Als der FC Schalke 04 vor der Saison ausgerechnet Frank Kramer zum neuen Chefcoach machte, war von Fans und Beobachtern der Königsblauen gleichermaßen meist nur Häme und Galgenhumor zu vernehmen. Der 50-Jährige hatte mit Arminia Bielefeld gerade erst den Klassenerhalt verpasst und im Profibereich ohnehin nicht die schillerndste Vita. Zwölf Partien später ist klar: Die Unkenrufe waren begründet, S04 braucht schon wieder einen neuen Coach. Die Suche ist nun ein durchaus tückisches Unterfangen.
Immer einen "Plan-B" in der Tasche zu haben, dürfe man von ihm und Sportdirektor Rouven Schröder durchaus erwarten, erklärte Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel am Sonntag selbstbewusst bei "Bild-TV".
"Die guten Trainer fallen nicht wie reife Früchte von den Bäumen" und es herrsche folglich "ein hoher, hoher Verdrängungskampf um die besten Trainer", verwies der 56-Jährige zwar schnell auf die Tücken bei der Suche nach einem neuen Coach, kündigte aber dennoch eine Entscheidung für die laufende Woche an.
Welcher Name letztlich hinter besagtem "Plan B" steckt, ist am Dienstag allerdings weiterhin ein Geheimnis. Thomas Reis, der zuletzt beim VfL Bochum die Koffer packen musste, wird ebenso gehandelt, wie der langjährige Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic. Ersterer würde eine Ablöse kosten, Gespräche sollen angeblich nun anlaufen. Letzterer soll laut "Blick" und "Sky" aktuell ein besonders heißes Eisen sein.
Knäbels Bilanz beim FC Schalke 04 wirft Fragen auf
Um den 59-Jährigen, der mit Lazio Rom einst den Pokal gewann und mit der Schweiz einige dicke Achtungserfolge feierte, zu einem Engagement in Gelsenkirchen zu bewegen, dürfte allerdings reichlich Überzeugungsarbeit nötig sein.
Ein Umstand, der erklären, ja entschuldigen würde, warum S04 nicht schon vor dem wichtigen Kellerduell gegen Hertha BSC (1:2) am vergangenen Wochenende die dringend benötigten neuen Impulse setzte. Einfacher dürfte die Trainersuche als neues Tabellenschlusslicht nun jedoch auch nicht werden.
Zwar kündigte Knäbel an, man sei finanziell inzwischen wieder in der Lage, den Kader im Winter "aufzuforsten", die ganz großen Sprünge werden aber kaum möglich sein.
Ein weiterer Grund für die andauernde Trainer-Suche dürfte Knäbel selbst sein. Mitte April 2018 wechselte er vom VfB Stuttgart zum FC Schalke und agierte als Technischer Direktor, seit März 2021 ist Knäbel sogar Sportvorstand.
Interimslösungen außen vor gelassen, präsentierte Königsblau in dieser Zeit satte fünf neue Cheftrainer - darunter mit Kramer, Manuel Baum und Christian Gross drei der erfolglosesten Übungsleiter der Schalker Geschichte. Eine Bilanz, die durchaus auch einen Schatten auf Knäbels Fähigkeiten wirft. Ein Volltreffer muss unbedingt her.
Ex-Coach beim FC Schalke 04 gnadenlos unterschätzt
"Der Verein ist jetzt an der Reihe, die richtige Entscheidung zu treffen. Dann müssen wir alle dahinterstehen", betonte auch Sportdirektor Rouven Schröder (seit Juni 2021 im Verein), wie wichtig der nächste Schachzug sein wird.
Durchaus interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Worte, die Ex-Schalke-Übungsleiter André Breitenreiter 2021 rückblickend zu seinem Engagement (2015/16) wählte: "Ich konnte nicht glauben, was ich hier nach einigen Wochen beobachtet habe. Dass Schalke 04 als einer der größten Vereine der Welt doch einige Punkte aufzeigt, die man deutlich verbessern kann", ließ Breitenreiter damals im Podcast "Im Kopf des Trainers" tief blicken.
Den Erfolg seiner eigenen Arbeit, Platz fünf in der Liga, ein junges Team und die Entwicklung sechs neuer Nationalspieler, hätte man in der Klub-Führung schlicht nicht erkannt. "Ich glaube, da wären heute andere ziemlich froh drüber", so der 49-Jährige. In den Jahren nach Breitenreiter sollte die schmeichelhafte Vizemeisterschaft 2018 der einzig positive Ausrutscher bleiben, ansonsten verpasste man jedes Jahr einen einstelligen Tabellenplatz und stieg 2021 ab.
Achja, Breitenreiter war es übrigens, der als Trainer der TSG Hoffenheim mit einem 5:1-Sieg im Pokal das Aus von Kramer besiegelte.
Marc Affeldt




























