Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt hat sich nach einem Horrorstart in die Bundesliga-Saison 2022/23 mächtig geschüttelt und sich vor der WM-Pause eindrucksvoll auf einen Champions-League-Rang katapultiert. Dennoch sind die Sorgen bei der SGE in der Winterpause groß.
Die Vertragssituation gleich mehrerer Leistungsträger ist ungeklärt, zudem muss in der Führungsebene eine wichtige Lücke geschlossen werden. Auf Trainer Oliver Glasner kommt nicht zuletzt die schwere Aufgabe hinzu, die Defensivschwäche auszumerzen und seinen Top-Angreifer wieder aufzubauen. sport.de zeigt die größten Baustellen von Eintracht Frankfurt:
1. Eintracht Frankfurt im Vertrags-Marathon
Auf Sportvorstand Markus Krösche kommen lange Tage zu, ist doch gleich bei mehreren wichtigen Spielern im Kader die Vertragssituation weiter ungeklärt.
Die Arbeitspapiere dreier Profis laufen im Sommer 2023 aus, darunter die von Superstar Daichi Kamada und Abwehrspieler Evan Ndicka. Hinzu kommt Innenverteidiger Almany Touré, mit dem laut "Bild" die Gespräche über eine Verlängerung kürzlich allerdings wegen zu großer Differenzen bei der Frage nach dem Gehalt abgebrochen wurden.
Sollten Kamada, der mit dem BVB in Verbindung gebracht wird, und Milan-Flirt Ndicka tatsächlich Frankfurt im Sommer ablösefrei verlassen, dürfte der Eintracht eine Summe von insgesamt rund 50 Millionen Euro durch die Lappen gehen - so hoch werden die Marktwerte derzeit geschätzt. Krösche hatte daher im Oktober aufs Gaspedal gedrückt und beiden Spielern ein Angebot zur Verlängerung auf den Tisch gelegt. Noch lässt das Duo die SGE zappeln.
Frankfurt muss zudem die Situation der bis Sommer ausgeliehenen Leihspieler klären, allen voran von BVB-Profi Ansgar Knauff und von PSG-Außenspieler Éric Junior Dina-Ebimbe. Knauff soll nach Wunsch der SGE dauerhaft am Main spielen, Berichten zufolge wäre der BVB jedoch erst ab einer Summe von 15 Millionen Euro aufwärts gesprächsbereit.
Nicht zuletzt enden die Verträge von gleich drei Leistungsträgern - Kevin Trapp, Sebastian Rode und Djibril Sow - im Sommer 2024. Frankfurt muss sich auch diesbezüglich frühzeitig positionieren, um im Falle eines möglichen Abschieds adäquate Ablösesummen einzustreichen.
2. Klaffende Lücke in der Kaderplanung
"Perlentaucher" Ben Manga war in den vergangenen Jahren wegweisend, wenn es bei Eintracht Frankfurt darum ging, neue Spieler an Land zu ziehen. 2016 war er nach dem Beinahe-Abstieg der Adler als Chefscout zum Klub gekommen, bis zu seiner Vertragsauflösung arbeitete er als Direktor Profifußball bei der SGE.
Mangas Kompetenzen rückten jedoch nach Krösches Ankunft immer mehr in den Hintergrund, nun will er beim FC Watford in Englands zweiter Liga als Manager durchstarten. Mit ihm ziehen ein halbes Dutzend gut vernetzte Scouts, die Frankfurt nun fehlen werden.
Der hessische Bundesligist muss diese Lücke nun schleunigst adäquat füllen, war die Kaderarbeit in den vergangenen Jahren doch der Schlüssel zum Erfolg.
3. Glasner muss die Defensive verbessern
Unter den besten sechs Mannschaften der ersten 15 Spieltage ist Eintracht Frankfurt die mit den meisten Gegentoren (24) - eine Umstand, den Trainer Oliver Glasner für die restliche Spielzeit korrigieren muss. Zur Wahrheit zählt zwar, dass die SGE gleich zum Auftakt gegen den FC Bayern (1:6) das ein oder andere Gegentor zu viel kassierte, Niederlagen wie gegen Aufsteiger Werder Bremen (3:4) oder Kellerkind VfL Bochum (0:3) hinterließen aber große Fragezeichen.
Je nach Gegner und Personal ließ Glasner im bewährten 3-4-2-1-System oder mit einer Viererkette spielen, anfällig für Gegentore war Frankfurt aber in der Regel immer. Ziel muss es sein, eine bessere Balance zwischen Offensive und Defensive zu finden.
Auffällig: In zehn der bislang 24 Pflichtspielen lag seine Mannschaft in Rückstand, nur zweimal konnte das Spiel anschließend in einen Sieg umgemünzt werden.
4. Mächtig Rummel um Topspieler Kolo Muani
Randal Kolo Muani ist der Shootingstar bei Eintracht Frankfurt. Vor der Saison ablösefrei aus Nantes gekommen, avancierte er zum Top-Scorer der Mannschaft. Sein raketenhafter Aufstieg fand seinen vorläufigen Höhepunkt, als er kurzfristig von Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps für die WM nominiert wurde und sogar im Halbfinale gegen Marokko zum 2:0 traf.
Zur tragischen Figur wurde der 24-Jährige dann im Finale gegen Argentinien: Noch in der ersten Halbzeit für Oliver Giroud eingewechselt, belebte er die Équipe Tricolore zunächst und half entscheidend mit, dass das Spiel noch in die Verlängerung ging. In der letzten Minute vergab Kolo Muani jedoch freistehend vor Torhüter Emiliano Martínez, Frankreich verlor wenig später im Elfmeterschießen.
Etliche Hassnachrichten sowie rassistische Kommentare prasselten daraufhin auf den jungen Frankfurter ein. Die Eintracht ist somit nun gefragt, den Angreifer wieder moralisch aufzubauen. Krösche hatte bereits bei "hr-sport" deutlich gemacht, dass man "sehr stolz" auf Kolo Muani sei, der "ein ganz starkes Finale" gespielt habe.
Zudem muss der Bundesligist versuchen, weitere Störgeräusche im Keim zu ersticken. Dank der herausragenden Leistungen rückte Kolo Muani immer mehr in die Gerüchteküche, längst wird über einen baldigen Abschied spekuliert.
Zwar machten seine Berater deutlich, dass ein zeitnaher Abschied nicht im Karriere-Plan festgelegt sei. "Sport1" berichtete zuletzt jedoch, der 24-Jährige sei dem FC Bayern schon vor der WM angeboten worden. Mit den Münchnern bestehe zudem ein Austausch.
Gerrit Kleiböhmer