Die Sommerpause der Formel 1 ist vorbei und vor dem Grand Prix in Zandvoort blickt RTL-Reporter Felix Görner für sport.de auf die Brandherde, Dramen, Fragezeichen und Konflikte bei allen zehn Teams.
Was wird aus Mick Schumacher? Welcher Fahrer sitzt auf dem Schleudersitz? Und was ist Nico Hülkenbergs größtes Problem bei Haas? Im ersten Teil unseres Checks geht es um die Teams auf den Plätzen sechs bis zehn der Konstrukteurswertung.
AlphaTauri: Kein Schumacher, viele Sorgen
Ein Gruselkabinett für Teamchef Franz Tost. AlphaTauri hat nicht nur auf den falschen Fahrer mit Nyck De Vries gesetzt. Die Entscheider um Helmut Marko hätten auf Tost hören sollen, der Mick Schumacher haben wollte. Schumi jr. hätte es nicht schlechter gemacht als De Vries, im Gegenteil: wohl eher besser. Daniel Ricciardo nutzt das Sprungbrett, um vielleicht eine Etage höher zu Red Bull zu hüpfen.
Alpha Tauri ist ein wackeliger F1-Kandidat, auch was die Zukunft angeht. Wenn man wollte, könnte man das Team sofort verkaufen. Der verstorbene Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz wollte das Team als sein Vermächtnis behalten und RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff hält sich daran. Es könnte aber sein, dass das Team nächstes Jahr "Hugo Boss" heißt. Das Modeunternehmen will zurück in die Formel 1 und die Serie als globale Marketingplattform nutzen.
Für Teamchef Tost ist es traurig, dass er in seinem letzten Jahr noch ein paar Tiefschläge kassiert, die wehtun.
Alfa Romeo: Fahrer auf dem Schleudersitz
Alfa Romeo fährt im letzten Jahr als Namenssponsor dümpelnd durch die Saison. Im nächstes Jahr geht der Rennstall wahrscheinlich dann unter neuer Flagge an den Start. Andreas Seidl wird noch straffer das Regiment übernehmen, um alles in Richtung Audi 2026 auszurichten. Die Frage ist, ob beide Fahrer (Guanyu Zhou und Valtteri Bottas) langfristig bleiben werden. Nach meinem Kenntnisstand wird Audi nicht beide Piloten übernehmen. Mittelfristig bieten sich hier einen neue Möglichkeit für junge Fahrer, die wechseln möchten.
Haas: Das Material ist das Problem
Das US-Team hat eigentlich zwei Autos gebaut: eine graue Rakete für das Qualifying und eine graue Rumpelkammer fürs Rennen. Haas ist die größte Enttäuschung im Rennen.
Durch Nico Hülkenbergs Stil, aggressiv auf die Reifen zu gehen, gibt es eine doppelte Abnutzung der Gummis. Die Kombination Chassis plus Hülkenberg macht es sehr schwierig, sich weiterzuentwickeln. Man merkt, dass es um Teamchef Günther Steiner leiser geworden ist: Er weiß: Es liegt nicht mehr an den Fahrern, sondern an der Fehlkonstruktion des Wagens. Zwischen den Teamkollegen gibt es keinerlei Zündstoff.
Obwohl Hülkenberg ins Grübeln gekommen war, verlängerte er nun seinen Vertrag, weil er sich wohl fühlt. Auch mit Magnussen macht Haas weiter, wie der Rennstall jüngst ankündigte. Der Däne hatte noch leichte Pluspunkte bei Steiner, wäre aber durchaus ein Kandidat gewesen, welcher Ende des Jahres hätte ausgetauscht werden können, weil die Leistung nicht mehr stimmte. Magnussen ist also in der Bringschuld.
Eine Haas-Rückkehr von Mick Schumacher wird es dementsprechend nicht geben, was erwartbar war, weil er und Steiner wie Nord- und Südpol sind.
Williams: Der Strohhalm für Mick
Alex Albon ist der König des Schattenreiches. Der Thai-Brite hat alle Qualiduelle gewonnen und zeigt, was mit dem Williams möglich ist. Er ist für mich der heimliche Star des Jahres. Selbst Red-Bull-Berater Helmut Marko muss zähneknirschend einräumen, dass es ein Fehler war, den RB-Vertrag auslaufen zu lassen und er jetzt im Mercedes-Reich angedockt ist. Sie kriegen ihn nicht wieder.
Die große Williams-Frage ist: Trauen sie sich 2024 Mick Schumacher ins Cockpit zu setzen? Logan Sargeant ist ein Auslaufmodell. Seine Saison zeigt einmal mehr, dass viele Rookies Probleme haben. Eigentlich müsste er jetzt zur Pause gehen, weil die Leistung nicht stimmt.
Für Mick Schumacher ist und bleibt Williams die Formel-1-Chance. Mittelfristig geht eventuell auch bei anderen Teams die Tür auf. Er braucht einen langen Atem. Die Hoffnung ist, dass er im Simulator und dem Zugang zum Spitzenteam besser wird, ohne am Steuer zu sitzen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Sein Mentor ist Toto Wolff, in dessen Händen liegt seine Zukunft. Der Österreicher könnte ihm zum Comebacker machen. Das bleibt der dünne Strohhalm Deutschlands. Mehr ist momentan nicht drin.
Alpine: Sturzflug der Rumpelkammer
Der französische Rennstall ist die rollende Rumpelkammer der Formel 1 oder auch eine "Bombe", geballt in einem Chassis. Bis auf ein paar Schrauben und den Koch wurde alles getauscht, nur die Fahrer sind geblieben. Man merkt hier sehr gut, dass die Inkonstanz und schnellen Personal-Entscheidungen der Tod eines Teams sind.
Alpine ist in einem atemberaubenden Sturzflug - und ein Verkaufskandidat. Luca de Meo, der Vorstandvorsitzende von Renault, ist schon hibbelig. Er wird sich das Ganze noch ein halbes Jahr anschauen und dann entscheiden, was mit dem Team passiert. Sie wollten eigentlich die Nummer 4 sein in diesem Jahr. Zielvorgabe, Ist- und Sollwert liegen weiter auseinander als Unterhaching und Bayern München. Alles ist schlechter geworden durch den Kahlschlag, der zum Gegenteil geführt hat. Das zeigt: So geht Formel-1-Management nicht.
Felix Görner


