Im ersten Saison-Halbjahr schoss Marcus Thuram im Trikot von Borussia Mönchengladbach alles kurz und klein. Die Belohnung war das WM-Ticket sowie Gerüchte um den Wechsel zu einem absoluten Top-Klub der Kategorie FC Bayern. Dass der Franzose inzwischen seit drei Monaten ohne Pflichtspieltor ist, könnte auch an den anhaltenden Spekulationen um seine Zukunft liegen.
Den Stab brechen will Daniel Farke noch längst nicht über Marcus Thuram. Im Gegenteil, zuletzt hielt Borussia Mönchengladbachs Trainer ein flammendes Plädoyer für seinen Torjäger a.D.
"Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder, du nimmst ihn raus und lässt ihn gar nicht in seinen Rhythmus kommen. Oder du sagst: Okay, du stehst ihm diese ein, zwei Wochen zu, die er vielleicht einfach noch braucht, um in eine Top-Phase zu kommen", sagte Farke.
Er sei "ein Trainer, der Marcus aktuell stärkt und nicht zu viel rumkrittelt, weil ich einfach glaube, dass wir ihn in einer Topform für die gesamte Rückrunde brauchen." Sowieso sei Thuram für ihn "der beste Stürmer der Bundesliga, er hat für uns eine herausragende Serie gespielt", so Farke.
Gladbach: Marcus Thuram im Formloch
Dass sich der Gladbacher Übungsleiter überhaupt zu solchen Statements genötigt fühlt, liegt an Thurams Formloch.
Seit mittlerweile mehr als drei Monaten wartet der 25-Jährige auf einen Pflichtspieltreffer. Der letzte gelang ihm beim 4:2 gegen Borussia Dortmund am 8. November.
Wenige Tage danach flatterte Thuram die Einladung für Frankreichs WM-Kader ins Haus. Bei der Endrunde in Katar überzeugte er immerhin mit guten Leistungen - auch im verlorenen Finale gegen Argentinien, als er bereits vor der Pause eingewechselt wurde und später eins der drei Tore von Superstar Kylian Mbappé vorbereitete.
Keine Tore, schlechte Werte
WM-Schwung nahm Thuram aber nicht mit nach Gladbach. 2023 ist er im Spiel der Borussia bislang kein echter Faktor - auch nicht abseits der fehlenden Treffsicherheit.
Für einen Stürmer wichtige statistische Werte wie Torschüsse pro 90 Minuten, die Erfolgsquote bei Dribblings oder auch die Anzahl der Ballkontakte im Strafraum sind im Vergleich zu denen vor dem Jahreswechsel deutlich eingebrochen.
Nach dem enttäuschenden 0:0 gegen Schlusslicht FC Schalke 04 am vergangenen Wochenende bescheinigte ihm Farke "keinen guten Tag". Die "Rheinische Post" befand, Thuram sei "noch lange nicht wieder in der Form des ersten Saisonteils".
Warum? Diese Frage sorgt in Gladbach in diesen Tagen für einiges Kopfzerbrechen. Es sei für Thuram "vielleicht nicht so einfach, weil er auch ein bisschen länger verletzt war in der Vorbereitung", sagte Farke mit Blick auf die Knie-Probleme seines Schützlings, die seinen Einsatz beim Bundesliga-Restart gegen Bayer Leverkusen (2:3) verhinderten.
FC Bayern und Co. im Hinterkopf?
Die These, dass sich auch die Diskussionen um Thurams offene Zukunft negativ auf seine Darbietungen auswirken, scheint allerdings ebenfalls nicht weit hergeholt.
Fakt ist: Sein Vertrag in Gladbach läuft im Sommer aus. Ablösefrei ist Thuram trotz seiner momentanen Formschwäche für viele Klubs ein interessanter Spieler.
Entsprechend unruhig dürfte es derzeit bei ihm hinter den Kulissen zugehen, auch wenn Sportdirektor Roland Virkus zuletzt mehrfach erklärte, zumindest im Winter-Wechselfenster habe es keine konkreten Anfragen für Thuram gegeben.
Verkrampft Thuram womöglich im Bestreben, den nächsten Schritt in seiner Karriere zu machen? Seine Vorstellungen sind jedenfalls äußerst ambitioniert. Inter Mailand, Manchester United, Paris Saint-Germain sowie auch der FC Bayern seien seine "Wunsch-Vereine", berichtete "Bild" Ende Dezember.
Zwar soll die Zuneigung zumindest im Fall des deutschen Rekordmeisters nicht gerade auf Gegenliebe stoßen, in München ist Thuram dem Vernehmen nach kein Thema (mehr). Aber aktuell wirkt es so, als sei der Noch-Gladbacher im Kopf nicht frei genug, um Top-Leistungen abzurufen.
Keine echten Alternativen für Gladbach in Sicht
Echte Optionen für den Mittelsturm neben Thuram hat Gladbach aktuell nicht.
Lars Stindl und Alassane Pléa sind gänzlich andere Spielertypen. Das Experiment mit dem jungen Nathan Ngoumou ging gegen Leverkusen ziemlich in die Hose.
Keiner aus dem Trio bringt auch nur ansatzweise Thurams Wucht und Dynamik mit.
Farkes Nibelungentreue zum Sorgenkind ist also auch ein Stück weit alternativlos. Er hoffe darauf, dass Thuram das in ihn gesetzte Vertrauen "mittel- und langfristig" zurückzahle, sagte Farke.
Tobias Knoop