Mangels Perspektive im Bundesliga-Kader verlieh der FC Schalke 04 sein Eigengewächs Can Bozdogan im vergangenen Sommer an den FC Utrecht. Dort präsentiert sich das Mittelfeld-Juwel so stark, dass die vertraglich verankerte Kaufoption vom niederländischen Erstligisten wohl schon bald gezogen wird. Den Knappen winkt somit ein Millionenregen - aber auch ein mulmiges Bauchgefühl.
Seit Can Bozdogan den FC Schalke verlassen und zwei Auslands-Abenteuer gewagt hat, ist eine Menge passiert.
Nach dem Abstieg in die 2. Bundesliga verliehen die Königsblauen den deutschen U20-Nationalspieler zunächst für eine Saison in die Türkei zu Besiktas, wo der spielstarke Linksfuß sein Talent immer wieder andeutete und sogar vier mal in der Champions League randurfte.
Aufgrund finanzieller Probleme nutzte der Traditionsklub aus Istanbul die knapp drei Millionen Euro teure Kaufoption jedoch nicht, Bozdogan kehrte zunächst nach Gelsenkirchen zurück.
FC Schalke 04: Can Bozdogan blüht in Utrecht auf
Beim frischgebackenen Aufsteiger hatte der damals neue Trainer Frank Kramer allerdings keine Verwendung für Bozdogan, der an den FC Utrecht weitergereicht wurde - ebenfalls mit Kaufoption.
"Auf seiner Position ist die Konkurrenz in unserem Kader sehr groß, so dass es für Can schwierig geworden wäre, auf viele Spielminuten zu kommen. Das haben wir von Anfang an offen und transparent mit ihm kommuniziert", begründete der mittlerweile abgetretene S04-Sportdirektor Rouven Schröder den "für beide Seiten sinnvollen" Deal.
Und tatsächlich: In Utrecht ist Bozdogan nach kurzer Anlaufzeit voll eingeschlagen, in 17 Liga-Einsätzen sammelte der Achter bereits sechs Scorerpunkte (ein Tor, fünf Vorlagen).
Unter dem neuen Trainer Michael Silberbauer, der die Mannschaft zum Jahreswechsel übernommen hatte, ist die Schalke-Leihgabe unumstrittene Stammkraft. In den letzten acht Begegnungen spielte Bozdogan stets durch, darunter auch beim irren 5:5-Torfestival gegen AZ Alkmaar, an dem er mit einem Assist beteiligt war.
Lässt der FC Schalke Can Bozdogan zu günstig ziehen?
Utrecht kann Bozdogan nach "WAZ"-Informationen für 2,1 Millionen Euro fest verpflichten und wird dies übereinstimmenden Medienberichten zufolge bald auch tun.
Dem finanziell weiterhin angeschlagenen FC Schalke winkt damit ein warmer Geldregen, inklusive der 500.000 Euro Leihgebühr könnten immerhin 2,6 Millionen Euro auf das Knappen-Konto wandern. Ein guter Preis für einen Spieler, dessen Arbeitspapier 2024 ohnehin ausgelaufen wäre. Oder?
Fakt ist: Im Profikader der Königsblauen tat sich Bozdogan vor seinen beiden Leihen eher schwer, seine im Juniorenbereich gezeigte Leichtigkeit kam dem Kreativkopf im Abstiegskampf abhanden. Die vorübergehende Trennung war daher folgerichtig.
Zugleich verliert der Verein demnächst wohl endgültig einen hochveranlagten Nachwuchsmann, der seinen Marktwert in den letzten Wochen erheblich gesteigert hat und bei vergleichbarer Weiterentwicklung viel mehr einbringen könnte als 2,6 Millionen Euro.
Ebenso würde Bozdogan dem FC Schalke in seiner jüngsten Top-Form bei einem Neuaufbau sicher gut zu Gesicht stehen - egal in welcher Liga. Doch daraus wird wohl nichts.
FC Schalke 04 bei Bozdogan im Dilemma
Denn die Zügel hält der FC Utrecht mit seiner Kaufoption in der Hand. Die Gelegenheit, einen erst 21 Jahre alten, bestens ausgebildeten Mittelfeld-Youngster, der vom DFB ebenso wie vom türkischen Verband umworben wird, für eine vergleichsweise überschaubare Ablöse an sich binden zu können, dürfte sich der Eredivisie-Vertreter nicht entgehen lassen.
Ein Dilemma für den FC Schalke, der sich über die frischen Millionen zwar freuen, Bozdogans Aufschwung im Falle eines endgültigen Abgangs allerdings auch mit einem weinenden Auge betrachten dürfte.
Heiko Lütkehus