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Deutschlands Basketball-Held zum echten Leader gereift

Die wundersame Wandlung des Dennis Schröder

Dennis Schröder sichert sich ein spezielles WM-Souvenir
Dennis Schröder sichert sich ein spezielles WM-Souvenir
Foto: © IMAGO/Wu Zhuang
11. September 2023, 10:22

Es ist die größte deutsche Sport-Sensation seit langer Zeit. Die Basketball-Nationalmannschaft gewinnt völlig überraschend, aber auch völlig verdient den WM-Titel in Manila. Weil sie als Team unfassbar gut funktioniert und sich Dennis Schröder zu einem echten Leader entwickelt hat.

Auch nach dem großen Triumph dirigierte Dennis Schröder sein Team. Deutschland hatte eben Serbien mit 83:77 im Finale der Weltmeisterschaft geschlagen, da gab Schröder die Jubel-Anleitung durch, ehe ihn die Nationalhymne stoppte und die DBB-Mannschaft erst andächtig und mit großen Augen lauschte und dann inbrünstig mitträllerte. "Blüüüh im Glanze!" Und ja, was für ein Glanz.

Die WM in Japan und auf den Philippinen ist zweifellos das Meisterstück von Dennis Schröder. Was vor Wochen so gut wie keiner für möglich gehalten hat, ist Realität geworden. Deutschland ist Basketball-Weltmeister. Dank einer hervorragenden Teamleistung, dank eines hervorragenden Trainers – und auch wegen eines mehr als hervorragenden Schröders.

Dennis Schröder übernimmt 

Als es darauf ankam, ging der 29-Jährige voran, übernahm Verantwortung. Dabei hatte vor wenigen Wochen noch alles mit einem Knall begonnen. In einem Interview äußerte sich Schröder unglücklich über Teamkollegen Maximilian Kleber. Die Zitate außerhalb des Kontextes lasen sich hart. Als Angriff auf einen Mitspieler. Im gesamten Gespräch zwar deutlich weniger. Trotzdem und erwartbar kam es zum Eklat.

NBA-Profi Kleber reagierte pikiert und sagte die WM-Teilnahme ab. Es folgten eine Entschuldigung, das Thema drohte jedoch weiter hochzukochen. Doch das Team schaffte es, diese Personalie auf Sparflämmchen abzudrehen. Während des Turniers war es quasi kein Thema mehr. Auch das muss man erst einmal schaffen.

Ein Thema war dann schon eher der kurze, dafür umso lautere Timeout-Disput zwischen dem Aufbauspieler und Trainer Gordon Herbert. Während einer Auszeit im Spiel gegen Slowenien diskutierte Schröder abseits des Coaches mit seinem Kollegen und Kumpel Daniel Theis. Herbert hatte genug gesehen, ihm missfiel offenkundig, dass während der Auszeit andere Themen besprochen wurden und schrie mehrfach in Richtung Schröder. "Setz dich hin!" Diese Aufforderung missachtete der Point Guard und keilte zurück. Auch hier: Nach dem Spiel war diese brenzlige Szene gegessen, geklärt. Das Team, das WM-Projekt war wichtiger als das Ego des Einzelnen. Möglicherweise wären andere Teams daran gescheitert.

Bei der WM passten die Ansprüche und Wirklichkeit perfekt

Apropos Ego. Immer wieder hafte(te)n solche Vorwürfe an Schröder. Und sie kamen auch nicht ganz ohne Hintergrund. Mitunter überdrehte der wuselige Guard, wollte es zu sehr erzwingen. Vor allem auch im Nationalteam. Hinzu kommen das teils protzige Auftreten in der Öffentlichkeit, das eben nicht überall gut ankommt. Bei dieser WM passten die Ansprüche und Wirklichkeit perfekt. Schröder blühte in seiner Rolle als Leader auf. Dass er das kann, hatte er schon im vergangenen Jahr bei der EM in Deutschland mehr als angedeutet. Diese Reise fand nun im letzten "Thrilla von Manila" ihren Höhepunkt.

Schröder behielt in der Schlussphase die Nerven, auch als sich die Serbien gefährlich auf zwei Zähler heranrobbten. 25 Sekunden vor Schluss zog er mit Wucht zum Korb und erhöhte mit einem Korbleger die Führung wieder auf vier Punkte. Psychologisch enorm wichtig, da die Serben nun zwei Ballbesitze brauchten, um die Chance auf einen Ausgleich zu haben und eines "Eis in meinen Venen"-Jubels von Schröder mehr als würdig. Bei der Offensiv-Power und den Speed-Vorteilen von Schröder geriet die Abwehr-Schinderei des Toronto-Spielers fast in Vergessenheit. Schröder rieb sich auch in der Defensive gegen die knallharten serbischen Top-Guards auf. Es war das ganze Basketball-Paket.

Die 28 Punkte im Finale allein machten ihn nicht zum WM-König. Über das Turnier und die acht Spiele kam er auf 19,1 Punkte und 6,1 Assists. Nach dem Endspiel wurde er verdientermaßen zum wertvollsten Spieler des Turniers ausgezeichnet (MVP). Selbst nach dem schwachen Viertelfinal-Spiel gegen Lettland, das Schröder als eines der schlechtesten als Nationalspieler bezeichnete, gelang ihm ein Comeback ohne zu überdrehen, stattdessen setzte er die Mitspieler in Szene.


Immer wieder performten neben Schröder andere DBB-Spieler. Der junge, aber bereits NBA-erfahrene Isaac Bonga ersetzet den zwischendurch verletzten Jungstar Franz Wagner, Wagner selbst kam nach seiner Knöchelverletzung stark zurück.

Scharfschütze Andi Obst erlegte die USA im Halbfinale, Daniel Theis und Moritz Wagner brachten Power ins Spiel, Center Johannes Voigtmann überragte im Finale unter dem Korb. Der Star war das Team. Und dennoch ist Schröder das Gesicht des Erfolges.

Ein Gruß an die Hater

Schröder selbst wollte es noch gar nicht wahrhaben. "Es ist unglaublich, eine unglaubliche Gruppe", sagte er auf der Pressekonferenz. "Wir sind seit Ende Juli zusammen. Der Coach hat einen unglaublichen Job gemacht. Er hat uns zusammengebracht, jeder kannte seine Rolle. Und tut alles, um erfolgreich zu sein. Es ist unglaublich, bei 8:0 zu stehen und Gold zu gewinnen. Es ist ein Segen." Größte Anerkennung schickte dann auch Bundestrainer Gordon Herbert zu seinem Aufbauspieler. "Dennis hat seine eigene Identität kreiert. Er hat eine WM gewonnen. Es ist Zeit, dass wir ihm 100 Prozent Respekt geben", erklärte der emotionale Trainer. "Dirk war damals, Dennis ist jetzt. Dennis hat übernommen."

Schröder und Nowitzki sind komplette Gegenentwürfe. Sowohl auf als auch neben dem Parkett. Und natürlich schwebte NBA- und DBB-Legende Dirk Nowitzki immer über Basketball-Deutschland. Die Leistung, die Erfolge, die Ausstrahlung. Wer ist dem schon gewachsen?

Trotzdem wäre Schröder nicht Schröder, wenn er den Kritiker, die nun viel Kreide fressen müssen, noch eine mitgeben würde. "Mit Hatern und Leuten, die immer alles kritisieren, baue ich viel Motivation auf. Im Endeffekt habe ich sehr viel gearbeitet. Wir sind als Team über die Jahre zusammengewachsen. Wir haben geschafft, was noch keiner geschafft hat", sagte er nach dem Finale und ergänzte: "Am Ende will ich meinen Respekt, der Trainer will seinen Respekt, und meine Teamkollegen wollen auf ihren Respekt. Aber für alle, die mich über die Jahre unterstützt haben: Ich küsse ihre Herzen. Aber alle anderen können trotzdem wegbleiben."

Den Respekt hat er sich endgültig erarbeitet. Das kann keiner bestreiten. Auch keine Hater. Und er hat nun selbst dem übergroßen Nowitzki etwas voraus. Nowitzki wurde WM-Dritter, EM-Zweiter mit dem DBB-Team. Gold bei der WM erreichte er nie. Schröder hat den Staffelstab endgültig übernommen.

Emmanuel Schneider

Deutschland
Deutschland
Deutschland
83
23
24
22
14
Serbien
Serbien
Serbien
77
26
21
10
20
14:40
So, 10.09.
Beendet
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