chef jetzt die Länderspielpause Zeit, um das Team kennenzulernen. Erste Verstärkung ist in Sicht: Bald soll noch ein Co-Trainer, ein Vertrauter von Geraerts, nach Schalke kommen. Die Zeit drängt.
Emmanuel Schneider






























