Deutschlands Volleyballerinnen starten mit viel Selbstvertrauen in die Heim-EM. Die Schmetterlinge wollen mit guten Leistungen das Chaos im eigenen Verband überstrahlen.
Auf die Sekunde genau um zehn Uhr erschien Vital Heynen zur Abschlusspressekonferenz im noblen Clayton Hotel in Düsseldorf. "Was wurde mir in Deutschland beigebracht? Zehn ist zehn", rief der charismatische Belgier bei seiner Ankunft durch den Raum und sorgte für großes Gelächter.
Kurz vor dem Startschuss zur Heim-EM ist die Vorfreude beim Volleyball-Bundestrainer und seinen Spielerinnen spürbar groß. "Jetzt geht es endlich los!", sagt Kapitänin Lena Stigrot.
Zum Auftakt trifft Deutschland am Donnerstagabend auf Griechenland (20:00 Uhr) - im Düsseldorfer Castello wird ein volles Haus erwartet. Doch bei aller Euphorie um seine Schmetterlinge will der erfahrene Volleyball-Lehrer Heynen Druck von den Schultern nehmen. "Wir versuchen, alles so normal wie möglich zu machen", sagt der 54-Jährige.
Dabei ist im deutschen Volleyball derzeit nicht vieles normal, im Verband regiert das Chaos. Erst vor knapp einem Monat war es mit dem Rücktritt des Präsidiums um Rene Hecht zum großen Knall gekommen. "Ich kenne alle Geschichten, ich weiß, was läuft. Auf mich persönlich hat das wenig Einfluss", betonte Heynen im Gespräch mit dem "SID".
"Das Ziel der Mannschaft ist Olympia 2024"
Der Belgier will sich lieber auf die große Aufgabe mit seiner Mannschaft konzentrieren. Schließlich baggert, pritscht und schmettert die Elite des Kontinents erstmals seit zehn Jahren auch in Deutschland wieder um die europäische Krone. Mit einer erfolgreichen Vorrunde in der NRW-Landeshauptstadt möchte der Co-Gastgeber den Grundstein für ein erfolgreiches Turnier legen - und den Konflikt im Deutschen Volleyball-Verband überstrahlen.
Sportlich überzeugten die deutschen Frauen zuletzt - bei der Nations League erreichte das Team erstmals das Finalturnier. "Für viele Spielerinnen war es der erste Erfolg mit der Nationalmannschaft", sagt Heynen: "Und das spürt man - das Selbstvertrauen ist ein Stück gewachsen." Der Bundestrainer erwartet den nächsten Entwicklungsschritt, schließlich soll die Reise noch weitergehen.
"Das Ziel der Mannschaft ist Olympia 2024", gibt Heynen vor. Dafür ist neben den Qualifikationsturnieren vor allem die Weltrangliste von großer Bedeutung, über diese werden fünf Startplätze vergeben. Im Moment steht Deutschland auf Platz elf. Heynens einfache Devise: Gegner schlagen, "die in der Weltrangliste hinter uns stehen".
Platz zwei in der Gruppe als klares Ziel
Mit den Griechinnen, Aserbaidschan, Schweden und Tschechien hat Deutschland vier solcher Teams in der eigenen Gruppe. Einzig die Türkinnen fallen als Weltranglistenerste aus der Reihe. Doch vor dem Kracher am letzten Spieltag soll das Ticket für die K.o.-Runde schon längst sicher sein.
"Wir müssen Platz zwei erreichen, wenn wir Dritter werden, bin ich enttäuscht", sagt Heynen, der von 2012 bis 2016 bereits die deutsche Männer-Nationalmannschaft trainiert hatte. Doch die vermeintlich größeren Probleme warten erst im Achtelfinale, dann kreuzt sich die deutsche Gruppe mit jener um Serbien, Weltmeister von 2018 und 2022.
Doch das ist Zukunftsmusik - zunächst überwiegt bei Heynen und Co. die Vorfreude auf das Heimspiel. "So oft passiert das nicht im Leben", sagt der Belgier.
