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sport.de-Kolumne der Skispringerin

Rupprecht peilt "Top-Ten-Platzierungen" an

Anna Rupprecht ist eine der besten deutschen Skispringerinnen
Anna Rupprecht ist eine der besten deutschen Skispringerinnen
Foto: © IMAGO/Eibner/Memmler
13. Januar 2023, 08:14
sport.de
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Für Anna Rupprecht und die deutschen Skispringerinnen geht es in den kommenden Tagen in Japan auf Weitenjagd. In ihrer sport.de-Kolumne gibt die 26-Jährige einen Einblick in den Alltag vor Ort und schreibt über ihre ambitionierte Zielsetzung.

Leistungssportlerinnen und Leistungssportler neigen dazu, aus wirklich allem irgendwelche Wettkämpfe zu kreieren, um sie dann mit Inbrunst auszuleben. Die Rahmenbedingungen in Japan verführen einen, ganz besondere Disziplinen zu erschaffen, die unter den wachsamen Augen der Mannschaftskameradinnen mit maximaler Ernsthaftigkeit durchgeführt werden.

Nach langem Kampf steht es an dem frühen Nachmittag eines beliebigen Tages in Japan zwischen meiner Mannschaftskameradin Pauline und mir 1:1 unentschieden.

Während ich beim Mittagessen in der Disziplin "Richtige Handhabung japanischer Essstäbchen" gut punkten konnte und bei mir alle Kartoffeln vom Teller ohne Umwege und Abstürze zum Mund geführt werden konnten, unterlag ich deutlich beim "Wer holt die meisten Pokemon-Karten? - Spiel", bei dem aus Metallkisten, die an den Häuserfassaden hängen und als Mischung zwischen Briefkästen und Kaugummiautomaten angesehen werden können, nach Fütterung derselben mit Yen-Mützen, nach dem Zufallsprinzip kleine Plastikfiguren, Goldkettchen und eben die heißbegehrten Pokemon-Karten gezogen werden können.

Zielsicher angelt sich Pauline eine Pokemon-Karte nach der anderen, umringt von japanischen Kindern, die jedes Mal Beifall klatschen, sobald eine entsprechende Karte den Weg aus dem Automaten in Paulines Taschen gefunden hat.

Meine Niederlage wird umgehend mit einem Pullover-Shopping therapiert, bei dem wir auch den Rest der Mannschaft treffen. Um den Wettbewerbscharakter zumindest bei textilen Einkäufen auf Null zu reduzieren, kaufen wir uns alle den gleichen Pullover, der äußerst flauschig ist und den es geschätzt in 34 Farben gibt.

Wir entdecken zum Schluss, dass auch die strenge FIS-Kontrolleurin, die wegen ihrer Disqualifikationen gefürchtet wird, im Laden weilt und angesichts der Farbenvielfalt bei den Textilien sich zum ersten Mal sichtbar ein Lächeln abringt.

Zurück im Hotel lassen wir den Tag Revue passieren und freuen uns daran, dass es heute mal keine Tagessiegerin gibt, um dann wieder den sportlichen Alltag Raum gewinnen zu lassen: Besprechungen zum Trainingsablauf am nächsten Tag und Video-Monitoring mit den Trainern.

Die Wettkämpfe in Sapporo liegen hinter uns und das ganze Team ist nun voller Erwartungen nach Yamagata weitergereist. Wir alle wollen nun eine Schippe drauflegen und uns bei den nächsten beiden Einzelspringen deutlich verbessern.

Wir leben tatsächlich nur 60 km entfernt von Fukushima in einem Hotel, mitten in einem Erdbebengebiet. Vor drei Jahren wohnten wir schon einmal in der Region und die Furcht vor Radioaktivität führte dazu, dass wir wenig duschten und auch Lebensmittel aus dem Umland mieden. In einem Urvertrauen, dass die Rahmenbedingungen sich wieder eingependelt haben, gehen wir allen Dingen normal nach.

Die Schanze in Zao wird hinsichtlich ihres eigenartigen Profils unsere Aufmerksamkeit erfordern; gelingt dies, peile ich Top-Ten-Platzierungen an.

Herzliche Grüße

Anna Rupprecht

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