In der Fußball-Bundesliga deutet sich ein historisch enges Abstiegsrennen an. Nach 23 Spieltagen sind FC Schalke 04, VfL Bochum, TSG Hoffenheim und VfB Stuttgart auf den Plätzen 15 bis 18 punktgleich, Hertha BSC liegt mit einem Zähler mehr auf Rang 14. Wem gehört das Momentum, wer befindet sich im freien Fall? Und: Wie sieht das Restprogramm des Quintetts aus? sport.de macht den Abstiegscheck:
Hertha BSC | 20 Punkte | 28:44 Tore
Form: Wechselhaft! Zuhause zeigte der Trend beim Team von Trainer Sandro Schwarz zuletzt klar aufwärts, gegen Gladbach (4:1) und Augsburg (2:0) gab es wichtige Dreier. In der Fremde ist und bleibt die Alte Dame jedoch Kanonenfutter.
"Das war heute ein gebrauchter Tag", gestand Schwarz nach dem jüngsten 1:4 (0:2) bei Bayer Leverkusen: "Das war über 90 Minuten keine gute Leistung. Wir haben völlig verdient verloren."
Sorgen macht dabei vor allem die Defensive, die in der Rückserie Kompaktheit vermissen lässt.
Restprogramm: Hertha ist die einzige Mannschaft, die in den verbleibenden elf Partien noch gegen alle direkten Konkurrenten ranmuss. Auswärts in Hoffenheim (25. Spieltag) und auf Schalke (28.), daheim in der heißen Phase gegen Stuttgart (31. Spieltag) und Bochum (33.).
Knackig werden darüber hinaus die Spiele gegen die Meisterkandidaten RB Leipzig (27. Spieltag) und FC Bayern München (30.)
Prognose: Über weite Strecken der Saison war Hertha zwar bieder, aber selten desolat. Ob es am Ende für den direkten Klassenerhalt reicht, entscheiden die letzten Heimspiele gegen VfB und VfL. Platz 15 dürfte allerdings das höchste aller Gefühle sein.
VfB Stuttgart | 19 Punkte | 28:40 Tore
Form: Ernüchternd! Der erhoffte Labbadia-Effekt ist bislang weitestgehend ausgeblieben. Einem kurzen Hoffnungsschimmer gegen Köln (3:0) folgten Niederlagen gegen Schalke und Bayern - damit stehen die Schwaben bei fünf Pleiten aus sechs Spielen.
Auffällig ist, dass der VfB im neuen Jahr nie untergeht und zumindest in Phasen mit jedem Gegner auf Augenhöhe agierte. Dafür ist die Punkteausbeute freilich ziemlich trist.
"Wir müssen die in den Griff bekommen. Das ist ein Ergebnissport und damit muss man auch im Abstiegskampf zurechtkommen", stellte Labbadia nach dem 1:2 gegen den FC Bayern klar.
Restprogramm: Der Tiefschlag im Sechs-Punkte-Spiel auf Schalke wirkt nach. In den kommenden Wochen stehen noch direkte Duelle mit Bochum (27. Spieltag), Hertha (31.) und Hoffenheim (34.) auf dem Programm, die ersten beiden auswärts. Und auf fremden Plätzen hat der VfB 2022/2023 noch keinen einzigen Sieg geholt.
Auch das Heimspiel gegen den extrem formstarken BVB (28. Spieltag) ist sicher nicht die dankbarste Aufgabe.
Prognose: Stuttgart wehrt sich stets. Das reicht jedoch auf Dauer nicht, wenn die Lockerheit fehlt. Labbadia muss seinen Schützlingen schleunigst mehr Entschlossenheit einimpfen, andernfalls droht eine Endplatzierung zwischen Rang 16 und 17.
TSG Hoffenheim | 19 Punkte | 29:42 Tore
Form: Desaströs! Als einziger Bundesligist wartet die TSG noch auf ihren ersten Punkt in der Rückserie. Der Trainerwechsel von André Breitenreiter zu Pellegrino Matarazzo ist bislang wirkungslos verpufft.
Das sehen auch die Hoffenheimer Fans so, die ihrem Frust ("Wir haben die Schnauze voll") nach der Niederlage in Mainz (0:1) freien Lauf ließen.
Tatsächlich befinden sich die Kraichgauer im freien Fall Richtung 2. Liga. Mit 13 Ligapartien ohne Dreier in Folge haben die Hoffenheimer einen Negativrekord aufgestellt.
Restprogramm: Demnächst stehen zwei Heimspiele mit möglicherweise vorentscheidendem Charakter ins Haus. Am 25. Spieltag gastiert die Hertha in Sinsheim, zwei Runden später reist der FC Schalke zur TSG. Die beiden direkten Konkurrenten sind zwar keine Auswärtsmächte, aber erheblich formstärker.
Jedem in Hoffenheim dürfte daran gelegen sein, es nicht auf einen Showdown am letzten Spieltag im Stuttgarter Hexenkessel ankommen zu lassen. Doch bis dahin warten auch noch Spiele gegen alle Top-6-Teams außer Borussia Dortmund.
Prognose: Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt, das Restprogramm happig. Zudem mangelt es der TSG an einem begeisterungsfähigen Umfeld. Einziger Mutmacher ist derzeit die grundsätzliche Kaderqualität und die damit verbundene Hoffnung, dass Akteure wie Andrej Kramaric wieder in Schwung kommen. Momentan riecht es allerdings gewaltig nach Abstieg.
FC Schalke 04 | 19 Punkte | 18:42 Tore
Form: Richtig gut! Nach einer komplett trostlosen Hinserie hat Trainer Thomas Reis an den richtigen Stellschrauben gedreht und die Knappen aus einer vermeintlich aussichtslosen Lage zurück ins Rennen um den Ligaverbleib geführt.
Entscheidend für den Schalker Aufschwung ist die neuerdings erstaunlich stabile Defensive um Winterneuzugang Moritz Jenz, die in sechs Rückrundenspielen fünf Mal die Null gehalten und überhaupt nur ein Gegentor kassiert hat.
"Wir sind wieder voll drin - und das tut gut", betonte Angreifer Marius Bülter nach dem jüngsten Sieg in Bochum, der die Königsblauen erstmals seit Ende Oktober ohne Rote Laterne dastehen lässt.
Restprogramm: Alle Augen richten sich in dieser Woche auf das Derby gegen den ebenfalls extrem formstarken Erzrivalen Borussia Dortmund. Bestehen Reis' Schützlinge auch gegen den BVB, dürfte in ganz Gelsenkirchen Euphorie entstehen.
Doch Vorsicht: Bis zum Saisonende stehen für Schalke nur noch zwei Duelle mit direkten Konkurrenten an (Hoffenheim (A) am 27. Spieltag, Hertha BSC (H) eine Woche später), dafür aber viele Spiele gegen Top-Mannschaften. Speziell der Endspurt gegen die Champions-League-Vertreter FC Bayern, Eintracht Frankfurt und RB Leipzig hat es in sich.
Prognose: Einerseits die beste Form im Keller, andererseits das wohl härteste Restprogramm - schwer zu sagen, wohin die Reise für Aufsteiger Schalke geht. Nach den jüngsten Eindrücken spricht allerdings einiges für die sensationelle Rettung. Zur Not via Relegation.
VfL Bochum | 19 Punkte | 24:56 Tore
Form: Besorgniserregend! Einem Zwischenhoch, bedingt durch eine tolle Heimserie, folgte der böse Absturz ans Tabellenende mit dem vorläufigen Tiefpunkt gegen Schalke, als die eigenen Fans auf die Barrikaden gingen und die Mannschaft beschimpften.
Defensiv spielt das Team von Trainer Thomas Letsch schon länger zweitligareif, zuletzt ging jedoch auch nach vorne gar nichts mehr, wie vier Zu-Null-Pleiten in Serie belegen.
Letsch kündigte nach dem S04-Spiel zwar eine härtere Gangart an ("Jetzt ist auch mal Zeit für eine Peitsche"), doch Bochum rennt die Zeit davon.
Restprogramm: Auswärts Köln, zuhause Leipzig, auswärts Frankfurt - die VfL-Anhänger müssen in den kommenden Wochen tapfer sein. Das Heimspiel gegen Stuttgart am 27. Spieltag könnte schon zum Alles-oder-Nichts-Duell werden.
Prognose: Es wird wohl nicht reichen. Ohne belastungsfähige Hintermannschaft kann der VfL im Oberhaus nicht bestehen, auch der Heim-Nimbus ist Geschichte. Der Klub muss aufpassen, dass die Stimmung in Bochum nicht komplett kippt.
Heiko Lütkehus





























