Aus im DFB-Pokal und der Champions League, in der Bundesliga die Tabellenführung verloren. Eine derart prekäre Situation gab es beim FC Bayern lange nicht mehr. Ausgerechnet der sonst so zuverlässige Leon Goretzka erweist sich als Symbolfigur der Münchner Krise.
Noch im Oktober 2022 hatte Leon Goretzka die Bezeichnung "Aggressiv-Leader" nicht abgelehnt. Im Gegenteil. "Ich glaube, das ist etwas, das ich mir schon länger auf die Brust schreiben kann", sagte der Mittelfeldmann nach dem 2:2 gegen Borussia Dortmund im Bundesliga-Hinspiel. Wenn er sich fit fühle, betonte der Nationalspieler, "ist meist auch meine Leistung ordentlich".
Doch davon ist aktuell nichts zu sehen. Goretzka steckt seit Wochen im Formtief und mausert sich mehr und mehr zum Sinnbild der Talfahrt des deutschen Rekordmeisters.
Sein sonst so gefeiertes aggressives Zweikampfverhalten hat Goretzka in der heißen Phase der Saison abgelegt. Der 28-Jährige trat in den vergangenen Spielen vielmehr als Unsicherheitsfaktor in Erscheinung. Besonders deutlich wurde das bei der 1:3-Klatsche gegen den 1. FSV Mainz 05.
Nach den Auswechslungen von Thomas Müller und Joshua Kimmich übernahm Goretzka die Kapitänsbinde. Doch anstatt seiner Mannschaft Stabilität und Sicherheit zu geben, taumelte Goretzka bedenklich, fiel durch planlos wirkendes Laufverhalten auf und verlor viele Bälle.
Doppel-Sechs des FC Bayern in der Kritik
Gerade das Zusammenspiel zwischen Goretzka und Kimmich läuft derzeit nicht rund. Der frühere Schalker ist kein Sechser, der für Stabilität sorgt. Daher ist ein Partner von Nöten, der die Schwächen auffängt. Mit dieser Aufgabe scheint Kimmich aber aktuell überfordert zu sein.
Dafür musste sich Goretzka zuletzt Kritik von Reporter Frank Buschmann gefallen lassen. "Es tut mir in der Seele weh, weil ich Leon Goretzka auf und abseits des Platzes als super geilen Typen empfinde, auf dem Platz aber eben nicht mehr so viel", sagte er bei "Sky".
Auch in der Führungsetage der Münchner beäugt man die Leistungen Goretzkas offenbar kritisch. Laut "Sport1" sind die Bosse "alles andere als zufrieden" mit dem Nationalspieler, der an der Säbener Straße bereits "Sorgen" bereiten soll. Der gebürtige Bochumer stehe daher "genaustens unter Beobachtung".
Goretzka wirkt beim FC Bayern ausgelaugt
Über die Ursachen des Formtiefs kann nur spekuliert werden. Zum einen wirkte Goretzka, der sich im vergangenen Sommer einer Knie-Operation unterziehen musste aber eigentlich wieder komplett fit sein sollte, zuletzt überspielt und müde.
"Die Mannschaft wirkt ausgelaugt, wirkt nicht in der Lage, sich zu wehren. Konzentriert zu spielen, fehlerfrei zu spielen - das gelingt uns nicht", sagte Trainer Thomas Tuchel nach der Pleite in Mainz: "Wir können keine Reaktion zeigen - weder mental noch körperlich."
Treffender hätte er es auch in Bezug auf Goretzka nicht sagen können.
Außerdem könnte die Trennung von Julian Nagelsmann nicht spurlos an Goretzka vorbei gegangen sein. Der 28-Jährige galt als großer Befürworter des geschassten Trainers. Kein Wunder, schließlich war er unter dem Ex-Coach als Stammspieler gesetzt.
Auch von Thomas Tuchel genießt Goretzka (noch) das Vertrauen. Unter dem neuen Coach stand der Mittelfeldspieler in sechs von sieben Spielen in der Startelf.
Tuchel-Aufreger wegen Goretzka
Doch ob Tuchel noch lange an dem "Problem-Profi" festhält, darf zumindest angezweifelt werden. Beim 1:1 gegen die TSG Hoffenheim machte sich jedenfalls bemerkbar, dass der Coach nicht zufrieden mit den Leistungen Goretzkas war.
Aufmerksamen Beobachtern ist nicht entgangen, wie oft der Trainer den Nationalspieler zur Seitenlinie gerufen und immer wieder vehement auf ihn eingeredet hat. Keinen anderen Profi nahm Tuchel in dieser so wichtigen Partie derart ins Gebet.
Auch beim 1:1 gegen Manchester City soll Goretzka seinen Coach auf die Palme gebracht haben. "Nicht so weit, Leon!", rief Tuchel seinem Schützling etwa energisch vor dem 0:1 durch die Citizens zu.
Mit Ryan Gravenberch sitzt Goretzka ein hochtalentierter Konkurrent im Nacken, der auf mehr Spielzeit pocht. Im Sommer soll der Konkurrenzkampf außerdem durch den Transfer von Konrad Laimer angekurbelt werden.
Für Goretzka wird die Situation beim FC Bayern dann sicher nicht leichter.
Lissy Beckonert
































