Im Vorfeld zum NFL Draft ist häufig die Rede von Sleepern. Dies sind Spieler, die laut Medien völlig unter dem Radar fliegen. Doch die Scouts der Liga erledigen ihre Hausaufgaben. Puka Nacua ist nicht einfach so vom Himmel gefallen. Er befand sich auf fast allen Zetteln der NFL-Teams.
Puka Nacua wurde im letzten Draft in der fünften Runde ausgewählt. Abgesehen davon, dass sein Name in Auflistungen von Draft Grades auftauchte und eher kritisch beäugt wurde, fand seine Auswahl von den Los Angeles Rams am dritten Tag in der Öffentlichkeit praktisch keine Aufmerksamkeit.
Doch aktuell ist Nacua in aller Munde. In den ersten vier Einsätzen fing er bereits 39 Pässe für 501 Yards und feierte im Spiel gegen die Indianapolis Colts in der Overtime seinen ersten Touchdown, der auch prompt das Spiel entschied. Viele fragen sich nun, weshalb niemand den Wide Receiver vorher kannte, der momentan knapp hinter Justin Jefferson als zweitbester Passempfänger in der NFL in den Statistiken aufgelistet ist?
Die NFL kennt Puka Nacua schon lange
Das lässt sich nicht beantworten, wenn die falsche Frage gestellt wird. Denn die NFL und ihre großen Scouting Departments haben Puka Nacua bereits seit der High School auf der Rechnung. Nicht einmal überrascht vom frühen positiven Einfluss auf das Spiel in seiner Karriere, zeigen sich diejenigen, die seinen Werdegang bereits länger verfolgen. Dass er in den ersten Wochen völlig durch die Decke schießt, konnte natürlich niemand vorhersagen.
Puka wuchs zunächst in Las Vegas in einer Großfamilie auf und spielte bereits im Alter von fünf Jahren Pee Wee Football. Nach dem Tod seines Vaters zog er mit seiner Mutter und fünf Geschwistern nach Utah. An der örtlichen High School sah der Receiver bereits in seinem Freshman-Jahr viele Snaps und wurde am Ende seiner Laufbahn zum besten Wideout aus Utah ausgezeichnet.
Die Colleges im mittleren Westen und an der Pazifikküste rissen sich um den wendigen Athleten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt befand sich Nacua auf den Radarschirmen nahezu aller NFL-Teams. Als er dann von der USC ein Stipendium erhielt, wurde der Vier-Sterne-Rekrut zum heiß begehrten Objekt.
Drei seiner älteren Brüder spielten bereits in der erstklassigen Pac-12-Conference im College Football. Sein ältester Bruder Kai schaffte es sogar als Safety in die NFL und spielte in den letzten Jahren bei den New York Jets, weshalb Scouts auch hierüber früh eine Verbindung herstellten. Puka profitierte automatisch von der “Älterer-Bruder-Theorie”, die Scouts jeden Verwandten eines Profispielers im College Football allein wegen seiner Gene genauer unter die Lupe nehmen lassen.
Puka Nacua spielte für ehemaligen Kupp-Coach
Puka Nacua änderte, auch aufgrund des Buhlens um seine Person, seine Zusage und spielte die ersten Jahre am College für Washington. Dort arbeitete er mit Wide Receiver Coach Junior Adam zusammen, der bereits Cooper Kupp an der Eastern Washington auf die NFL vorbereitete. Nacuas Entscheidung soll vor allem durch seine Personalie begünstigt worden sein, wie es später hieß.
Mehrere kleine Verletzungen ließen den jungen Receiver an der Universität in Seattle aber nie richtig durchstarten. Deshalb wechselte er aber nicht nach seinem zweiten Jahr an die BYU, wie es ihm manche später vorgehalten haben, sondern weil seine Großmutter an Krebs erkrankte und er in ihrer Nähe sein wollte.
Der Rückzug nach Utah ins häusliche Umfeld tat dem Nachwuchsspieler sichtlich gut. Er führte das Team in beiden Jahren in Receiving Yards an und wurde zum Mannschaftskapitän ernannt. Obwohl er zwei Spiele mit leichten Blessuren aussetzen musste, entwickelte er sich zum wichtigsten Angriffsspieler für Quarterback Jaren Hall, der heute bei den Minnesota Vikings spielt.
NFL: Rams ziehen Nacua in der fünften Runde
Da fast alle NFL-Teams zur Vorbereitung auf den Draft das Videomaterial zu Hall sichteten, war Nacua spätestens zu diesem Zeitpunkt auch dem letzten Spielerbeobachter aufgefallen. Denn der Receiver war sehr energisch in seinen klaren und sauberen Bewegungen. Sein Quarterback fand ihn am College immer dort, wo er ihn vermutete. Sein Timing, das Route Running und die sicheren Fanghände machten ihn zu einem begehrten Talent in einer Receiver-Klasse, die keine besonderen Spieler hervorzubringen vermochte.
Trotzdem wurde Puka erst relativ spät ausgewählt und das eben nicht, wie man uns glauben machen möchte, weil er unter dem Radar der NFL flog, sondern weil er bereits viele Vorverletzungen als Hypothek mit in seine Profikarriere brachte. Er brach sich 2019 den Fuß und musste operiert werden. Dann verletzte er sich am Sprunggelenk. Da er mit einem gebrochenen Zeh keine der Übungen bei der Scouting Combine absolvieren konnte, hatten ihm viele Scouts auf ihren Notizblöcken endgültig den Stempel “Injury Prone” für einen verletzungsanfälligen Spieler gegeben.
Manche nahmen ihm sicher auch die Vorgeschichte mit seinem Wechsel von Washington an die BYU krumm, dabei hatte Puka gute Gründe dafür und sein Charakter sollte nicht in Frage gestellt werden. Bei seinem letzten College-Team wurde ihm nämlich außerdem eine gute Arbeitsmoral bescheinigt. So ließ sich ein Scout im Vorfeld mit den Worten “unsere Coaches werden diesen Kerl lieben” zitieren.
Wenn er gesund bliebe, so hieß es, habe er das Zeug zum NFL-Starter. Doch ohne Erfahrungen in den Special Teams, musste Nacua relativ schnell auf sich aufmerksam machen, damit er erstmal überhaupt einen Kaderplatz erhielt. Eine kritischer Faktion bei seinen Verletzungen, die viele NFL-Teams davor zurückschrecken ließ, einen frühen Draftpick in Nacua zu investieren.
Rams: Nacua profitiert von Kupp-Connection
Den Rams half bei ihrer Entscheidung sicher der enge Kontakt ihres Receivers Cooper Kupp zu seinem ehemaligen Coach Adam, der seinen Entscheidungsträgern bescheinigen konnte, welches Talent in dem jungen Pass-Catcher schlummerte und wie intensiv er für einen Kaderplatz arbeiten würde.
Nach dem Draft machten sich Kupp und Nacua übrigens auch direkt an die Arbeit. Kupp hat sich in kürzester Zeit zu so etwas wie seinem Mentor entwickelt und die frühen positiven Resultate mit dem besten Einstand eines Rookie-Receivers in der NFL-Geschichte sind das Ergebnis davon.
Puka Nacua flog nie unter dem Radar und war kein Sleeper. Er wurde aus guten Gründen später ausgewählt als andere in seinem Jahrgang. Sofern er jetzt gesund bleibt, haben die Rams alles richtig gemacht. Nacua wäre dann sogar ein würdiger Nachfolger für den zuletzt angeschlagenen und mittlerweile 30-jährigen Kupp.
Letzterer allerdings gehört noch nicht zum alten Eisen und wird voraussichtlich mit Nacua zusammen auf dem Feld stehen im Heimspiel gegen die Eagles am Sonntag (ab 22.05 Uhr live auf RTL). Denn Kupp hat seine Oberschenkelverletzung überstanden und steht vor seinem Saisondebüt.
Philipp Forstner






































