Der ernüchternde Start der New York Giants in die NFL-Saison 2023 wirft Fragen auf und wird sicher nicht zu Unrecht mit schwachen Leistungen von Quarterback Daniel Jones in Verbindung gebracht. Doch das hat auch etwas Positives für das Franchise, was mit dem hochdotierten Vertrag des QBs zu tun hat.
Die New York Giants waren das Überraschungsteam 2022 in der ersten Saison unter Head Coach Brian Daboll. Er brachte sogar das Kunststück fertig, aus einem Team, das 2021 noch 13 Spiele verlor, ein Playoff-Team zu machen, das sogar die Divisional Round erreichte. Der Saisonstart 2023 jedoch verlief mit 1-3 ernüchternd. Und am Sonntag geht es zu den Miami Dolphins (19 Uhr live auf RTL), die bis auf ihre Klatsche in Buffalo in bestechender Form unterwegs sind.
Die Giants sorgten bereits für mehrere beängstigende Tiefstwerte. Hier die Lowlights:
- Schlechteste Punktedifferenz in drei Primetime-Spielen nacheinander seit 1970 (15:94)
- Zusammen mit den Jets einziges Team, das 2023 noch keinen Offensiv-Snap mit einer Führung hatte
- Daniel Jones sah die meisten Pressures in dieser Saison (79) und kassierte die zweitmeisten Sacks (22). Zudem führt er die Liga in Interceptions an (6)
Der Quarterback steht auch im Zentrum der Probleme. Und das nicht nur, weil er von seiner verletzungsgeplagten Offensive Line im Stich gelassen wird - 38,8 Pass Blocking Grad bei "PFF" ist der zweitschlechteste Wert der NFL - sondern auch, weil er selbst einen Rückschritt gemacht hat seit der vielversprechenden ersten Daboll-Saison.
NFL: Daniel Jones unter den schlechtesten Quarterbacks 2023
Jones rangiert auf Rang 26 aller Starting Quarterbacks bei "PFF" und zwar insgesamt (inklusive Run Game), schaut man nur auf seine Passleistung, liegt er gar rauf Rang 28, knapp vor Kenny Pickett, Bryce Young und Desmond Ridder. Sein Passer Rating (69,7) wird nur vom merklich eingeschränkten Joe Burrow (69,1) unterboten und nach Total QBR von "ESPN" liegt er auf Rang 28 (37,0).
Seine "Pressure to Sack Rate" liegt bei 27,8 Prozent, was der viertschlechteste Wert der Liga ist. Das heißt kurz gesagt, dass er in der Regel viel zu lange den Ball hält und in sein Verderben rennt, wenn die Pocket kollabiert, was sie dieser Tage häufig tut. Während man im Vorjahr noch das schwache Receiving Corps für ein paar der Giants-Probleme verantwortlich machen musste, hat sich das Bild zumindest nach vier Spielen ein wenig verbessert.
Der Anteil an Drops, also vom Receiver fallengelassenen Pässen ohne Not, ging im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück - waren es 2022 noch 7,8 Prozent, sind es derzeit nur 4,3. Auch das suggeriert, dass es vermutlich eher an Jones liegt.
Nun kann man natürlich anmerken, dass es Jones keineswegs an Präzision fehlt - mit einer Passquote von 68,7 Prozent kratzt er in der NFL sogar an den Top 10. Doch versucht er im Schnitt laut "Next Gen Stats" auch nur Pässe, die 6,2 Air Yards fliegen, was der drittniedrigste Wert der Liga ist - nur Ridder und Young unterbieten sechs Air Yards im Schnitt! Und bei Jones kommen im Durchschnitt auch nur Pässe über 4,3 Air Yards tatsächlich an.
Erschwerend kommt hinzu, dass seine Receiver nach dem Catch dann kaum noch etwas ausrichten können. Unterm Strich landet Jones damit bei 2,64 "Adjusted Net Yards per Attempt", was seine Yards, Touchdowns, Interceptions, Passversuche und Sacks einbezieht und einfach verheerend ist. Niemand sonst liegt unter 3,2 ANY/A (Young). Bestwert sind indes 9,01 von Tua Tagovailoa.
Das alles vor dem Hintergrund, dass die Giants Jones erst in der vergangenen Offseason einen neuen Vertrag im Gesamtwert von 160 Millionen Dollar über vier Jahre gegeben hatten. Doch, werte Giants-Fans, ist das gar nicht so schlecht, wie es für den Moment aussieht.
New York Giants: Jones-Vertrag mit Weitsicht
Die Giants nämlich waren verhältnismäßig schlau im vergangenen Frühjahr und sicherten sich recht gut gegen einen Rückfall von Jones in Prä-Daboll-Zeiten ab, als er zu den schlechteren Quarterbacks der Liga zählte. Der Vertrag mag auf dem Papier imposant aussehen, ist in Wahrheit aber "nur" ein Zweijahresvertrag, den man im schlimmsten Fall sogar schon nach dieser Saison relativ schmerzfrei loswerden könnte.
40 Millionen Dollar im Schnitt sind für einen Starting Quarterback dieser Tage durchaus marktgerecht, weshalb man den Giants diesen Preis nicht unbedingt vorwerfen konnte. Zumal sie unter Druck standen und den Franchise Tag lieber auf Running Back Saquon Barkley anwenden wollten, um letztlich ihre beiden Stars der Offense zu halten - beide waren Free Agents.
Jones' Vertrag an sich ist in Wirklichkeit ein Zweijahresvertrag im Wert von 81,5 Millionen Dollar. Im Detail bekam er bei Unterschrift einen Signing Bonus in Höhe von 36 Millionen Dollar. Zudem sind sein Gehalt 2023 (9,5 Millionen) und sein Gehalt plus Workout-Bonus 2024 (36 Millionen) voll garantiert. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Giants den Vertrag für 2023 sogar schon restrukturiert haben, was seine Cap Hits jetzt und später beeinflusst, aber nichts an den Cash-Werten ändert.
New York Giants: Schon 2024 mit neuem Quarterback?
Nach 2024 jedoch ist erstmal nichts mehr garantiert. Im Gegenteil, denn wenn Jones vor dem Start des Liga-Jahres 2025 (Anfang März) nicht mehr im Kader stünde, hätten die Giants nur noch etwas mehr als 22 Millionen Dollar an Dead Money zu schlucken, würden aber unterm Strich sogar mehr als 19 Millionen an Cap Space sparen.
Bei einer Trennung vor der kommenden Saison würde man derweil noch ein Cap-Minus von 22 Millionen Dollar hinnehmen - teuer, aber machbar, zumal die G-Men derzeit bei effektivem Cap Space von rund 40 Millionen Dollar für 2024 stehen.
Noch sind 13 Spiele zu absolvieren, doch der Saisonstart der Giants verheißt nichts Gutes und laut laut "ESPN" hat New York noch den drittschwersten Spielplan aller Teams bis Saisonende vor der Brust. Schon bald könnte also der Blick nach vorne gerichtet werden und der kommende Draft bietet ein paar vielversprechende Quarterback-Talente, die man sicherlich im Hinterkopf hatte, als man Jones genau diesen Vertrag gegeben hat.
Marcus Blumberg